23 | Feuer eröffnen.

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Wir fuhren an unzähligen Schildern vorbei. Die Gegend wurde von Bäumen verschlungen und die Schilder warnten davor, dass die Straße bald enden würd, aber Cory ignorierte das. Letztendlich hielt sie vor einem unfertigen Tunnel an, der in den Untergrund führte.

Ihre eisblauen Augen sahen endlich in meine Richtung, aber sah sie mich trotzdem nicht an. "Lass mich raten, wir gehen in den Tunnel." Aber sie schwieg. Ihr Schweigen tat so verdammt weh. Es war, als wäre ich Luft für sie gewesen. Nur eine Stimme in ihren Kopf, die ihr Gesellschaft leistete.

Sie öffnete dir Tür, aber zog sie dieses Mal nicht die Kaputze über ihren Kopf. Kurz sah ich die Kappe an, die auf der Rückbank lag, aber stieg ich schlussendlich ohne aus.

Ich warf einen Blick nach hinten. Die Gegend erinnerte mich eher an jeden schlechten Horrorfilm, der nur an Halloween gut war. Fehlte nur noch der leuchtende Mond am Nachthimmel und der Nebel, der sich durch die Bäume zog.

"Niemand wird uns finden?" Fragte ich und sah wieder zurück zu Cory. Tief nahm sie die Luft in sich auf, als hätte sie sich beruhigen müssen. "Niemand. Die Bäume werden das Auto verstecken."

Es war schön sie reden zu hören, zu wissen, dass ich nicht doch nur Luft für sie war. "Du tust was ich sage." War ihr Befehl, den ich einfach nur bejahte. Noch einen Streit wollte ich nicht mit ihr anfangen. Ich wollte unsere Beziehung - was auch immer das für eine war - nicht verschlechtern.

"Bleib bei mir." Sagte Cory. "Dieses Mal werden wir uns auch nicht trennen." Sie ging in die Öffnung des Tunnels vor, auch wenn es mir eher wie ein schwarzes Loch vorkam, in welches wir beide verschwanden.

Enttäuschung breitete sich in mir aus, da ich doch gehofft hatte, dass sie meine Hand nehmen würde, aber war es so wahrscheinlich besser. Ich hätte mir keine Hoffnung machen sollen, ich wollte mir auch keine machen.

Aber Verstand und Herz waren sich selten einig.

Der Boden unter unsere Füßen war keine Erde mehr, sondern Sand, der steil hinunter führte. Alles war so dunkel, ich konnte nicht einmal mehr meine eigene Hand vor Augen sehen. "Cory?" Rief ich ihren Namen, nur um sicher zu gehen, dass sie noch bei mir war. "Ja?" Aber im Gegensatz zu mir, hörte ich keine Panik aus ihrer Stimme heraus, obwohl ihre Atmung vorhin noch etwas anderes behauptete.

Noch eine Sache die mir Sorgen bereitete. Cory war ganz offensichtlich eine Meisterin darin, ihre wahren Gefühle und Ängste zu verstecken. Ich war doch nicht blöd, sie spielte all diese Gefahren doch nur runter.

"Was ist das für ein Ort?" Wisperte ich und versuchte nicht auf dem unebenen Sand auszurutschen. "Eine Art Stadt der ausgestoßenen." Versuchte sie mit einem Lachen zu sagen, aber ließ das Echo ihre Worte nur verzweifelt klingen.

Ein kleiner Teil von mir wollte wissen, warum wir erst jetzt hierher kamen, da Cory offensichtlich keinen Platz in dieser Gesellschaft hatte, aber hätte ich mich wahrscheinlich genauso beschämt gefühlt, wie bei der Frage mit ihrem Bruder.

Ich versuchte diesen Moment zu vergessen, schüttelte meinen Kopf und als ich meine Augen wieder öffnete, war Licht am Ende dieses Abgrunds zu sehen.

Cory wurde langsamer. Endlich konnte ich wider ihre Umrisse erkennen, genau wie meine eigenen Hände. Es war eine gewisse Erleichterung, aber fragte ich mich auch, ob ich das alles überhaupt sehen wollte. Offensichtlich gab es ja einen Grund, warum sie hier von Anfang an nicht her wollte.

"Bleib dicht bei mir." Wisperte sie, als das Licht sich zu einem Weg formte. Menschen sahen uns aus jeder Ecke an. Teilweise sahen einige von ihnen so aus, als hätten sie unter den Einfluss von Drogen gestanden.

Ihre Augen waren weit aufgerissen und Schorf bildete sich auf ihren Armen, an denen sie sich immer wieder kratzten.

Meine Hände ergriffen den Arm von Cory und drückten ihren Körper an meinen. Mir war die ganze Fahrt lang nicht bewusst gewesen, dass ihr meidender Blick schmerzhaft war, aber ihre fehlende Nähe wie der Sauerstoff war, ohne den meine Flamme erstickt wäre. Endlich konnte ich wieder eine Wärme spüren, die sich durch meinen Körper zog.

Schützend warf sie einen Blick auf mich, bevor wir langsam den Weg weiter schritten. Was ich anfangs nur für Müll hielt, stellte sich als Behausung für die Menschen heraus. "Sind alle hier obdachlos?" Wollte ich wissen, wobei ich mich daran erinnern musste, dass es diese Art von Leben auch in Richmond gab.

Wenn ich an einer Gasse vorbeigelaufen bin, konnte ich meist ältere Männer sehen, wie sie bei den Mülltonnen schliefen. Seelenruhig, als hätten sie gewusst, dass an so einem dreckigen Ort, niemand sie verscheuchen würde. Aber wo hätten sie sonst schlafen sollen? Immer mehr Orte wie Parks waren davon überzeugt Bänke auszustellen, auf denen man sich nicht hinlegen konnte. Wo für das alles? Um den Schein einer tollen Gesellschaft aufrecht zu erhalten?

Jeder Moment mit Cory lehrte mich die Menschheit zu hassen. "Nicht alle, aber die meisten." Antwortete sie. Die Menschen hier starrten sie an, während sie mich ignorierten. Es erinnerte mich an die Bar, wo wir Carter sein Auto stahlen. Genau wie die Männer dort, wollten auch diese hier ihr die Haut vom Leib reißen.

"Was hast du diesen Leuten angetan?" Sofort versteifte sich ihr Körper. Plötzlich kam es mir so vor als hätte der Wind jede offene Flamme ausgeloschen, die uns den Weg weiste. "Ich kenn die alle nicht einmal, aber sie sind eine Gemeinschaft, also wird sich wohl alles schnell herumgesprochen haben."

Sie ging meiner Frage aus dem Weg. War wohl wieder eine Tat, auf die sie nicht stolz gewesen war. "Und was machen wir dann hier?" Zwar erwartete ich keine Antwort, aber wollte ich auch nicht ewig im dunklen tappen. Vor allem nicht hier.

Dieser Ort war ein Tunnel, der nur geradeaus weiter ging. Hätte uns die CIA gefunden, dann würden wir in der Falle sitzen. Würden sie dann auch noch Feuer eröffnen, dann könnten wir wirklich nur noch unserer letztes Gebet sprechen, schließlich gab es nichts, was einer Kugel hätte standhalten können.

"Wir erfinden uns neu, Cass. Wir besorgen uns neue Identitäten."

The Story Of Cass & Coryजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें