Kapitel 16

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Nachdem Danny das Telefonat beendet hatte, saß ich noch einige Minuten lang auf meinem Bett und rollte mich zusammen, versuchte jeglichen Schmerz in meinem Innern zu bündeln und ganz tief im letzten Winkel meines Kopfes zu versperren. Ich fühlte mich wie ein Häufchen Elend. Wie konnte dieser Tag nur so aus dem Ruder laufen, ehe er überhaupt erst richtig begonnen hatte? Das Gespräch mit Logan war noch das kleinste Übel gewesen. Wenn ich genauer darüber nachdachte, war unsere Aussprache im Grunde gar nicht mal so schlecht gewesen. Natürlich war es schmerzhaft zu wissen, dass zwischen uns nichts entstehen durfte. Keine Freundschaft, keine Gefühle, absolut kein Verhältnis, das über die Lehrer-Schüler-Beziehung hinaus ging. Allerdings empfand ich den Gedanken als tröstend, dass es Logan genauso ging, dass ich nicht alleine war mit diesen Gefühlen.

»Ich will ehrlich mit dir sein, Drea. Ich denke wir wissen beide, dass wir uns auf gewisse Art und Weiße zueinander... hingezogen fühlen.« Erinnerte ich mich an seine Worte und sofort begann mein Herz schneller zu schlagen. Ich verstand es einfach nicht. Wie konnte ich so heftig auf jemanden reagieren, den ich kaum kannte? Ich wusste nichts über seine Persönlichkeit, seine Familie, über seine Hobbys. Die Narben auf seinem Rücken. Woher kamen sie? Warum hatte er derart die Beherrschung verloren, als ich sie berührte und ihn darauf ansprach? All diese Fragen schwirrten in mir herum und machten es mir unmöglich, Logan aus meinem Kopf zu verbannen.

In diesem Moment vernahm ich erneut das Vibrieren eines Handys. Als ich nach meinem Telefon griff, sah ich, dass es gar nicht meines war. Verwirrt schweifte meine Blick durch den Raum und versuchte auszumachen, woher der Ton kam. Als mein Blick auf den Schreibtisch fiel, erkannte ich Lukas' Handy darauf liegen. Er musste es wohl durch den ganzen Trubel unseres Gesprächs und seinem Streit mit Logan vergessen haben. Meine Gedanken schweiften plötzlich zu der Auseinandersetzung zwischen den beiden. Logan war nach Lukas' Ausbruch sicher genauso geschockt wie ich. Er wusste ja nicht einmal, woher Lukas diese Information, dass er mein Lehrer war, überhaupt her hatte. Gott, Lukas hatte ihn regelrecht überfallen, völlig unvorbereitet. Zu gern wüsste ich, was die beiden noch besprochen hatten, nachdem ich im Haus verschwunden war. Logan fürchtete nun bestimmt um seinen Job, hinzu kam meine Lüge Lukas gegenüber. Ich bezweifelte, dass Logan ihm den Kuss gestanden hatte. Mit Sicherheit fühlte er sich gerade genauso miserabel wie ich. Es stand außer Frage, dass ich mich in Zukunft von Logan fernhalten musste. Ich durfte meinen Gefühlen für ihn nicht nachgeben, die Situation war viel zu ernst, insbesondere jetzt, da Adam von der Sache Wind bekommen hatte. Allein schon der Gedanke daran versetzte mich in blanke Panik.

Schnell verdrängte ich die Erinnerungen an Adams Versprechen und dachte wieder an Logan. Fernhalten hin oder her, ich würde trotzdem noch ein letztes Mal mit Logan sprechen müssen, mich irgendwie entschuldigen und ihm erklären, woher Lukas wusste, dass er mein Lehrer war. In der Schule? Nein, das wäre kontraproduktiv, zumal mir Adams Argusaugen ständig im Rücken sitzen würden. Noch während ich darüber grübelte, wie ich Kontakt zu Logan aufnehmen konnte, fiel mein Blick auf Lukas' Handy, das noch immer auf meinem Schreibtisch herumlag. Natürlich! Lukas hatte Logans Handynummer mit Sicherheit eingespeichert. Zwar wusste ich den Pin nicht, um die Tastensperre zu entriegeln, doch mein Fingerabdruck war in seinem Handy eingespeichert. Noch bevor ich begriff was ich da eigentlich tat, hatte ich mir die Tränen aus dem Gesicht gewischt und war aufgesprungen. Mit zwei schnellen Schritten stand ich vor meinem Schreibtisch und hielt Lukas Iphone in den Händen. Mein Puls begann zu rasen, als ich meinen Daumen auf dem runden Knopf ablegte und der Bildschirm aufblinkte. Die Angst, Lukas könnte jeden Moment reinplatzen und bemerken, dass er sein Handy liegen gelassen hat, ließ mich kurz innehalten. Schnell warf ich einen gehetzten Blick zur Zimmertür. Dann widmete ich mich wieder ganz dem kleinen Gerät. Eilig tippte ich auf das Telefonbuch und scrollte runter bis zum Anfangsbuchstaben von Logans Nachnamen. Und da war sein Kontakt auch schon.

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