Kapitel 19

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Ich drehte mich um und sofort gefror mir das Blut in den Adern. Einige Meter von mir entfernt stand Danny, zusammen mit Adam. Und die beiden schienen heftig miteinander zu streiten. Logan entfernte sich immer weiter von mir und hielt auf die beiden zu. Ich dagegen stand nach wie vor wie angewurzelt an derselben Stelle, war wie festgewachsen und konnte nur auf das Getümmel starren, das sich nun vor den Stufen der Garfield High bildete. Plötzlich packte Danny Adam am Kragen und verpasste ihm einen kräftigen Stoß, sodass dieser einige Meter rückwärts taumelte. Blitzartig löste ich mich aus meiner Starre und schoss nach vorne. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und ich konnte nicht glauben, was Danny gerade getan hatte. Hatte er völlig den Verstand verloren? Meine Beine trugen mich immer schneller nach vorne, sodass ich die beiden beinahe zeitgleich mit Logan erreichte.

                »Danny!«, rief ich schockiert, als er bereits im Begriff war, wieder auf Adam loszugehen. Doch einer von Dannys Freunden, Noah, war zur Stelle und hielt ihn im letzten Moment an den Oberarmen zurück. Danny schien kaum mitzubekommen, dass ich neben ihm stand, er war wie gefangen in seinem Wahn. Die dunklen Augen glühten regelrecht und seine Nase war vor Wut gebläht, während er sich wild gegen Noahs Griff zur Wehr setzte.

                »Wenn du sie noch einmal anfasst, dann bist du tot, hast du verstanden, du Wichser?« Brüllte er mit zorniger Stimme, während seine Finger sich zu Fäusten formten und zu zucken begannen. Der Hass und die Wut standen ihm ins Gesicht geschrieben und er nahm seinen feurigen Blick kein einziges Mal von Adam.

                Dannys Worte ließen mich erstarren. Erschrocken riss ich die Augen auf und konnte kaum fassen, was er gerade gesagt hatte. Jeder Zentimeter meines Körpers war wie gelähmt. Wie konnte er es nur wagen darüber zu sprechen? Wie konnte er es sich herausnehmen, vor seinen Freunden und den Leuten, die sich nun um uns versammelt hatten so etwas zu sagen? Vor Logan...

                Ich nahm kaum wahr, wie Logan zwischen Danny und Adam trat und beschwichtigend die Arme hob, um die beiden auseinander zu halten. Ich nahm auch nicht wahr, was Logan zu den beiden sagte, noch sah ich Adams Reaktion auf Dannys Wutausbruch. Ich nahm lediglich den Schock wahr, der Besitz von meinem ganzen Körper ergriff. Ich wusste nicht wie lange ich so dastand, es konnten Sekunden, vielleicht sogar Minuten vergangen sein. Angst schnürte mir die Kehle zu, Angst davor, dass meine dunkle Vergangenheit mit Adam ans Licht kommen könnte.

                »Drea...«, eine bekannte Stimme riss mich aus meiner Schockstarre. Ich zuckte zusammen und blickte in Dannys braune Augen. Er hatte mich wohl endlich wahrgenommen und sofort legte sich entschuldigender Ausdruck auf sein Gesicht. Er streckte eine Hand nach mir aus, als wolle er mich zu sich ziehen. »Es tut mir leid, ich wollte nur...«

                Noch bevor er weiter sprechen konnte machte ich auf dem Absatz Kehrt und rannte die Treppen zu dem Schuleingang hinauf. Tränen trübten meine Sicht und das Atmen fiel mir schwer. Ich konnte die Blicke meiner Mitschüler in meinem Rücken fühlen, die unausgesprochenen Fragen, die sie sich nun stellten. Sie spornten mich dazu an, nur noch schneller die Treppen nach oben zu rennen.

Ich hatte Danny vertraut, er war der Einzige, dem ich von Adams Taten erzählt hatte und nun fiel er mir derart in den Rücken, brüllte eine Randbemerkung über meine Vergangenheit lauthals hinaus. Natürlich würde nicht jeder etwas mit Dannys kryptischem Ausruf anfangen können. Viele würden höchstwahrscheinlich nicht einmal auf die Idee kommen, dass es etwas mit mir zu tun hatte, immerhin war Adam mein Cousin. Falls doch, würden sie es sicherlich auf Dannys lächerliche Eifersucht schieben, für die er schließlich bekannt war. Es lag in der Natur des Menschen, auf alles eine plausible Antwort finden zu wollen. Und dass ich eine gemeinsame Vergangenheit mit meinem Cousin, jemandem aus meiner Familie, hatte, war alles andere als einleuchtend. Doch was war mit Logan? Er war nicht gerade auf den Kopf gefallen. Durch Lukas war er im Bilde darüber, dass es sich bei Adam um meinen Cousin handelte, der zurzeit bei uns zuhause lebte. Hinzu kam die Tatsache, dass ich letzten Freitag völlig aufgelöst vor Logans Tür stand, der Tag, an dem Adam zum ersten Mal aufgetaucht war. Und zu allem Überfluss hatte Danny nun auch noch diesen Kommentar abgelassen und war auf Adam losgegangen. Es war gut möglich, dass Logan sich darauf einen Reim machen konnte. Ich betete zu Gott, dass es nicht so war. Andernfalls wüsste ich nicht, wie ich ihm jemals wieder ins Gesicht blicken sollte. Die Angst und die Scham, dass er mich durch dieses Wissen mit anderen Augen sah, waren viel zu groß.

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