40 | Der erste Schuss.

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Unsere Körper behielten wir nah bei den eisigen Wänden, die mir nur die Haare zu Berge stehen ließen. Es war alles so kalt hier. Ich vermisste die Wärme von Cory, die wie ein wohltuendes Sonnenbad war. Doch als ich ihre Hand an meiner Haut spüren könnte, drückte sie mich nur gegen eben diese eisige Wand.

"Was zur-" Wollte ich aus Schock rufen, aber war ihre Hand schon zu meinen Mund gewandert. Eine Gänsehaut überkam mich und ließ mich von innen heraus erfrieren. "Die Kamera." Sagte sie ganz subtil und legte meinen Blick auf eine Ecke, wo eine Überwachungskamera sich gleichmäßig hin und her bewegte.

Beruhigend zu wissen, dass die Leute, die uns unter der Erde sehen wollten - wahrscheinlich auch noch erwarteten, dass wir aus der Hölle zu ihnen herauf sahen - jeden unserer Schritte möglicherweise schon gesehen hatten. Wirklich, sehr beruhigend.

"Was nun?" Ich versuchte meine Stimme gleichmäßig zu halten, aber gelang mir das nicht einmal bei diesen zwei Worten. "Auschalten können wir die Teile nicht, dass würde auffallen." Grübelte sie mit ihren Kopf an die Wand zurückgelehnt. "Zwar ist das nicht besser, würde uns aber zumindest nicht sofort auffliegen lassen." Konnte man uns überhaupt noch auffliegen lassen, wenn Rider uns erwartete? "Wir müssen einfach nur die Halterung demolieren."

"Und du kannst wirklich dich nicht einfach in die Kamera hacken und das Material von vor drei Minuten oder so auf Dauerschleife spielen lassen?" Versuchte ich zu witzeln und selbst wenn Cory ein zartes Lächeln auf ihren Lippen deswegen trug, fühlte ich mich doch etwas dumm. "Für solche Leute gibt es eine extra Abteilung, nur leider habe ich nie zu dieser gehört." Ihr Lachen fühlte sich so fehl am Platz an. Ich hätte diesen Witz nicht machen sollen.

Ihr Lachen verstummte zwar, hinterließ aber in unseren beiden Mündern einen bitteren Nachgeschmack. Es gab einfach keinen Grund mehr zu lachen, lächeln oder grinsen. All das fühlte sich einfach nur noch komisch an.

"Warte einfach hier, okay?" Ausnahmsweise protestierte ich mal nicht. Ab hier an besaß ich keine Ahnung mehr. Corys Worte waren mein Gesetz, an welches ich mich halten musste, wenn ich uns nicht verlieren wollte. "Okay."

Und mit einmal war sie von meiner Seite verschwunden. Kein Laut ging von ihr aus. Meine Augen erblickten sie unter der Kamera. Sie wartete. Ihre Augen spiegelten die Kälte dieses Ortes ohne Abweichungen wieder.

Wenn mein Körper nicht noch an der Wand gelehnt wäre, dann wäre mir aufgrund ihr Blickes ein Schauer den Rücken heruntergelaufen.

Erst als die Kamera sich in meine Richtung bewegte, hievte sie ihren Körper zu der Decke nach oben und brach die Halterung von dem Gerät. Man konnte mich auch sicherlich nicht sehen? Sie zeigte direkt in meine Richtung.

Mein Blick war zu sehr auf die Kamera konzentriert, dass ich nicht einmal bemerkte, dass Cory wieder vor mir stand. Ruhe durchzog mich, als sie ihre Hand in meine legte und mich von der Wand wegzog.

"Gehen wir." Ihre Stimme nur ein leises wispern, welches trotzdem zwischen diesen Stahlwänden schallen tat.

Dieser ganze Ort versetzte mich einfach in Panik. Vor allem, da die Decken sich in die Höhe zogen und man langsam von der zweiten Etage, wie von einem Balkon auf uns heruntersehen konnte.

Es war so still hier. Keine Menschenseele war zu sehen. Langsam ließ es mich zweifeln. "Was wenn Rider weiss dass wir schon hier sind?" Platzte es dazu noch einfach aus mir heraus. Cory blieb stehen, ihre Augen sahen mich behutsam an und sanfte legte sie ihre Hand an meine Wange. "Hast du Angst?"

Ja, so unglaublich viel! Aber hätte ich ihr das nie gesagt. Stattdessen wandte ich einfach mein Kopf zur Seite und beobachtete die kahlen Wände. Eine bessere Idee war das aber nicht gewesen, es verriet mich sofort. "Noch kannst du zurück. Ich bringe dich zum Auto und du fährst soweit es nur geht weg von hier." "Gottverdammt nein, Cory!" Meine Worte stießen als Echo gegen die Wände, dass ich mich selbst vor meiner eigenen Stimme erschreckte.

"Ich werde dich nicht alleine lassen! Wie oft muss ich dir das noch sagen? Was muss ich tun, damit du mir glaubst?" Verzweiflung schlich sich am Ende in meinen Ton. Aber stand ich dazu. Was musste ich tun, damit sie mir glauben tat?

Sie antwortete nicht, beschämt sah sie nur zu der Seite und nahm langsam ihre Hand von meiner Wange. Gott, ich verstand es doch. Ich wollte Cory doch auch nicht verlieren, aber es gab keinen anderen Weg als diesen. Das hatten sie und David mir mehr als nur klar gemacht.

Aber ich konnte und wollte mich jetzt nicht mit ihr streiten. Meine Hände reichten zu ihren Wangen und drückten ihre Lippen auf meinen.

Es war nicht zärtliche, nicht ruhig und nicht im geringste wie unsere anderen Küsse. Dieser war aggressiv, wütend und gleichzeitig so verzweifelt. Ein einfacher Hilfeschrei.

Was musste ich nur tun, damit sie mir endlich geglaubt hätte?

Ich wollte nicht locker lassen, ich wollte nicht loslassen, aber ihre Hände umschlossen meine und führten sie von ihren Wangen fort. Der Zwang ihre Lippen auf meinen zu lassen, war verschwunden. Aber sie löste sich nicht von mir.

Ihre Hände verschwanden in mein Haar, während ihre Lippen nur ganz zaghaft meine striffen. Es fühlte sich wie jeder Kuss davor an, der von all diesen anfänglichen Gefühlen umgeben war, von denen ich mich nicht trennen wollte.

Frustration hatte mich einfach überrannt, als sie mich wieder einmal loswerden wollte. Wären unsere Rollen vertauscht gewesen, hätte ich wahrscheinlich auch nicht anders gehandelt, trotzdem war es einfach so schwer mit ihrer ständigen Zurückweisung umzugehen. Es ließ mich einfach daran zweifeln, ob sie meinen Worten überhaupt Beachtung schenkte oder sie ignorierte.

Es war so frustrierend, einfach so frustrierend. Ich konnte schon die Tränen in meinen Augen aufsteigen spüren, aber begannen sie schlussendlich aus einem anderen Grund zu laufen.

Ein lauter Knall, dann der Geruch von Rauch und Cory, die sich schützend vor mich stellte. Mein Körper zitterte, mein Kopf tat so schrecklich weh und meine Atmung wollte sich nicht beruhigend.

Ein Schuss wurde gerade abgefeuert.

The Story Of Cass & CoryМесто, где живут истории. Откройте их для себя