Kapitel 5

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Carla folgt mir zu den Waschräumen.
Je näher wir unserm Ziel kommen, desto mehr beschleunige ich meinen Schritt.
In mir kommt gerade alles wieder hoch.
Leon mit Carla so glücklich zu sehen tut einerseits gut, weil ich weiß, das er endlich jemanden gefunden hat, der ihm die Liebe geben kann, die er verdient hat.
Allerdings bohrt sich das erdrückende Gefühl, das es jetzt endgültig vorbei ist, wie ein Messer immer weiter in meine Brust.

Mir laufen schon warme Tränen die Wange herunter, als ich mit Schwung die Tür einer der Toilettenkabinen aufreiße.
Kaum war die Tür hinter mir geschlossen, breche ich in Schluchtzen aus.
Meine Atmung wird immer hektischer und ich kann die zahlreichen Tränen nicht mehr zurück halten.
Er ist der Grund.
Der Grund, warum ich mich auf niemanden einlassen konnte.

Weil ich ihn immernoch liebe verdammt.

Ich vergrabe mein Gesicht in den Ärmeln meines Hoodies.
Plötzlich vernehme ich ein leichtes klopfen an der Tür meiner Kabine
„Hey Linnea! Ist alles in Ordnung?"
Carla.
Ich schlucke schwer, bevor ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische und aufstehe, um die Tür aufzuschließen.

„Hey Carla", murmele ich mit brüchiger Stimme.

Sie sieht mich besorgt an.
„Was ist den mit dir passiert Schätzchen?"
Sofort reicht sie mir ein Tuch, damit ich meine verlaufene Wimperntusche trocknen kann.

Meine Lippen zucken, bevor ich mit einem resignierten Lächeln antworte. „Das mit Leon... Und dir..."
ein Schluchtzen entfährt mir.
„Das ist mir einfach etwas zu viel geworden."

Carla seufzt leise, ihre Gesichtszüge entspannen sich ein wenig.
„Du warst mal mit Leon zusammen oder?"

Verlegen nicke ich.
„Bitte versteh mich nicht falsch. Ich gönne euch beiden alles Glück der Welt. Allerdings ist..."
„Gerade einfach alles hochgekommen?" mit einem sanften Lächeln sieht die Spanierin mich an.
„Genau" schluchtze ich, bevor Carla mich in eine feste Umarmung zieht.

Ich ringe nach Worten, mein Blick wandert zwischen ihr und dem gefliesten Boden der Toilette immer wieder hin und her.
„Es tut mir leid, ich hätte nicht ... ich wollte nicht so reagieren."

„Mensch Linnea!" Carla wischt mit eine Träne aus dem Gesicht und sieht mich mit einem schiefen Lächeln an.
„Glaub mir, zwischen Leon und mir ist rein gar nichts romantisches. Wir sind einfach nur gute Freunde."
Sie macht eine Pause, um mir noch ein paar frische Tücher zu geben.
„Aber er muss es dir ganz schön angetan haben!".
„Wirklich?" erstaunt blicke ich zu ihr herüber.
„Ja. Ich hab ihm, als er neu war die Stadt gezeigt und ihm ein paar Wörter auf spanisch beigebracht. Damit er sich verständigen kann.".
„Oh Gott wie peinlich..." murmele ich und sehe bedrückt zu Boden.
Die Brünette tritt näher und legt sanft eine Hand auf meime Schulter.
„Es ist okay. Ich verstehe, wie verdammt schwer das für dich ist
Ich bin hier, wenn du jemanden zum Reden brauchst."

Langsam nicke ich, während ein Hauch von erleichterung mich überkommt.
„Danke, Carla. Das bedeutet mir viel."
Trotz der Umstände fühle ich mich nun tatsächlich ein wenig besser. 

Gemeinsam gehen wir zurück zu den andern. Wissend, dass wir beide jemanden hatten, dem wir vertrauen konnten.

„Hast du den Schokoladenkuchen schon einmal probiert?" fragend sehe ich zu Carla.
„Der ist himmlisch!"
„Ach wirklich?" neugierig beäugt Sie den Schokoladenkuchen.
„Lass uns für jeden ein Stück Kuchen und etwas zu trinken mitnehmen. Dann gehen wir gestärkt in die zweite Halbzeit!".

Bewaffnet mit Kuchen und Getränken machen wir uns auf den Weg, zurück auf die Tribüne, wo Leon, Lina und Manuel, der sich kurz vor der Pause zu uns gesellt hatte, schon auf uns warten.
„Ohhh das sieht aber gut aus!" begeistert nimmt Lina mir ein Stück Kuchen aus der Hand.
Auch Manu greift liebend gerne zu. Seit er nicht mehr aktiv spielt gönnt er sich tatsächlich öfter etwas.
Dee einzige, der zögert ist Leon.
„Ich weiß nicht..." er überlegt kurz.
„Ach komm schon, du wirst davon schon nicht sterben!" bemerkt Carla und drückt ihm den übrig gebliebenen Teller einfach in die Hand.
Da Carla jetzt irgendwie in die ganze Sache eingeweiht ist, setzt sie sich neben Leon, so dass ich zwischen Manu und ihr sitzen konnte.

Die zweite Halbzeit wird angepfiffen und endlich kann ich mich 100% auf das Spiel konzentrieren.

Im Gegensatz zur ersten vergeht die zweite Hälfte des Spiels wie im Flug. Ich wusste gar nicht, wie sehr ich die Stadionbesuche vermisst hatte.

