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Selbst Samstagnachmittag waren noch immer dichte Wolken am Himmel und hin und wieder nieselte es leicht.

Wie fast jedes Wochenende arbeitete mein Dad diesen Samstag auf dem Revier. In meiner Hand hielt ich eine Tüte mit chinesischen Essen. Irgendwann wurde es zu eine Art Tradition, dass ich vorbei kam mit chinesischen Essen und wir gemeinsam auf dem Revier aßen.

In dem kleinen Revier war nicht sonderlich viel los. Aber wen wunderte es schon, denn so viel passierte nicht in einem kleinen Örtchen in West Virginia.

Am Empfang saß Bob, ein älterer Polizist mit einer eher nicht so sportlichen Figur, und begrüßte mich freundlich. Ich war ein ziemlich häufig gesehener Gast auf dem Revier und zufällig einer der ausnahmsweise gerne dort war.

Vor dem Büro meines Vaters saß ein junger Mann nach vorne gebeugt. Um seine Handgelenke waren Handschellen gelegt, die ihn an der Bank festketteten. Seine Hände und sein Hals, soweit ich es erkennen konnte, waren von Tattoos überzogen.

Sonst nichts weiter ungewöhnliches, doch der Junge auf der anderen Bank..

Auf der anderen saß der Junge mit diesen unverwechselbaren rabenschwarzen Augen. Seine Hände waren ebenfalls an der Bank befestigt. Voller Verachtung sah er zu dem jungen Mann, der eine Bank weiter angekettet war. Er spannte seinen Kiefer an, als wollte er verhindern nicht die Kontrolle zu verlieren.

Wieso überraschte es mich nicht Devan auf dem Revier zu entdecken?

Ich holte tief Luft als ich mit zügigen Schritten an ihm vorbei ging, um in das Büro von meinem Vater zu gelangen. Als er mich sah, da zog er seine Augenbrauen zusammen. Frech zog ich einen Mundwinkel nach oben, als ich an ihm vorbei ging und im Büro von meinem Vater verschwand.

«Einmal Chinesisch?», fragte ich lächelnd und stellte das Essen auf den chaotischen Schreibtisch.

Durch die Glasscheibe sah ich Devan, der mich noch immer anstarrte. Glücklicherweise konnte man die Jalousien herunterziehen.

«Hey, Schatz.»

Ich setzte ein gespieltes lächeln auf und neigte meinen Kopf, bevor ich die Jalousien schloss. Dann blieb mir wenigstens sein Anblick erspart.

Mein Dad reichte mir eine Box mit dem chinesischen Essen und eine Gabel aus Plastik. Ich ließ mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen und zog meine Beine an.

«Wer ist das eigentlich vor deiner Tür?», fragte ich beim Essen ganz beiläufig.

Mal sehen wie viel Dreck er am Stecken hatte.

«Der junge Kerl, Finn Flenning, auf der Bank hat letzte Nacht jemanden einen Freifahrtschein ins Krankenhaus verpasst. Doch wie es aussieht verzichtet das Opfer auf eine Anzeige. Glückspilz!»

Ich schluckte schwer, als ich realisierte, dass dort auf der Bank Devans Bruder saß.

«Und der andere Junge?», fragte ich konkreter.

«Sein Bruder Devan Flenning war wutentbrannt auf dem Revier aufgetaucht, nachdem er erfahren hatte, dass sein Bruder hier ist, und hatte ihn beschimpft und angeschrien. Das Chaos war wirklich komplett, als die Beiden schließlich noch aufeinander los gingen. Schlussendlich haben wir beide in Gewahrsam genommen.», erklärte er.

Die Beziehung zwischen den beiden Brüdern war wohl nicht so sonderlich gut oder zumindest kompliziert.

«Du kennst die Beiden, hab ich Recht?»

In seiner Stimme hörte ich den väterlichen Beschützerinstinkt heraus und in seinen Augen konnte ich die Besorgnis sehen.

«Wir kennen uns nicht so wirklich. Devan geht halt auf meiner Schule. Neue Gesichter fallen halt auf.» Ich zuckte mit den Schultern.

Loving BadWhere stories live. Discover now