Seit wann hast du Geheimnisse vor uns?

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Bei meinem Haus angekommen stellte Jacob den Motor aus und sah mich an.
"Da wären wir."
Ich nickte und öffnete die Autotür. Jacob tat es mir gleich und stieg aus.
Ich ging um das Auto herum zu Jacob. Er nahm mich in den Arm und ich seufzte.
"Was ist los?", fragte er mich.
Ich seufzte erneut und löste mich von ihm.
"Mich erwartet wohl gleich eine schöne Standpauke.", sagte ich gequält.
"Weil du etwas zu spät bist?"
Jacob sah mich aufmunternd an.
"Deine Eltern werden dir deswegen schon nicht den Kopf abreißen.", sagte er zwinkernd.
Ich schüttelte den Kopf.
"Es ist nicht nur deswegen.", gab ich zu.
Jetzt sah mich Jacob fragend an.
"Ich habe meine Eltern auf der Hochzeit von Edward und Bella nicht einmal gesucht, geschweige denn mit ihnen gesprochen. Und zu allem Überfluss bin ich dann auch noch ohne etwas zu sagen von der Hochzeit abgehauen. Das nehmen dir mir ziemlich übel. Zu Recht.", erklärte ich ihm.
Jacob sah mich an.
"Wow. Das ist wirklich ziemlich krass. Soll ich mit reinkommen?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Besser nicht. Sie haben erst gestern am Telefon von uns erfahren. Ich denke nicht, dass sie momentan so gut auf dich zu sprechen sind.", beichtete ich und biss mir verlegen auf die Lippe.
"Oh.", machte Jacob nur.
Ich sah ihn entschuldigend an.
"Tut mir leid. Ich hatte noch keine richtige Gelegenheit gehabt es ihnen zu sagen und gestern Abend musste ich es ihnen sagen.", sagte ich leise und sah zu Boden.
Ich hörte Jacob seufzen. Dann hob er mit einer Hand mein Kinn, so dass ich ihn ansehen musste.
"Hey, ist okay. Ich kann damit leben.", sagte er sanft.
"Hauptsache du hast es ihnen überhaupt gesagt."
Er grinste mich an. Ich grinste zurück und nickte.
"Danke, dass du es so cool aufnimmst.", sagte ich.
"So bin ich."
Er nahm meinen Kopf zwischen seine Hände und küsste mich sanft.
"Und jetzt geh, bevor du noch mehr Ärger bekommst.", sagte Jacob nachdem er sich von mir gelöst hatte.
Ich seufzte erneut.
"Ich will aber nicht.", meckerte ich.
Jacob lachte.
"Na los. Ich will ja nicht noch mehr Minuspunkte bei deinen Eltern sammeln, weil sie denken, dass ich ihre Tochter von ihnen fernhalte."
Jetzt musste auch ich lachen.
"Okay. Wenn ich danach noch lebe rufe ich dich an.", sagte ich.
Jacob nickte und küsste mich dann noch einmal. Diesmal leidenschaftlicher. Ich löste mich von ihm und ging ein paar Schritte zurück. Er stieg in sein Auto, winkte mir noch einmal zu und fuhr davon. Ich sah ihm nach und lächelte in mich hinein. Dann drehte ich mich zum Haus herum und stöhnte laut auf.
"Dann mal los.", murmelte ich leise vor mich hin.
Ich ging zur Haustür und schloss auf. Ich betrat das Haus. Es war alles ruhig. Im Flur zog ich meine Schuhe aus und schlich zur Treppe.
Ich hatte gerade mal einen Fuß auf die unterste Stufe gesetzt, als ich ein Räuspern hinter mir hörte.
"Wo gedenkst du hin zu gehen?", fragte meine Mutter mich streng.
Mist! Sie hört sich sauer an. Ich drehte mich zu ihr um und setzte ein unschuldiges Gesicht auf.
"Ähm ... In mein Zimmer? Ich muss endlich aus diesem Kleid raus.", sagte ich so gelassen wie möglich.
"Nix da. Das kannst du später auch noch. Jetzt kommst du erstmal mit in die Küche. Wir müssen mal miteinander reden.", entgegnete meine Mutter ungeduldig.
Das hörte sich gar nicht gut an. Ich seufzte und folgte ihr in die Küche, wo mein Vater schon mit verschränkten Armen am Küchentisch saß. Das wurde ja immer besser.
"Setz dich.", wies mein Vater mir an und hörte sich nicht so sauer wie meine Mutter an.
Ich setzte mich ihm gegenüber. Meine Mutter setze sich neben ihn.
"Der Junge, der dich gebracht hat. War das dieser Jacob?", setzte meine Mutter direkt an und mir fiel die Kinnlade herunter. Verdammt, sie hat uns gesehen. Unfähig etwas zusagen, stammelte ich vor mich hin. Ich wusste nicht was ich sagen soll.
"Also? War das nun dieser Jacob?", fragte meine Mutter erneut.
Mir gefiel es nicht, dass sie ständig "dieser Jacob" sagte. Es hieß, dass sie etwas gegen ihn hatte.
Ich nickte, weil ich immer noch nicht in der Lage war zu sprechen.
"Und warum habe ich erst gestern am Telefon erst davon erfahren, dass ihr zusammen seid? Seit wann hast du eigentlich Geheimnisse vor uns Sara? Wir erkennen dich kaum wieder!", sagte meine Mutter aufgebracht.
Mein Vater legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter. Ich fühlte mich so elend. Es tat mir leid, dass ich den beiden oft etwas vormachen musste, aber ich konnte ihnen meine Geheimnisse einfach nicht verraten.
"Mum ... ich. Ich wollte es euch schon vorher sagen, aber ich wusste nicht wie. Ich habe nie den richtigen Zeitpunkt gefunden. Schließlich wollte ich ja auch, dass ihr ihn kennenlernt.", sagte ich verzweifelt.
Ich sah die beiden an.
"Und wie lange seit ihr schon zusammen?", wollte meine Mutter nun wissen.
Ich wende den Blick von ihr ab.
"Seit ... seit ... seit dem Motorradunfall ... also ein Tag danach.", stammelte ich.
Ich hob den Blick und sah, dass meine Eltern mich mit großen Augen ansahen.
"Sara, Spatz. Das ist jetzt schon knapp zwei Monate her.", sagte mein Vater leise.
Ach, war es wirklich schon solange her? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass die Zeit so schnell vergangen war.
"Warum hast du uns denn nie etwas gesagt?"
"Ich wusste nicht wie.", nuschelte ich.
Meine Mutter seufzte.
"Wir waren zusammen Kleider schoppen. Da hättest du es ja mal erwähnen können.", sagte meine Mutter.
Das stimmt, aber zu dieser Zeit hatte ich andere Probleme. Ich hatte nicht daran gedacht ihr das mit mir und Jacob zu erzählen. Aber das konnte ich ihr jetzt nicht erklären. Ich seufzte.
"Ich weiß, aber ich habe nicht daran gedacht.", gab ich zu.
"Was ist denn in letzter Zeit mit dir los?", fragte mein Vater mich plötzlich.
Ich sah ihn an, sagte jedoch nichts.
"Erst sagst du uns das mit Jacob nicht. Dann bekommen wir dich auf der Hochzeit nicht einmal zu Gesicht und dann haust du noch ohne ein Wort einfach ab."
Er sah mich an und ich merkte, dass er enttäuscht von mir war. Es brach mir das Herz, aber ich konnte ihm keine Antwort geben. Wie auch? Was sollte ich ihm denn sagen? Ich hatte keine Wahl. Da musste ich durch und es schweigend über mich ergehen lassen.
"Warum redest du nicht mehr mit uns? Seit wann hast du denn Geheimnisse vor uns, Sara?", fragte mein Vater weiter.
"Oh, seit ich Bella's Freund kennengelernt habe und erfahren habe, dass er und seine gesamte Familie Vampire sind, Dad. Und obendrein ist mein Freund ein Werwolf und er hat Freunde, die es ebenfalls sind.", dachte ich bitter.
Wie gern hätte ich sie eingeweiht und ihnen gezeigt, dass ich immer noch vertrauenswürdig bin, aber das ging nicht.
"Das bringt doch alles nichts.", sagte meine Mutter, als ich erneut keine Antwort gab und stand auf.
Ich sah sie entschuldigend an.
"Es tut mir leid. Ich habe euch niemals angelogen, das schwöre ich euch."
Meine Mutter seufzte und sah mich sanft an.
"Das haben wir auch nicht behauptet. Aber du verschweigst uns vieles. Nicht nur die Sache mit Jacob und dir.", entgegnete sie.
"Von jetzt an keine Geheimnisse mehr, okay?", schlug mein Vater vor und sah mich an.
Ich konnte ihm dieses Versprechen nicht geben, doch ich nickte. Es war einfacher so. Dann müsste ich halt von nun an mein Geheimnis besser bewahren.
"Wie wäre es denn, wenn du Jacob nächste Woche zum Essen einlädst. Ich würde den Jungen gerne mal kennenlernen."
Ich sah meinen Vater überrascht an. Ich hatte gedacht, dass sie ihn hassen.
"Wirklich?", fragte ich ihn und sah meine Mutter an.
Sie nickte.
"Er hat es geschafft dein Herz zu erobern. Da scheint er ja was Besonderes zu sein."
Ich lächelte die beiden glücklich an.
"Das ist toll! Ich freue mich! Er wird sich bestimmt auch über die Einladung freuen. Ich werde ihn nachher direkt fragen. Und ja, er ist etwas Besonderes.", sagte ich freudig.
Sogar sehr besonders, aber das mussten sie ja nicht wissen. Ich stand auf und umarmte die beiden.
"Ich gehe mich dann mal umziehen.", sagte ich dann und eilte nach oben.
In meinem Zimmer angekommen zog ich mich in Windeseile um und schnappte mir mein Handy. Aufgeregt tippte ich Jacob's Nummer. Beim dritten Klingeln nahm er ab.
"Hey, Süße. Wie ich sehe lebst du noch.", meldete er sich lachend.
Ich stimmte in sein Lachen ein.
"Ja, aber es war knapp.", gab ich zurück.
"So schlimm?", fragte er.
"Anfangs, ja. Sie haben mir ständig Fragen gestellt, die ich nicht beantworten konnte, ohne das Geheimnis der Cullens oder eures zu verraten, also schwieg ich die ganze Zeit. Das machte es allerdings nicht besser.", sagte ich.
Ich hörte Jacob seufzen.
"Tut mir leid, dass du wegen uns Schwierigkeiten mit deinen Eltern hast.", erwiderte er dann.
"Es ist nicht eure Schuld. Ich muss in Zukunft einfach besser aufpassen.", gab ich zurück.
"Das Gespräch hatte allerdings ein gutes Ende."
"Echt? Das freut mich.", sagte Jacob dann.
"Ja, ich musste ihnen nur versprechen, dass ich von jetzt an keine Geheimnisse mehr vor ihnen habe.", entgegnete ich.
"Na, das kann ja heiter werden.", gab Jacob unsicher zurück.
"Ach, ich schaffe das schon. Jedenfalls ... hast du nächste Woche Zeit?", sagte ich.
"Für dich immer. Wieso?", fragte Jacob.
"Du bist bei uns zum Essen eingeladen. Meine Eltern wollen dich kennenlernen. Jetzt wo sie wissen, dass wir zusammen sind.", entgegnete ich.
"Heißt das, sie werden mir nicht den Kopf abreißen?", fragte Jacob lachend.
"Ich denke nicht, sonst hätten sie dich ja nicht zum Essen eingeladen.", sagte ich.
Jacob's Lachen wurde lauter.
"Alles klar. Ich nehme die Einladung an. Wird bestimmt lustig."
Ich verdrehte die Augen.
"Ja, bestimmt."
Plötzlich klopfte es an meiner Tür.
"Ich muss Schluss machen, Jake. Ich melde mich später nochmal.", flüsterte ich schnell und legte auf.
"Herein.", rief ich und meine Mutter betrat das Zimmer.

Der Werwolf und IchWhere stories live. Discover now