Kapitel 60

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Seufzend lege ich mein Handy bei Seite, nachdem Leon aufgelegt hat.
Ich fühle mich schlecht, weil ich ihm nicht von Bennis ungewöhnlichem Auftritt in dem Café erzählt habe.
Allerdings ist mein Freund gerade erst zum DFB angereist. Wenn ich ihm jetzt erzähle, das hier Zuhause nach einem Tag schon alles drunter und drüber geht, dann würde er nur wieder übertreiben.
So wie ich ihn kenne, würde er auf die Spiele verzichten und im nächsten Flieger nach München sitzen.
Angesichts dessen, das sein Platz für die kommende Heim EM zur Zeit wirklich am zittern ist, wäre das nicht der richtige Weg.
Deswegen lasse ich es lieber sein und gehe der Sache selbst auf den Grund. Kann ja nicht so schwer sein...

Weil an Schlaf noch nicht zu denken ist, stehe ich noch einmal aus dem Bett auf und gehe in die Küche, um mir eine warme Milch zu machen.
Kaum hatte ich den ersten Schluck genommen, laufen mir warme Tränen über die Wange.
Es fühlt sich an, als würde ein Gewitter, das sich den ganzen Tag über angestaut hat, nun über mir zusammen brechen.
„Ich wünschte, dein Papa wäre jetzt hier, kleiner." sanft lege ich eine Hand auf meinen Bauch, während ich mir mit der anderen die Tränen weg wische.
Wenn mich nach meiner Schwangerschaft irgendjemand fragen wird, was ich am meisten gehasst habe, werden diese verdammten Hormone an erster Stelle stehen. Dicht gefolgt von der morgendlichen Übelkeit und den Heißhunger Attacken...
Ich nehme mein Handy zur Hand und überlege für einen Moment, ob ich Leons Nummer wählen sollte.
Allerdings lasse ich es schnell wieder sinken.
Er will schlafen Linnea.
Er braucht Ruhe.
Er kann nicht immer für dich und deine verdammten Probleme da sein.
Als nächstes wähle ich Linas Nummer.
Allerdings hat diese ihr Handy schon ausgeschaltet.
Sophia als nächstes.
Selbes Problem.
Carla, Mara und Konrad gehen auch nicht ran.
Scheiße.
Vielleicht würde ein bisschen frische Luft helfen...

Ich wische mir meine Tränen aus dem Gesicht und ziehe einen Mantel über.
Vielleicht ist es nicht die beste Idee, als schwangere Frau um diese Uhrzeit spazieren zu gehen. Aber ich brauche das gerade so sehr.

Tief atme ich die kalte Nachtluft ein, während ich durch die Straßen von Gießing schlendere.
Immer wieder werfe ich einen Blick nach oben, in die Sterne.
Irgendetwas sagt mir, das es Leon gerade nicht besser geht.
Ein Gefühl in mir, das darum kämpft überhand zu gewinnen.
Das mich dazu zwingen will, meinen Freund an zu rufen und ihm alles zu erzählen.
„Schwachsinn." murmele ich und schiebe den Gedanken bei Seite.
Kaum hatte ich dies getan, vibriert mein Handy.
Sofort nehme ich es aus der Tasche meines Mantels, um zu sehen, ob es Leon ist.
Allerdings werde ich von dem Namen, der mir entgegen leuchtet, enttäuscht.
Benni.

‚Ich kann nicht schlafen. Können wir reden?'

,Ungern.'

Bitte Linnea. Gib mir eine Chance.'

‚In Ordnung.'

Sehr gut. Bin in 20 Minuten bei dir. Du wirst es nicht bereuen! 🙃'

Kopf schüttelnd stecke ich mein Handy zurück in die Jackentasche und mache mich auf den Heimweg.
Ein Wunder, das ich mich überhaupt auf ein Gespräch mit Benni eingelassen habe.
Schon heute Vormittag habe ich mich in seiner Nähe ziemlich unwohl gefühlt. Allerdings war es dieses mal Tim, der mich aus der Nummer raus geholt hat.
Er hat meinen Wink mit dem Zaunpfahl richtig gedeutet und sich nach seiner Schicht zu uns gesetzt, um mit mir ein Gespräch anzufangen.
Das hat dem lieben Benni nicht in die Karten gepasst und er ist nur fünf Minuten später aufgestanden und gegangen.
So sehr wie Tim mich auch mit seinen Flirt Versuchen in die Scheiße geritten hat, so sehr hat er mir heute raus geholfen.
Dieses mal würde ich niemanden haben, der mich so einfach raus holt, wenn Benni wieder auf dumme Ideen kommt.
Allerdings habe ich gerade das Bedürfnis zu reden. Egal mit wem.
Eine Aussprache mit Benni ist sicher keine schlechte Option...

In unserer Wohnung angekommen, ziehe ich einen Pulli von Leon und eine Jogginghose an und bereite mir und meinem ehemaligen Kumpel einen Kamillentee zu.
Als es an der Tür klopft, atme ich noch einmal tief durch.
Wir waren Jahre lang befreundet. Das einzige was nun zwischen uns beiden steht, ist diese verdammte Nacht in Bochum. Es kann doch nicht so schwer sein, mit ihm zu reden.
Mit schnellen Schritten gehe ich zur Tür.
„Hey Benni!" Ich schenke meinem Gegenüber ein schwaches Lächeln.
„Hey! Sieh mal, was ich mitgebracht habe!" der blonde Junge hält zwei Tüten von McDonald's hoch.
„So wie in alten Zeiten!"
„Wenn du meinst..." schulterzuckend betrachte ich sein Mitbringsel.
„Gut das ich mit dir reden kann!" er drängelt sich in meine Wohnung und sieht sich interessiert um.
„Schön hast du es hier!"
„Wir." verbessere ich ihn und gehe voran in Richtung Wohnzimmer.
„Wir? Wohnen Leon und du hier gemeinsam?"
„Ja." ich nicke und lasse mich auf die Couch sinken.
„Nun sag schon, was gibt es so wichtiges zu bereden, das du nicht schlafen kannst?"
„Leon." meint der blonde und breitet den Inhalt der beiden Fast Food Tüten auf dem Wohnzimmertisch aus.
„Leon?" verwirrt sehe ich zu ihm.
„Was ist mit ihm?"
„Naja... also... ich wollte nur sicher gehen, das ihr beide wirklich glücklich seid!"
„Glücklicher als je zuvor in meinem Leben. Wie zur Hölle kommst du darauf, das es anders sein sollte?!"
Benni überlegt kurz.
„Naja... man sieht euch so selten zusammen, du kommst immer weniger zurück in die Heimat... Und Leon ist ja immer so viel unterwegs. Ihr habt ja kaum Zeit für einander..."
„Was redest du da?!" ungläubig schüttele ich den Kopf.
Was fällt ihm ein, Schlüsse über unsere Beziehung zu ziehen, wenn er uns noch nicht einmal richtig kennt.
Benni zuckt die Schultern.
„Sei ehrlich Linnea. Wie geht es dir gerade wirklich? Du wärst doch jetzt viel lieber bei Leon. Aber er wollte dich nicht dabei haben!".
„Weil er meint, das ich Ruhe brauche!"
„Du bist so naiv." Benni schüttelt den Kopf.
„Ich werde nie verstehen, wie du mit einem Idioten wie Leon zusammen sein kannst. Du hast was besseres verdient." sanft legt Benni einen Arm um mich.
„Denk daran. Ich werde immer für dich da sein.".

Bei diesem Satz kocht die Wut in mir entgültig über.
„Was fällt dir eigentlich ein?!" ich springe von der Couch auf.
„Du tauchst hier nach drei Jahren Funkstille auf, um dich zu entschuldigen. Woher dieser verdammte Sinneswandel?! Dann wartest du bis Leon weg ist, nur um mir ein zu reden, das ich was besseres verdient habe?!" aufgebracht drücke ich Benni sein Zeug in die Hand und schiebe ihn in Richtung Tür.
„Weißt du was? Lass dich nie wieder hier blicken! Und hör auf diese dummen Spielchen mit Sheyenne zu spielen. Wenn Leon euch beiden auf die Schliche kommt, kann ich für nichts mehr garantieren!".
„Linnea bitte-"
„RAUS!".
Kaum hatte ich die Tür hinter mir zu geknallt, breche ich in Tränen aus.
Langsam lasse ich mich an der Tür entlang auf den Boden gleiten.
Ich wusste es.
Benni würde nicht anderes als Unheil in mein Leben bringen.

One last Time. ||a Leon Goretzka Fanfiction ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt