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Eine frische Brise streifte meine Wange, als ich meine überfüllte Tasche in das Schrottauto meines Vaters stellte.

Für meine Verhältnisse war drei Uhr morgens noch mitten in der Nacht.

Müde gähnte ich und zog meinen lockeren Zopf etwas fester. Fast glaubte ich, dass mir meine Augen einen Streich spielten. Jemand lief mit Sportkleidung an mir vorbei. Der besagte jemand war Devan, der schwer atmend vor mir stehen blieb.

«Welcher Schwachkopf macht den um drei Uhr morgens Sport?», fragte ich müde.

«Da bin ich leider kein Experte. Bin schließlich kein Schwachkopf.»

Ich verdrehte meine Augen und lachte leise.

Obwohl es sehr dunkel war, erschienen seine Augen noch viel dunkler als die Nacht. Geheimnisvoll und auf eine bestimmte Art anziehend.

«Danke, für.. -», begann ich, um mich bei ihm für die kleine Nachricht und das heile Fenster zu bedanken. Doch Devan schnitt mir das Wort ab.

«Schon gut, gern geschehen.», meinte er leise und machte eine abwertende Handbewegung, als wäre das nichts.

Doch ich schätze, das war schon mehr, als er für andere Menschen tat. Vielleicht irrte ich mich. Vielleicht aber auch nicht.

«Ich habe mich manchmal daneben benommen und das war nicht okay.», sagte er ernst und suchte mit seinen unruhigen Augen meinen Blick.

«Da hast du recht, aber wie du weißt, Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.»

«Ich versuche dir gerade auf meine Art zu sagen, dass es nicht okay war. Okay?»

«Du entschuldigst dich also bei mir?»

«Wenn du das als eine Entschuldigung siehst, dann ist das dein Ding.»

«Dann nehme deine Entschuldigung an, gut?»

«Okay.»

Obwohl er so tat, als würde es ihn nicht interessieren, was ich über ihn dachte, sah ich ihm an, dass es ihn sehr wohl interessierte und irgendwie erleichterte. Doch das waren alles nur Vermutungen, denn jedesmal, wenn ich mit ihm sprach, da hatte man das Gefühl, dass man auf der emotionalen Ebene mit einer Wand sprach. Doch wie es aussah begann die Wand jedoch langsam ein zu reißen.

«Kristen, hast du alles?», rief mein Vater und wartete auf eine Antwort von mir, damit er die Tür schließen konnte.

«Ja.», rief ich zurück.

«Ach ja, und Narbengesicht hat mir mein Handy zurück gegeben, weil Finn das so wollte. Ich muss ehrlich gestehen, ich bin verwirrt. Jetzt arbeitet er für Finn? Merkwürdig, oder?»

«Wenn du klug bist, lässt du Finn einfach Finn sein und lässt ihn machen, was er will. Und zum Thema Handy, ein kleiner Tipp: An deiner Stelle würde ich mir das Handy nochmal genauer ansehen.»

Devan vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen und zog seine Schulter nach oben, als ein kalter Windhauch uns streifte. Ebenso zog ich meine Jacke fester um meinen Körper.

«London ist groß. Pass auf dich auf.»

Er wurde immer leiser zum Schluss, so dass ich nur mit Mühe seine Worte verstand. Doch ich war mir sicher, dass er genau das gesagt hatte.

Langsam entfernte er sich rückwärts von mir, bevor er sich umdrehte und in die Dunkelheit lief. So mysteriös, wie er erschienen war, verschwand er wieder.

Ein lauter Knall ließ mich zusammen schrecken, so dass ich mich, wie von der Tarantel gestochen, umdrehte. Mein Vater hatte mit der Handfläche auf das Autodach geschlagen und sagte schließlich, «Willst du hier verrotten, Schatz? Das Flugzeug wartet nicht.»

Loving BadWhere stories live. Discover now