9~Theia

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Die nächsten Tage verliefen eher in gedrückter Stimmung.
Aber wie hätten die Jäger auch reagieren sollen, wenn sie daran dachten dass die Erde zu einem übernatürlichen Schlachtfeld werden würde, und sie die letzten Menschen waren, die übrig geblieben waren.
Und die wahrscheinlich auch sterben würden. So wie wir alle.
Ich kann es nicht leugnen, es gab einige die damit nicht klar kamen. Und nah einigen Tagen fand man viele von ihnen an einem Baum baumelnd, mit den Füssen zwei Meter über dem Boden und leeren Augen.
Aber vielleicht waren sie nicht einmal so dumm gewesen.
Denn wer kam mit einer zersplitterten Seele noch in den Himmel? Und genau das war das Spezialgebiet der Titanen, die hier den Hauptantagonist spielten.
Ich hatte auch Angst, doch ich wusste, dass meine Chancen zur Verteidigung höher standen, als die der anderen.
Also erlaubte ich es mir nicht, mein Leben zu bemitleiden.
Auch nicht, wenn ich bald kein Netz mehr hatte und die Welt langsam zerfiel.
Ich war mit Raziel sogar zu der nächst gelegenen Stadt geflogen, um zu sehen wie es in Wirklichkeit aussah.
Ich hatte zwei Nächte nicht schlafen können.
Als wären selbst die Betonhäuser verbrannt, lag die Stadt leer und geschmort da.
Alles von einer schwarzen, fauligen Schicht überzogen.
Ich hatte nicht näher hingesehen. Doch ich war überzeugt dass wenn ich es getan hätte, ich unzählige Leichen hätte ausmachen können.
Die Engel verhandelten fleissig mit den übrigen Jägern und man war sich schnell einig.
Da es weder eine Fluchtmöglichkeit noch eine reale Chance auf Überleben gab, war man sich einig, bis zum Tode zu kämpfen und seine Bestimmung als Jäger zu erfüllen. Noch mit dem letzten Atemzug.
Trotzdem liessen sie mich, bis auf Alice und Mace, nicht an sich heran.
Für sie war ich die Böse, wegen der das alles erst passierte.
Und je öfter ich darüber nachdachte, desto schlimmer fühlte ich mich.
War ich wirklich dafür verantwortlich, dass ein ganzer Planet ausgerottet worden war?
Die Engel kannten ganze Galaxien, für die war es ein Nichts, die Erde zu verlassen.
Doch ich...würde ich, vorausgesetzt ich würde überleben, mich im Himmel zurecht finden?
Oder würden mich dort auch alle hassen?
Ich verzog mich grösstenteils in mein Zelt und versuchte irgendwie damit klar zu kommen, wie krass sich die Geschicke der Erde gewandelt hatten und was meine Rolle dabei war.
Die Engel hatten zu Anfangs zwar versucht, mich aufzumuntern; doch nun hatten sie alle wichtigeres zu tun.
Und Raziel war wenigstens einmal in der Zeit in der wir uns nun schon kannten, sensibel genug, um vor dem Zelt zu bleiben, damit ich in ruhe heulen konnte.
Ich war nicht stolz drauf, aber die Tränen mussten nunmal raus.
Es war schwer in so einem Moment noch eine Hoffnung zu finden, die mich anspornte.
Zudem war ich mir ziemlich sicher dass Deamon auch nicht mehr am Leben war und bereute es zutiefst, mich nicht wenigstens anständig von ihm verabschiedet zu haben und ihm gesagt zu haben, wie viel er mir doch bedeutete.
Bedeutet hatte, glaube ich.
„Arya?"
Die sanfte Stimme meines Vaters unterbrach meine Gedanken, als er sich duckte und ins Zelt trat.
„Hey Dad." murmelte ich und liess zu, dass er sich neben mich setzte und seine Flügel um mich ausbreitete.
Ich fühlte mich sicher, und diesen Moment genoss ich. Würde wahrscheinlich einer der letzten werden.
„Ich würde dir gerne etwas erzählen, Arya."
Ich hob den Kopf und Michael strich mir eine schwarze Strähne aus dem Gesicht.
Seine Augen strahlten warmes, mächtiges Licht aus und es beruhigte mich sofort.
„Klar, ich habe ja nicht viel anderes zu tun."
Meinte ich scherzend. Es ging etwas in die Hose, denn mein Lächeln hatte den Dienst quittiert.
„Es geht um deine Mutter."
Meinte er dann und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er hatte mit mir noch nie darüber geredet.
Er war immer ausgewichen, wenn es um sie gegangen war.
„Über...Mom?"
Fragte ich und schluckte mit trockenem Hals.
„Ja. Ich möchte dass du es erfährst."
Jetzt wurde ich hellhörig.
Michael starrte auf den Boden und begann dann mit tiefer, sanfter Stimme zu erzählen.
„Deine Mutter war ein Mensch, doch ich liebte sie sehr.
Ich wusste dass wegen den Titanen auf keinen Fall ein Nephilim entstehen durfte.
Doch als ich erfuhr dass sie schwanger war, nahm ich sie ohne das Wissen der Götter mit in den Himmel.
Dort kamst du auf die Welt. Ein wunderschönes Wesen."
Er machte eine kurze Pause und die Bilder vor meinem inneren Auge, die er mir von meiner lachenden Mutter gezeigt hatte, verschwanden. Gerne hätte ich sie irgendwie zurück geholt.
Doch ich musste ungeduldig warten, bis er sich geräuspert hatte.
„Leider kam zu dieser Zeit Arzrael an die Macht in der Hölle und die Götter kamen mir langsam auf die Schliche. Ich musste euch in Sicherheit bringen und deswegen setzte ich euch auf der Erde ab und löschte eure Erinnerungen.
Das hat mich zerrissen, doch ich wusste, dass ihr so sicher sein würdet."
Ich senkte die Lieder.
„Zumimdest dachte ich das.
Ich konnte allerdings nicht wissen, dass deine Mutter um dich zu retten einen Pakt mit dem Teufel schliessen wollte. Doch da es nicht Luzifer war, der kam, sondern Azrael, hat er erkannt wer sie wirklich war und ihre Seele in die Hölle gezerrt. Es war ein Wunder, dass du überhaupt überlebt hast."
Er strich über meine Wange und ich schloss die Augen.
Es schmerzte, daran zurückzudenken, was ich bereits in meinen Träumen gesehen hatte.
„Jedoch, wo nun Luzifer wieder auf dem Thron sitzt, hat er die Seele deiner Mutter und auch aller anderen Gefangenen, in den Himmel aufsteigen lassen."
Ich hob langsam den Kopf und Hoffnung blitzte in meinen Augen auf.
„Du meinst..."
Er nickte langsam.
„Ich sehe deine Mutter, wenn ich im Himmel bin. Zwar auf einer nicht körperlichen Ebene, doch unsere Liebe besteht fort, und ich bin ihr wieder näher als vor so langer Zeit. Sie ist sehr stolz auf dich, und sie freut sich, dich kennen zu lernen, wenn deine Zeit gekommen ist und du ebenfalls in den Himmel aufsteigst."
Ich schluckte und Tränen stiegen mir in die Augen.
Es nahm eine grosse Last von meinen Schultern.
Ein Leben lang hatte ich mich für den Tod meiner Mutter verantwortlich gefühlt und wurde auch dafür verantwortlich gemacht. Doch jetzt ging es ihr gut und sie hatte meinen Vater wieder. Etwas schöneres hätte ich mir für sie nicht wünschen können.
„Es...geht ihr also gut?"
Er lächelte und nickte.
„Ja. Es geht ihr gut."
Ich vergrub das Gesicht an seiner surrenden Brust und weinte mich aus.
Erleichterung, Unsicherheit und Hoffnung vereinten sich in den salzigen Tropfen, die auf die Bettdecke fielen.
„Danke Dad. Dass du es mir gesagt hast. Ich denke, das ist sogar ein Grund, sich auf den Tod zu freuen."
Meinte ich leicht lächelnd, nachdem ich mich kräftig in einem Taschentuch geschnäuzt hatte.
„Nun so schnell sollte es aber auch nicht gehen."
Meinte mein Vater grinsend und ich musste das erste Mal seit einer Weile wieder richtig lachen.
„Schon verstanden. Ich tu mein Bestes."
Stimmte ich ihm zu und er nickte.
„Aber...komme ich überhaupt in den Himmel, so wie ich jetzt bin?"
Er nickte langsam.
„Dämonen sind die einzigen Kreaturen ohne Seele. Dein dämonischer Teil wird sich ablosen und auf der Erde versinken. Doch du, deine Essenz, deine Seele wird unversehrt aufsteigen. Sei unbesorgt."
Ich nickte erleichtert.
Das waren doch gute Aussichten.
Ich musste noch mehr lachen, als ich daran dachte, dass vor nicht einmal zwei Jahren eine gute Aussicht noch darin verstanden hatte, meine Prüfungen zu absolvieren.
Und heute hoffte ich auf einen angenehmen Tod, anstatt der Zersplitterung meiner Seele.
Wie schnell sich die Welt doch veränderte...

Teufelsengel *beendet*Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang