Lauf!

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POV Alexis:

Sie rannte, rannte immer schneller trotz der Schmerzen in der Brust. Die Äste peitschen ihr ins Gesicht und das dichte Unterholz schien sich in ihr verkrallen zu wollen. Überall hatte sie Kratzer und Schürfwunden.

Sie waren oben auf der Hängebrücke zwischen zwei Plattformen gestanden. Hinter ihnen die Krieger die sie verfolgten, vor ihnen kämpften andere Dorfbewohner mit den feindlichen Kriegern. Der Angriff kam aus dem Nichts. Die Häuser die um mächtige Bäume gebaut und durch Brücken und Plattformen verbunden waren, waren nun eine Falle. Man hatte kaum Möglichkeiten zu entkommen, es sei denn man stürzte sich in den Tod. Häuser brannten und nun ebenfalls die großen Bäume an denen die Häuser gebaut waren.

Er hatte sie an der Hand gepackt und hinter sich her gezerrt, die Seile der Brücke knarzten. Rechts neben sich sah sie wie eine Brücke einbrach. Die Schreie der Menschen die sie mit in die Tiefe riss gingen in all den Lärm fast unter. Sie blickte wieder nach vorn. Anton, ihr Beschützer , hatte die Axt erhoben und sie in das Gesicht eines Kriegers geschmettert, der sich ihnen in den Weg stellte. Es gab ein kurzes saugendes Geräusch als er die Axt wieder herauszog und einen dumpfen Aufprall, als der Typ leblos auf den Boden fiel. Anton buchsierte sie Richtung Seilbahn. Er schubste sie fast dagegen, dann wendete er ihr seinen Rücken zu und stellte sich zusammen mit den anderen übrigen Dorfbewohnern den Kriegern entgegen, die immer weiter nachkamen.

" Verschwinde!" Hatte er geschrien.

" Aber ..."

" Nichts aber! Nimm die Seilbahn und schau das du weg kommst. Solange du deinen Arsch nicht bewegst, komme ich hier auch nicht weg! "

Sie hatte den Mund geschlossen, sich der Seilbahn zugewendet, ihren Haken vom Gürtel genommen, den jeder Bewohner immer bei sich trug, und ihn am Seil befestigt. Dann war sie hinab geglitten Richtung Boden. Feuer, Schreie, alles war an ihr vorbeigezogen. Als sie unten auf dem Boden ankam und somit im untersten Dorf, hatte sie keine Möglichkeit auf Anton zu warten. Auch hier tobte der Kampf, auch hier hatten sie die Häuser angezündet. Also war sie losgerannt.

Sie war einfach raus aus dem brennenden Dorf gerannt, immer auf den Wald und die vermeintliche Sicherheit zu.

"Lasst die Rothaarige nicht entkommen!" hatte jemand gebrüllt und plötzlich waren Krieger von allen Seiten herbei geströmt. Aber sie war eine gute Läuferin und hatte Haken geschlagen, war im Zickzack gelaufen und dann hinein in den dunklen Wald.

Der unebende Boden bremste sie aus. Äste, Steine, Efeu. Sie übersprang sie so gut sie konnte, stolperte aber immer wieder.

Leider hielt das ihre Verfolger nicht auf.

Hinter sich hörte sie sie durchs Holz preschen. Es krachte. Einer der Verfolger war offensichtlich gegen einen dicken Ast gerannt, aber sie sah nicht nach hinten.

Ihr Herz raste. Sie rannte weiter, hielt sich immer wieder die Arme schützend vors Gesicht. Ihr schwerer Atem war so laut, neben dem zerbrechen der kleinen Äste. Ihre Füße flogen über den Boden und wirbelten vertrocknete Blätter auf. Einige Male stolperte sie, konnte sich aber immer wieder fangen.

Sie konnte immernoch die Schreie und das Weinen der Leute aus dem Dorf durch den Wald hören. Wo waren die Grenzposten nur?? Warum hatten sie das Dorf nicht gewarnt? Sie hörte die Schreie, verzweifelt, von Schmerz erfüllt. Die Schreie drangen bis tief in ihr Innerstes und liesen kalte Schauder über ihren Körper ziehen. Sie würde diese Geräusche niemals vergessen können. In ihrem Kopf hallten weitere Stimmen, die Ahnen ihres Clans. Sie blendete sie aus und versuchte nicht zu weinen. Sie blinzelte stark um die Tränen zu verdrängen. Sie durfte nicht, sie musste sehen können.

Die Muskeln in ihren Beinen schmerzten, aber sie gab nicht auf. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Ihre Lungen pumpten. Sie würde es schaffen, sie würde überleben.

Gleichmäßig atmen, nicht hektisch werden, sagte sie sich immer wieder.

Der Wald wurde lichter und sie konnte besser laufen. Ihre Verfolger leider ebenso und sie holten auf, kein Wunder, sie waren trainierte Krieger.

Endlich war sie aus dem Wald draußen. Die Freude währte allerdings nur kurz. Vor ihr endete der Hang in einem Abgrund mit reißendem Fluß und hinter sich hörte sie das Knurren ihrer Verfolger die aufgeholt hatten. Wäre sie nur alt genug ihre Wolfsform anzunehmen, würde sie sich vielleicht nicht ganz so hilflos fühlen.

Sie wich zurück. Sie nahm ihre Feinde genau ins Visier, in der Hoffnung irgendwo eine Lücke zwischen ihnen zu finden durch die sie hätte durchschlüpfen können. Doch alles was sie sah waren grinsende und feixende Gesichter von Wölfen oder Menschen.

Hinter sich spürte sie wie der Boden nachgab und der bröselige Sand in die Tiefe rauschte. Sie saß in der Falle.

Einer der Verfolger nahm menschliche Gestalt an und schnarrte mit krächzender Stimme:
" Es gibt keinen Ausweg, also sei schön brav und unterwerf dich. Er will das wir dich leben lassen und du seine Sklavin wirst, das heißt aber nicht das ich dich nicht töten werde, wenn du dich weiter widersetzt"
Sie schluckte. Ihr ganzer Körper lechzte nach Ruhe. Sie war so lange gerannt. Länger und schneller als jemals zuvor.

Am Horizont erblickte sie einen orangenen Schimmer. Feuer. Ein schwerer Brocken bildete sich in ihrem Hals. Sie kämpfte ihn hinunter, streckte ihren Rücken durch und erhob Stolz das Kinn wie es sich für eine aus dem Drakisi Clan gehörte. Ein Wind fuhr aus dem Abgrund hinter hier hoch und ließ ihre kupferblonden Locken samt den darin verfangenen Gestrüpp um sie herum wehen. Sie blickte hinüber auf die andere Seite. Selbst mit Wolfsform hätte sie es nicht geschafft. Sie blickte hinunter. Das Wasser war reißend und einige Felsen ragten daraus empor. Sie konnte sich zwar nicht vollständig verwandeln, aber ein bißchen schon. Es bestand die Möglichkei das sie überleben könnte.

Sie drehte sich wieder zu den großen hageren Mann um mit der schnarrende Stimme. Langsam schritt sie auf ihn zu und seine Augen leuchten triumphierend auf. Als sie genügend Abstand zwischen sich und den Abgrund gebracht hatte fixierte sie ihn mit ihrem Blick, atmete tief durch, drehte sich auf dem Absatz um, rannte auf den Abgrund zu und sprang.

Aug. 03, 2016

Der MondgottWhere stories live. Discover now