Die Mondnacht

4.8K 231 11
                                    

POV ~ Unbekannt

Feuer knisterte im Kamin. Ab und an unterbrach das Knacken eines Astest die angenehme Monotonie der Stille.

Ein muffiger Geruch durchzog den Raum. Staubschichten bedeckten den Kamin und die Vitrinen. Ein dunkelroter Teppich bedeckte den Boden. Auf ihm war kunstvoll die Geschichte einer Jagd gestickt. Es war die Geschichte wie der Mondgott einst zur Strecke gebracht und sein Körper und seine Seele auseinander gerissen wurden.

Einzig der Schreibtisch mit dem Arbeitsstuhl und der Sessel vorm Kamin waren durch die tägliche Benutzung vom Staub verschont.

Sonst gab es in dem spartanisch eingerichteten Raum nichts was Staub hätte ansetzen können.

Schaurige Schatten führten ihr Spiel an den Wänden der Halle auf, als wieder mal eine Flamme empor züngelte und sich gierig über einen frischen Holzscheit hermachte. 

Der Mann saß in dem großen roten Sessel mit der hohen Lehne und den Armlehnen aus Mahagoni. Obwohl er so nahe am Feuer saß verschwand er fast gänzlich in der Dunkelheit die den Raum einnahm. Eine Münze wanderte in schnellem Spiel über seine Knöchel während er ins Feuer starrte.

Er musste wieder an diese Nacht denken, an die Nacht als er sie zum ersten Mal sah:

Der Mond stand hoch am Himmel und sein fahles Licht sorgte dafür, das er gerade so genug erkannte. Er hatte sich durch den Wald geschlichen, alleine, ohne seine Krieger. Schließlich musste er in Form bleiben und wenn er zu lange alles seinen Krieger überließ, würde er ein dicker fetter König mit einer vermutlich recht kurzen Lebensspanne werden. Mal abgesehen von der Fettleibigkeit, würden ihn seine Feinde vermutlich eher umbringen.

Der Wald war angenehem gewesen und schien so herrlich unbeschwert mit seinen Moosteppichen, den Beerensträuchern und dem kleinen Getier was da so kreuchte und fleuchte. Er hatte seine Wolfsform komplett angenommen, um sich fast lautlos fortzubewegen. Er konnte dadurch das Rascheln der Blätter im Wind von der Bewegung eines Eichhörnchens auf einem Baum unterscheiden, ohne ein zweites Mal hinzuhören. Das Fell bauschte sich im Wind und seine Pfoten strichen über Moos und Nadeln hinweg, als wäre es eigens für ihn ausgerollt worden.. Ein Käuzchen rief in der Ferne, während eine Eule ihn aus den Wipfeln eines Baumes beobachtete.

Da vernahm er jenes Geräusch von Wasser in der Ferne. Nicht dem gleichmäßigen Plätschern eines Bächleins oder dem Glucksen einer Quelle, sondern dem unregelmäßigen Geräusch von Wasser in dem sich ein Lebewesen bewegte.
Er schnupperte in die Richtung aus der er das Geräusch vernommen hatte. In seiner Wolfsform roch für ihn der Wald, wie sollte er es beschreiben,  wie Wald nach einem Regenschauer. Die Bäume dufteten und ihre ätherischen Öle brachten ihm Ruhe. Er schnupperte weiter.

Er roch einen toten Hasen, der von Insekten zerlegt  und in den Kreislauf der Natur zurück geführt wurde und dann roch er "Es" . Er ging weiter in die Richtung. Das Geräusch von Wasser das gegen Felsen platschte wurde lauter und der Geruch von "Es" intensiver. Er merkte wie die Wolllust ihn ihm erwachte und immer stärker wurde. Es musste ein Weibchen sein. Mit zitternder Schnauze und bebenden Lefzen streckte er seine Nase in den Wind und nahm die Spur auf. Er folgte ihr bis zu einer Dornenhecke, die ihm von dem Geruch fern hielten. Auf der anderen Seite konnte er das Plätschern von Wasser hören und die feuchte Luft riechen. Er wurde fast toll als er immer länger an der Hecke entlang lief und keinen Eingang fand. Endlich fand er eine Lücke in den Dornen in die er sich hinein quetschte . Zwar zerkratzen ihm die Dornen den Rücken und sogar ein wenig seine empfindliche Schnauze, aber das war ihm egal. Schließlich schaffte er es durch das Meterlange Gestrüpp und kam auf die andere Seite. Ein kleiner See mit klarem Wasser in dem sich der Mond spiegelte lag vor ihm. Kleine Seerosenteppiche waren überall auf dem Wasser zu sehen. In der Mitte ragte ein Felsen aus dem Wasser. Glühwürmchen flogen um ihn herum, als würden sie einen Tanz zu Ehren der Mondgöttin aufführen.

Dann sah er "Es" oder besser gesagt sie. Keine Nymphe, keine überirdische Schönheit, aber eine wilde energetische junge Frau die dabei war zu erblühen.

Ein nackter Körper mit weibliche Rundungen. Langes kupferblondes Haar das sich in Wellen über den sehnigen Körper ergoss und diesen umschlang. Helle, nasse Haut die im Mondlicht glitzerte und große grüne Augen die mißtrauisch in seine Richtung blickten, ihn aber nicht entdecken konnten. Hätte sie ihre Wolfsform schon gehabt , so hätte sie ihn riechen können, wenn er nicht gegen den Wind gestanden wäre.

In diesem Moment wusste er nur eines: Er wollte sie. Er wollte sie um jeden Preis.

Der MondgottWhere stories live. Discover now