Hoffnungslos?

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POV ~ Alexis

Sie lag bäuchlings auf dem Felsen. Er war breit und lang genug das sie ausgestreckt da liegen konnte. Nur zur Seite rollen konnte sie nicht, sonst wäre sie wieder im Wasser. Ihre Krallen waren noch in den Fels gegraben, als sie wegdämmerte. Ihr Keuchen und das Rauschen des Flußes das Einzige was sie hörte.  Sie war zu müde um zu weinen, zu schreien oder irgendetwas anderes außer Erschöpfung zu spüren. Atmen und zu Leben war anstrengend genug.

Als sie wieder erwachte war es dunkel. Vor Schreck wäre sie beinahe wieder ins Wasser gefallen. Gott sei Dank hatten die Schmerzen sie rechtzeitig vor ruckartigen Bewegungen bewahrt. Sie heilte zwar, aber langsamer als andere, die sich schon in einen richtigen Wolf verwandeln konnten.

Bibbernd richtete sie sich auf, vorsichtig um nicht anzurutschen. Durch das fahle Mondlicht das in den Abgrund hineinschien, konnte sie ein bißchen etwas erkennen. Zuerst gar nichts, aber nach und nach konnte sie ihre Augen anpassen und sie konnte Konturen, dann Schemen und endlich ihre Umgebung erkennen. Leider Gottes auch die Misere in der sie sich befand.

Sie war dem Tod gerade zwei Mal von der Schippe gesprungen. Das sie das Glück hatte dies auch ein drittes Mal zu schaffen, bezweifelte sie.

Um sie herum war der reißende Fluß. Zwar konnte sie überall die Konturen von Felsen erkennen, doch waren sie weit auseinander. Selbst wenn sie es schaffte von Felsen zu Felsen zu kommen, stand sie dann immernoch vor der Felsenwand der Schlucht. Zu steil und vermutlich zu glatt um daran hochzuklettern, selbst wenn sie ihre Hände und Füße wieder Krallenform annehmen ließ.

Sie fing an zu weinen. Sie war erschöpft, ihr war kalt, sie hatte Angst, alle die sie kannte waren vermutlich Tod und sie sah keinen Ausweg außer auf diesen jämmerlichen Felsen zu verhungern. Rotz lief über ihre Lippen und sie schluchzte leise, als sie ein Geräusch vernahm.

Solange es in der Nähe der Schlucht war, konnte sie die Stimmen von oben klar und deutlich hören.

"Hast du etwas gehört?" fragte eine Stimme

"Pscht!"

Stille

"Was ist jetzt, hast du nun etwas gehört oder nicht?"

"Ich hab keine Ahnung. Falls ja ist es sowieso weg, weil du dein verdammtes Maul nicht halten kannst!" fauchte eine andere Stimme

" Als ob es die letzten 10 Mal irgendwas gewesen wäre! Musst du unbedingt einen auf wichtig tun?? Wir sind schon seid Stunden unterwegs. Das blöde Gör ist sowieso längst tot. Entweder von den Felsen zerschmettert oder im Fluß ersoffen. Wie alt ist die? 13? Die hat eh keine Wolfskräfte die sie hätten retten können."

"Bist du des Wahnsinns?? Nicht so laut! Am Ende hört dich noch einer und sagt es Xanthos! Und dann tötet er uns Beide! Im Besten Fall tötet er uns nur!!"

"Was pisst du dich so ein? Es ist ja nicht so als ob wir sie lebend zu ihm bringen sollen. Im Gegenteil. Selbst wenn sie noch lebt, sollen wir sie töten und ihm einen Beweis bringen. Das macht die ganze Aufgabe doch total schwachsinnig. Sie ist tot. Warum noch stundenlang sinnlos in der Gegend rumrennen?"

"Ich sag es jetzt nur, weil wir zusammen aufgewachsen sind. Wenn du nicht sofort deine  gottverdammte Fresse hälts, schneid ich dir die Zunge raus oder schmeiß dich persönlich diesen Abgrund hinunter! Ich sags ein letztes Mal, ich werde nicht, ich wiederhole, ich werde NICHT wegen dir Arschloch drauf gehen, nur weil du meinst unseren Herrn und Meister in Frage zu stellen!"

Die Stimmen zankten sich noch weiter, wurden aber immer leiser, da sie sich wieder von der Schlucht entfernten. Sie seufzte. Eigentlich hätte sie die Typen auf sich aufmerksam machen sollen. Dann hätten sie sie bestimmt hier rausgeholt. Als sie schon ansetzten und um Hilfe schreien wollte, hielt sie inne. Sich rausholen lassen und die Männer zu überlisten war besser als gar kein Plan. Auf der anderen Seite. Wer garantierte ihr schon dass sie sie rausholen würden? Sie war hier unten ein gutes Ziel. Ein Pfeil und sie hätten ihren Aufrag ebenfalls erledigt.

Sie schluckte. "Verdammte Scheiße" wisperte sie.

~ Stunden später ~

Sie zitterte am ganzen Leib. Ihre Füße waren schon ganz weiß und die Nägel hatten einen bläulichen Ton. Mit ihren Armen umklammerte sie krampfhaft ihre Knie, indem bemühen ein bißchen Wärme zu erhalten. Die Sonne brachte ein bißchen Wärme mit sich, aber nicht genug, als das sie nicht mehr frieren würde.

Sie hatte versucht ihren Wolf zu wecken. Normalerweise wurde er erst mit 16 erweckt. Normalerweise befand man sich aber auch nicht in einem Abgrund auf einem Felsen umgeben von tosendem Wasser und von Leuten verfolgt die einen töten wollten.

Es hatte nicht funktioniert. Oder besser gesagt nur ein bißchen. Sie hatte sich zwar kein Fell wachsen lassen können, dafür aber mehr Haare und ihre Sinne waren schärfer geworden.  Besser als nichts, dachte sie sich. Trotzdem war ihre Situation hoffnungslos. Auch bei Tageslicht. Zuerst hatte sie überlegt über die Felsen die aus dem Fluß ragten zur Wand zu kommen und dann hochzuklettern, oder es zumindest zu versuchen. Aber die Felsen waren zuweit auseinander. Mit Werwolfkräften wäre es machbar gewesen.

Dann hatte sie überlegt ob sie wieder in den Fluß springen und ihr Glück mit schwimmen probieren sollte. Irgendwann hörte die Schlucht ja auf, da sie dann in einem tiefen Tal mündete und dort wäre bestimmt irgendwo eine Bucht an der sie an Land schwimmen konnte. Von dort aus würde es irgendwie weiter gehen. Zumindest hatte sie dann Möglichkeiten.

Bisher hatte sie sich noch nicht überwinden können in den Fluß zu springen. Noch war sie nicht verzweifelt genug ihr Leben gleich wieder zu riskieren und noch war die Erinnerung an das Ertrinken zu frisch.

Denk nach! Komm schon!  Wütend schlug sie sich mit der Hand gegen den Kopf. Die Ahnen hatten sich nicht mehr bei ihr gemeldet. Anscheinend musste sie erst kurz vorm Tod stehen, bevor sie sich herab ließen mit ihr zu reden. Wäre sie die echte Tochter der Mondpriesterin würden sie vermutlich auch jetzt mit ihr reden. Also musste sie schauen wie sie selbst aus dieser Situation kam. Was war ihr immer gesagt worden? Ihr fiel nichts ein. Nicht einmal eine von den blöden Geschichten die Onkel Martin ihr immer als Kind erzählt hatte. Sie hielt inne. Onkel Martin! Was hatte er nochmal erzählt als sie klein war? Er war in Seenot gewesen und hatte sich mit seiner Hose über Wasser gehalten, solange bis er gerettet worden war. Was hatte er nochmal gemacht? Die Hosenbeine zusammen geknotet. Mit tauben Fingern zog sie ihre Hose aus und knotete die Beine fest zusammen. Dann legte sie sich um. Mit den Hosenbund würde sie die Luft fangen, wenn sie ins Wasser sprang. Nein halt, blöde Idee bei der Strömung den Bund mit den Händen zuzuhalten. Sie zog sie sich die Hose wieder über den Kopf. Dann fing sie die Luft ein, indem sie die Hose schnell von oben nach unten wedelte und den Hosenbund dann schnell mit ihrem Gürtel zuband. Dann schlüpfte sie mit dem Kopf wieder durch die Hosenbeine. Nun hatte sie eine Art Schwimmweste, die ihren Kopf über Wasser halte würde.

Sie atmete ein paar Mal tief ein, um sich zu beruhigen. Am liebsten hätte sie sich jetzt bepinkelt vor Angst.  Aber sie hatte keine Wahl. Noch war sie kräftig genug und auf Rettung durfte sie nicht hoffen. Sie füllte ihre Lungen ein letztes Mal mit Luft und sprang...

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Der MondgottWhere stories live. Discover now