„Sie haben es geschafft!" erleichtert atmet Lina auf, als der Schlusspfiff ertönt.
Mit einem knappen 1:0 gegen Manchester City, hatten sich die Jungs ins Viertelfinale gekämpft.
Ich werfe einen flüchtigen Blick zu Leon.
Er beobachtet seine ehemaligen Teamkollegen mit einem stolzen Lächeln.
„Mensch kurzer, wir vermissen dich hier wirklich!" Manu, der neben ihn getreten ist, legt einen Arm um seine Schulter.
„Ich vermiss euch schon auch!" bemerkt der Brünette mit einem sanften Lächeln.
„Kommt Jungs, genügend von eurem geschleime. Ich will nach Hause.".
Lina zieht die beiden Spieler mit sich, in Richtung Lounge.
Carla und ich bleiben noch kurz stehen und beobachten, wie die Fanmassen langsam aber sicher aus dem Stadion verschwinden.
„Danke, das du heute für mich da warst. Das bedeutet mir wirklich viel!" dankend sehe ich zu ihr, die lässig am Geländer der Tribüne lehnt.
„Nichts zu danken. Ich bin gerne für dich da!" sie legt einen Arm um meine Schulter und wir folgen den anderen nach innen.

„was läuft da eigentlich zwischen diesem Konrad und dir?." neugierig sieht die braunharrige mich an.
„Konrad und ich? Da läuft gar nichts." ich muss schmunzeln.
„Wir sind einfach nur sehr gute Freunde geworden in letzter Zeit!"
„Genau so..."
„Wie ich und Leon!" ein Lächeln huscht über Carlas Lippen.
„Genau." auch ich steige in ihr Grinsen mit ein und wir schließen zu den anderen auf.

„Konrad!" glücklich falle ich meinem besten Freund um den Hals, als ich ihn gemeinsam mit ein paar anderen Spielern in die Lounge kommen sehe.
„Ihr habt super gespielt!" begeistert begrüße ich auch Joshua, Leroy und Alex, der heute sein Champions League Debüt geben durfte.
„Das hast du dir nach der harten Arbeit wirklich verdient!" anerkennend klopfe ich meinem Mitbewohner auf die Schulter.

„Seid ihr noch länger da?" Manuels Blick schweift herüber zu Leon und Carla.
„Vielleicht habt ihr Lust, morgen im P1 vorbei zu kommen! Da feiere ich meinen Geburtstag!" erwartungsvoll sieht Pavlovic ebenfalls in ihre Richtung.
„Klar!" Leon nickt eifrig.
„Wir haben dieses Wochenende Spielfrei, deswegen wollten wir noch etwas länger hier in München bleiben." erklärt er.
„Spielfrei? Das Wort kennen wir hier in München schon gar nicht mehr." murmelt Jo.
„Ach komm hab dich nicht so! Du bist doch froh das wir noch in jedem Wettbewerb drin sind und nicht schon längst aus dem DFB Pokal rausgeflogen sind!" bemerkt Laimer und gibt seinem Mittelfeldpartner einen hieb in die Seite.

„Sehen wir uns dann morgen?" fragend sehe ich in die Runde, bevor ich mich mit Konrad auf den Weg nach Hause mache.
„Klar! Bis morgen!" Carla zieht mich in eine Umarmung.
Auch von den anderen verabschieden wir uns und bahnen uns dann einen Weg nach draußen zum Parkhaus, wo Konrad seinen Wagen geparkt hat.

„Du verstehst dich erschreckend gut mit Carla!" bemerkt mein bester Freund, als wir schon ein paar Minuten gefahren waren.
„Warum sollte ich das nicht tun?" verwirrt sehe ich zu ihm herüber.
„Naja sie ist die neue von dem Ex, an dem du immernoch hängst!".
„Also erstens, ich hänge nicht mehr an Leon und zweitens ist sie gar nicht mit ihm zusammen. Sie ist nur eine gute Freundin.".
„Ach wirklich?" überrascht zieht er eine Augenbraue nach oben.
„Da läuft nichts?!"
„Nein. Rein gar nichts.".
„Na dann kriegt ihr es  ja vielleicht doch hin, euch noch einmal auszureden!"
„Da gibt es nichts mehr zu reden!" keife ich und schüttele den Kopf.
„Ach komm schon, das merkt doch jedes Kind, das ihr euch noch nicht ausgesprochen habt!"
„Konrad!" genervt verdrehe ich die Augen.
„Ist ja schon gut. Wir wollen nur das Beste für euch!" murmelt er, während wir in die Einfahrt zu meiner Wohnung abbiegen.
„Wenn das wirklich so ist, solltet ihr alle endlich mal checken, das wir das alles nicht ohne Grund beendet haben. Leon ist definitiv nicht 'das beste' für mich. Und ich für ihn auch nicht.".
Mit diesen Worten verlasse ich das Auto und verschwinde mit schnellen Schritten in meine Wohnung.

Seufzend lasse ich mich auf mein Bett fallen.
Manchmal wünschte ich, das alles anders gekommen wäre.
Wenn ich Leon damals einfach ein bisschen mehr unterstützt hätte...
Tut man das nicht irgendwie, wenn man jemanden wirklich liebt?

Ich drehe mich zur Seite und werfe ein Blick auf das Bild von Leon und mir, das immernoch an meiner Wand hängt.
Vielleicht waren wir damals einfach zu jung, um zu verstehen, was es heißt, wirklich zu lieben...

One last Time. ||a Leon Goretzka Fanfiction ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt