36 | Wie die Pause des Krieges.

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Sie blinzelte nicht, sah nur stur gerade aus, als wir den Flur des Motels entlang liefen. Wenn ich das heben ihrer Brust nicht beobachtet hätte, wäre ich mir sicher gewesen, dass sie nur eine weitere Leiche war. Vielleicht war sie innerlich auch schon vor langer Zeit verstorben. Man nahm niemanden das Leben, ohne nicht selbst ein Teil von sich zu verlieren und an den Tatorten zurückzulassen. Cory schwieg, ich wusste nicht was in ihr vorging. Und alles daran bereitete mir Sorgen.

Ich konnte nur ihre Hand drücken und auf eine Reaktion hoffen, die sie aus ihrer Starre holte. Und das tat es auch. Schnell wich ihr Blick zu mir und ich lächelte sie an. Zaghaft spiegelte sie meinen Ausdruck, während wir die Treppe runterliefen. Trotzdem setzte es mich nicht zur Ruhe. Es war eben nur eine Reflektion von dem, was ich ihr gezeigt hatte. So empfand Cory nicht.

Dieses Mal waren die beiden Mädels nicht da, aber dafür beobachtete uns die Rezeptionistin mit ihren gräulichen Augen, die mich an ein Unwetter erinnerten. "Gehen Sie beide etwa schon?" Desinteresse konnte man aus ihrer Stimme vernehmen, welches mich nur stark verunsicherte. Was wenn sie zu David gehörte? Wen konnten wir jetzt noch trauen? "Wir hatten halt nicht vor lange zu bleiben." Zuckte Cory mit den Schultern. Die Frau sah uns nur missbilligend an und richtete dann aber wieder ihren Blick auf die Zeitung.

Wir Schritten durch den Eingang und sofort wurden wir von ein paar Autos begrüßt, die in der heißen Sonne standen. Ich wollte auf das von Carter zugehen, aber zog mich Cory in eine andere Richtung. "Das ist nicht unser Auto." Stellte ich fest, als wir vor einem schwarzen Benz standen. "Nein, aber Davids." Entgeistert sah ich sie an. Das konnte nun wirklich nicht ihr ernst sein.

"Cory," Wollte ich beginnen, aber öffnete sie das Fahrzeug schon und setzte sich auf die Fahrerseite, während sie ungeduldig auf mich wartete. "Es tut mir leid." Wisperte sie leise unter ihrem Atem und ließ mich damit meine eigentlichen Worte vergessen. "Aber es wird nun alles wieder gut werden."

Wir fuhren von dem Parkplatz runter, zurück von wo wir herkamen. Ich verstand nichts von all dem, aber bereitete es mir nur Sorgen. Alles war heute so stressig. "Ich werde dich jetzt zu deiner Freundin fahren." Sie sah mir nicht einmal in die Augen. Und von welcher Freundin sprach sie überhaupt? Etwa Jane? Das konnte sie nicht ernst meinen. "Du wirst einen Scheißdreck tun!" Und damit hatte ich plötzlich wieder ihre Aufmerksamkeit.

Ihre eisblauen Augen waren geweitet, während ich aber dennoch die Scham in ihnen sehen konnte. Ihre Hände packten das Lenkrad mit aller Kraft, dass sogar ihre Knöchel weiß anliefen. Ich war mir sicher, dass sie es hätte brechen können.

Ab diesen Punkt war es nur noch frustrierend. Es war in letzter Zeit immer das selbe mit uns gewesen. "Es wird nichts mehr bringen, Cory. Sieh es doch endlich ein." Aber verstand sie nicht, auf was ich hinaus wollte. "Ich will dich nur in Sicherheit bringen, Cass." "Und das ist mir sowas von egal."

Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihr Bein. In so einem Moment fühlte sich körperliche Nähe am wichtigsten an, denn nur dann besaßen meine Wörter am meisten Gewicht. "Ich will nicht gerettet werden, solange du nicht auch in Sicherheit bist. Also versuch erst gar nicht, mich irgendwie loszuwerden." Ihre Hand zitterte am Lenkrad, sie wollte nach meiner greifen, aber tat sie es nicht. "Das ist wahnsinnig, Cass." "So wahnsinnig wie die, die in die CIA einbrechen möchte?"

Ich neckte sie mit einem Lächeln, aber zu gefallen schien es ihr nicht. Aber was hätte ich denn auch tun sollen? Wir beide waren mit unsern Vorhaben schon verrückt geworden. Cory musste einfach verstehen, dass wir beide nicht ohne einander konnten. Nicht mehr zumindest. Egal wie sehr sie sich etwas anderes einreden wollte.

"Mit dir will ich leben und mit dir will ich sterben, Cory."

Und plötzlich kam das Auto zum halt mit einer Vollbremsung. Ich konnte keine Emotion von ihrem Gesicht lesen, als sie mich ungläubig ansah. "Warum würdest du das wollen?" Warum ich das wollen würde? Nie fiel mir eine Antwort leichter. "Weil ich dich liebe, Cory." Und nie hatte sich etwas so richtig angefühlt.

Ihr Ausdruck wurde sanfter und mein Herz war am rasen. Hatte ich je darüber nachgedacht ihr das zu sagen? Empfand Cory überhaupt so? Plötzlich schlug mein Herz nicht mehr vor Aufregung, sondern vor Angst. Genauso hatte ich mich auch mit Jane gefühlt. "Du liebst mich? Warum?" Unglauben erfüllte ihre Stimme und Verunsicherung breitete sich in mein Körper aus. War das eine Wiederholung meines Abschlussballs, als ich Jane küsste und meine Gefühle gestand? "Wie könnte ich nicht? Du bist unglaublich."

Zaghaft lächelte sie und nahm meine Hand in ihre. Sie brauchte diese Sicherheit unserer Berührung mehr als ich. "Du bist auch ziemlich unglaublich." Aber ich brauchte die Sicherheit dieser Worte mehr als Cory, dennoch war es noch nicht genug. "Also empfindest du das selbe?" "Wie könnte ich nicht, Cass? Ich liebe dich."

Und ehe ich mich versah, hatte sie schon ihre Lippen auf mein Lächeln gedrückt. Welch ein unterschied diese drei Worte doch machten. Mein Herz raste vor Freude und konnte kaum fassen, dass so jemand wie Cory, so jemanden wie mich lieben konnte. Ich war im Himmel gelandet, nach all der Zeit die ich in der Hölle verbrachte. Ich konnte sie nicht mit Jane vergleichen, denn so jemanden wie Cory gab es nur einmal im Leben.

Langsam brachte sie etwas Abstand zwischen uns, aber waren es immer noch Zentimeter gewesen, die uns trennten. Zentimeter, die ich so schnell hätte verschwinden lassen können. Sanft berührte ihre Hand meine Wange, bevor sie mit ihren Daumen über meine Lippen striff. Ich konnte nicht atmen, noch war das alles so surreal. Es war zu gut um wahr zu sein.

Das musste doch die kurze Pause in Kriegen gewesen sein, wenn beide Seiten ihre Waffen nachluden. Es hätte kein Happy End gefolgt. Zumindest nicht, wenn wir weiterhin einfach nur weggerannt wären.

"Dreh um, Cory. Ich werde dich nicht allein dort hingehen lassen."

The Story Of Cass & CoryWhere stories live. Discover now