Golden Hour

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„Mrs Park, sie hatten Glück im Unglück. Ihr Handgelenk ist nicht gebrochen. Aber Sie haben es sich leider verstaucht. Während Ihres Sturzes haben sich die Gelenkkapseln und anhängenden Kollagenfasern überdehnt, da jedoch keine Fasern gerissen sind, müssen Sie sich nicht allzu viele Sorgen machen. Einen Gibbs ist nicht nötig, ich werde Ihnen jedoch einen kleinen Verband anbringen zur Stabilisierung. Sie sollten Ihr Handgelenk auf jeden Fall kühlen und in den nächsten Tagen nicht überstrapazieren, sonst besteht doch noch die Gefährdung eines Faserrisses. Auch wenn der Schmerz weg ist, würde ich Ihnen raten, noch eine Woche zu warten, bevor Sie es wieder richtig belasten. Haben Sie noch Fragen?"

Na toll. „Nein, habe ich nicht. Vielen Dank für Ihre Hilfe." Nachdem er den Verband angebracht hatte, verabschiedeten Hikaro und ich uns von ihm.

„Ich bin echt beruhigt, dass es dir soweit gut geht. Wenn du willst, kann ich die nächsten Wochen dein Butler sein. Du weißt schon, dir helfen beim Sachen tragen, Notizen machen und wenn du willst, auch beim Duschen..." Ich schlug ihn mit der linken Hand. „Will ich sicher nicht!"

Wir schwiegen eine Weile auf dem Weg zurück. „Hey Hikaro...tut mir leid, dass ich unser Date versaut habe. Wäre ich Felix nicht hinterhergerannt, dann hätten wir uns den Krankenhausbesuch sparen können..." Das hier sollte doch eine ehrlich gemeinte Chance sein, um ihn besser verstehen zu lernen, aber nein, ich mische mich lieber in Felix' Liebesleben ein.

Ich sollte erstmal mein eigenes in den Griff kriegen! Hikaro gab mir einen Stubs mit seinem Finger am Kopf.

„Red' keinen Unsinn! Ich weiß zwar nicht, was los war, aber du wolltest ihm helfen oder? Natürlich hättest du seine Probleme ignorieren können, aber so bist du nicht und das weiß und liebe ich an dir. In dem Sinne ergänzen wir uns perfekt. Ich habe genug Egoismus für uns beide übrig..."

Mein Herz machte einen Sprung, weil er so rücksichtsvoll war...oder war es, weil er indirekt gesagt hat, dass er mich liebte? Egal, ich fühlte mich besser. Wir waren fast an meinem Haus angekommen.

„Wenn du willst, kann ich noch mitreinkommen und deinen Eltern erklären, was vorgefallen ist und mich entschuldigen, immerhin sollte ich auf dich aufpassen..." Ich schüttelte den Kopf.

„Besser nicht! Ich...mach das schon." Hikaro sah enttäuscht aus. Hatte ich ihn mit meinen Worten verletzt? „Okay, dann...sehe ich dich Montag oder wir schreiben?" Hä? Mehr nicht?

„Ähm, ja. Willst...du gar keine Antwort von mir?", fragte ich unüberlegt und biss mir zugleich auf die Unterlippe. Er zog mich zu sich heran und ich spürte seinen warmen Atem an meinem Ohr. „Doch, aber...ich habe Angst vor der Antwort. Also, schlaf gut und träum von mir, ja?" Er hauchte einen Kuss auf meine Stirn. Dann ging er.

Wie von selbst fuhr meine Hand über die Stelle, wo noch ein leichtes Kribbeln zu spüren war. Nur blöd, dass es die rechte war und ich jetzt vor Schmerz fluchte. Aber dies holte mich zumindest in die Realität zurück.

Kurzerhand wickelte ich den Verband ab und stopfte ihn in einen der Mülleimer am Straßenrand. Dann schloss ich die Haustür auf.

„Soojiiiiiiiin!" Im nächsten Moment hing mir Chris um den Hals. „Was hast du mit diesem Hikaro gemacht? Nein! Was hat er mit dir gemacht? Hat er dir was angetan? Geht's dir gut?" Er umfasste mein Gesicht und quetschte meine Backen zusammen, sodass ich nicht antworten konnte, selbst wenn ich gewollt hätte.

„Du bist ja ganz blass! Komm mit!" Er zog mich ins Wohnzimmer und platzierte mich auf der Couch. „Ich hol dir etwas zu trinken und dann erzählst du mir, was er dir angetan hat, dass du so fertig aussiehst!" Wenige Sekunden später hielt ich ein Glas Wasser in der Hand, in der linken wohlbemerkt, und Chris ließ sich neben mir aufs Sofa plumpsen.

Der Plan war gewesen, so zu tun, als wäre nichts passiert, doch jetzt, wo Chris vor mir stand, kämpfte ich mit Tränen. Ich hatte Scheiße gebaut! Und die würde in den nächsten Tagen mächtig dampfen! Und sie würde Chris Probleme bereiten...nicht nur ihm, sondern ganz SKZ.

Erst jetzt wurde mir das eigentliche Ausmaß meiner Aktion bewusst. Im nächsten Moment klingelte Chris Handy. „Wieso hat Changbin nur immer so beschissenes Timing?", grummelte er und ließ von mir ab.

„Hey Binnie, sag mal, kann ich zurückrufen, weil..." Dann hielt er inne. Nach weiteren zwanzig Sekunden legte er mit einem schlichten Okay auf. Er sah zu mir.

„Das war Binnie. Es gibt irgendeinen Notfall und es hat wohl mit Felix zu tun..." Mein Herz rutschte mir in die Hose.

„Sorry Soojin, aber ich muss leider gehen und schauen, was los ist... Kann ich dich später anrufen?" Ich nickte. Er stand auf und zog sich Schuhe und Jacke an.

„Ach ja, ich sollte dir noch ausrichten, dass Yeji schnell zum nächsten Supermarkt ist, um Abendessen zu besorgen..." Ich nickte erneut.

„Also dann, hab dich lieb Schwesterchen!" Er verließ das Haus. In Blitzeseile packte ich seinen Ärmel. Überrascht sah er mich an.

„Ich..." Fang jetzt bloß nicht an zu heulen, Soojin! „Es tut mir leid!", platzte ich heraus. Verwundert zog er eine Augenbraue hoch. „Was tut dir leid?" „A-Alles?", stotterte ich.

Er lachte. „Was redest du denn da? Du solltest dich wirklich hinlegen...etwas Ruhe wird dir gut tun. Also, ich melde mich später!" Damit war er verschwunden. Seit zehn Minuten stand ich ungerührt an derselbe Stelle und wusste nicht, was ich tun sollte. Was ich tun konnte. Ob ich etwas tun konnte! Ich ging in die Knie und vergrub mein Gesicht in den Händen. Den Schmerz in meinem rechten Handgelenk ignorierte ich...

(Titel-Golden Hour, JVKE)

505-Stray KidsWhere stories live. Discover now