~Zweiunddreißig~

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Der Abend neigte sich dem Ende zu und Lucianos Erleichterung brach regelrecht aus ihm heraus, als er Felicita endlich in ihr Zimmer bringen durfte. Sie wirkte müde und nervös zugleich, wobei er sich sicher war, dass es weniger an ihm und vielmehr an Gians Zukunft lag. Allmählich machte er sich auch Gedanken darüber, warum sie wirklich so schnell seinen Antrag angenommen hatte. Er wusste, dass Gians Rettung einen schwerwiegenden Grund ausmachte, doch für die Einwilligung in die ewige Zweisamkeit musste da mehr sein. Gefühle, die ihr vielleicht noch nicht so klar waren. Sollte er ihr auf die Sprünge helfen, oder abwarten?

„Na dann", setzte sie verlegen an und legte eine Hand an die Türklinke. „Sehen wir uns morgen. Der Tanz war übrigens sehr schön."

Oh ja, das war er, dachte Luciano und musste lächeln. Sie hatte sich anfangs recht schüchtern von ihm führen lassen, aber nach einigen Minuten gelangen ihr die Schritte recht gut. Gerne hätte er die gesamte Feier so verbracht, allerdings mussten sie sich zusammen mit Giovanni den Gepflogenheiten der Mafia ergeben. Das beinhaltete - so sehr er es selbst hasste - sich vor allen Gästen vorzustellen und die Hochzeit offiziell bekannt zu machen. Der Termin stand bereits, daher fiel ihm die kleine Ansprache, die Giovanni ihm erlaubte, leicht. Felicita wiederum schien überfordert gewesen zu sein. Die ganze Zeit suchte sie seinen Blick, was ihn nicht störte, im Gegenteil, doch auch sie würde in den nächsten Tagen ihrem Stand gerecht werden. Und das bedeutete, sei es nur zum Schein, selbstbewusst aufzutreten.

Unsicher lehnte sie sich gegen die Zimmertür, die sich einen Spalt öffnete. Lucianos Herz schmerzte, das war zu früh. Er wollte sie noch etwas länger bei sich wissen und mit ihr reden. Sie berühren, schoss es ihm durch den Kopf. Jetzt durfte er es, oder? Immerhin würden sie heiraten, waren verlobt. Wenn es ihm nicht gewährt wäre, wem dann?

„Gute Nacht", flüsterte sie.

Doch sie kam nicht weit. Bevor sie in ihr Zimmer huschen konnte, drückte Luciano die Tür zu und zog sie an seine Brust. Ganz vorsichtig strich er über ihren Rücken, merkte, wie sie sich anspannte. Ihre schmalen Finger pressten sich gegen seine Arme, die sie fest umschlangen. Diese strahlend blauen Augen besaßen so viel Wärme, dass er sich einbildete, sie würden glühen.

Während sich ihre Wangen zusehends röteten, versuchte sie weiterhin sich zu befreien. Sanft schob er sie gegen die Wand und klemmte ihr Bein zwischen seinen ein. Der kleine Körper zuckte zusammen. Er beugte sich zu ihr herab, streifte mit seinen Lippen ihren Hals. Was für ein Gesicht sie wohl gerade machte? Zumindest wirkte sie überraschter als er erwartete und irgendwie empfand er diese Reaktion äußerst süß.

„Wirst du mein sein?", raunte er in ihr Ohr.

Ganz langsam schüttelte sie den Kopf, stoppte und erkämpfte sich etwas Platz, um ihm in die Augen zu schauen. Sie schnappte nach Luft, ordnete sich und ihre Gedanken. Luciano blickte sie ein wenig betrübt und enttäuscht an. Normalerweise zog dieser Hundeblick immer, aber Felicita blieb bei ihrer Aussage.

„Nicht ...", fügte sie mit zittrigem Stimmchen hinzu und fummelte an ihrem Kleid herum.

„Schon gut", Luciano schloss sie wieder in seine Arme.

Dieses Mal schmiegte sie sich an ihn, auch wenn sie es zögerlich tat, verzieh er ihr sofort. Eine junge Frau wie sie würde nicht so schnell mit einem Mann ins Bett hüpfen. Offensichtlich nicht einmal, wenn sie in wenigen Tagen verheiratet wären.

„Ich muss jetzt wirklich schlafen", jammert sie beinahe und er lässt sie sachte zu Boden gleiten.

Ohne sich umzudrehen, verschwindet sie in ihrem Zimmer und Luciano strich sich durch die langen Haare. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn und er bemerkte, dass seine Atmung schneller ging. Dieser Abend, nein dieser Moment hatte ihn geschafft. Gut, dass er sich zu beherrschen wusste.

Blank DreamWhere stories live. Discover now