19 | Eine Witzfigur.

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Dieser Cater gefiel mir ganz und gar nicht. Wie konnte er diesen Wagen fahren und sich keine Gedanken darüber machen, dass versehentlich eine seiner Pistolen, Gewähre und was auch immer sonst noch hier auf der Rückbank rum lag, sich entsicherte und ihn in den Rücken durch das Polster des Sitzes schießen würde? Gott, wie konnte Cory dieses Auto nur mit einem amüsierten Grinsen fahren?

Mir gefiel das alles nicht und obwohl ich eigentlich nicht nachfragen wollte, musste ich es wissen. "Weshalb hast du es nie geschafft Carter in den Knast zu bringen?"

Ein gequältes seufzen entfloh ihr, was mich doch etwas zum Lächeln brachte. "Warum willst du das unbedingt wissen?" Gab sie defensiv von sich. Ja, warum wollte ich das überhaupt wissen? Vielleicht weil dieser Mann gefährlich war! "Wechsel nicht das Thema, Cory."

Sie schwieg, mied mein Blick wie ein bockiges Kleinkind. Diese Art nervte zwar, zeigte mir aber auch immer wieder, dass Cory wie jeder andere auch Makel hatte.

Leichtgläubig folgte sie den Anweisungen ihres Bosses. Schuldgefühle zerfetzten sie, wann immer sie an ihren Bruder dachte. Und eine miserable Verliererin war sie wohl im echten Leben auch. Das waren einige der Dinge, die Cory für mich menschlich machten. Selbst wenn sie so unerreichbar wirkte.

"Wirst du mich denn in Ruhe lassen, wenn ich es dir erzähle?" Fragte sie mich und ich nickte nur schnell. "Ugh!" Stöhnte sie, aber brachte mich das nur zum Grinsen. Kurz lag ihr Blick auch auf mir, bevor sie ihren Ellenbogen auf das offene Fenster legte und ebenfalls ein kleines Grinsen auf den Lippen trug. Ihre schwarzen Haare flatterten im starken Wind. Etwas faszinierendes hatte es an sich, von dem ich meine Augen nicht lösen konnte.

Aber schnell fiel ihr dieses wieder von den Lippen. Ihr Mund war zu einer geraden Linie gepresst, während ihre Hände fest das Lenkrad packten. "Ich hatte nie seine beschissenen Produktionsstätten gefunden." Gestand sie mir dann endlich. "Das er auch Drogen in Umlauf brachte, wusste ich auch nur, weil er mir das gesagt hatte. Das war aber bevor er herausfand, dass ich für die CIA arbeitete."

Irgendwie fiel es mir schwer zu glauben, dass das alles war. Natürlich konnte ich mir vorstellen wie frustrierend es gewesen sein musste, aber deswegen allein konnte sie sich doch nicht so aus der Fassung bringen lassen.

"Seine Produktionsstätten?" Fragte ich nach, da ich hoffte, dass sie genauer darauf eingegangen wäre. "Du weisst schon, die Orte wo er die Waffen und die Drogen hergestellt hat." Seufzte sie. "Orte?" Plural, er hatte also mehrere. "Ich hätte nur eine finden müssen und er wäre dran gewesen."

Ich hätte nicht Lächeln sollen, aber gefiel mir der Anblick ihrer gerümpften Nase, die gleichzeitig auch ihre Stirn in falten legte.

"Sein entkommen hatte mein Ansahen in meinem Direktorat ruiniert." Mein Lächeln verschwand, Cory kniff ihre Augen vor Schmerzen zu, während sie ihre Zähne aufeinander drückte. "Direktorat?" Hakte ich zögerlich nach, denn Cory schien wirklich empfindlich darauf zu reagieren. "Nenn es wie du willst: Direktorat, Abteilung, Division"

"Und deine Abteilung war für Terroristen zuständig?" Kurz lächelte sie müde. "Du hast glaube ich ein sehr falschen Bild von Terrorismus." Meinte sie. "Alles wird heutzutage als Terrorismus eingestuft, was den Frieden im Land bedroht. Es sind nicht nur Attentate oder entführte Flugzeuge. Neue und gefährlich Drogen, illegale Waffen, alles wird verkauft um den Terrorismus zu finanzieren."

"Fast alle Abteilungen beschäftigten sich mit Terrorismus, nur haben wir alle andere Wege um diesen zu 'bekämpfen'." Ich hatte Cory anfangs für wahnsinnig gehalten, aber gefiel es mir von ihr zu lernen. Zwar fühlte ich mich langsam in ihrer Nähe etwas dumm, trotzdem gab sie mir nicht das Gefühl, dass sie mir überlegen war.

"Und was war nun mit deiner Abteilung? Warum hat Carter dich ruiniert?" Tief atmete sie ein, ihr Brust hob sich nur langsam mit. "Es ist nicht leicht in einem von Männer dominierten Job zu arbeiten. Machst du nur einen Fehler, hat alles mit deinem Geschlecht zutun. Und weil mir Carter entkommen war, wurde ich die Witzfigur meiner Kollegen."

"Haben deine Kollegen nie gesehen, wie toll du bist?" Fragte ich ohne zu überlegen und wollte schon geistlich mir selbst eine verpassen. "In deinem Job, meine ich." Warum hatte ich das gesagt? Ich wusste nicht einmal, ob Cory gut in ihrem Job war. Aber logisch betrachtet musste sie gut sein, sonst hätte sie doch sowieso nie diesen Job bekommen.

In meinem Kopf war Panik ausgebrochen, welches auch meinen Gesichtsausdruck anstecken wollte, aber beruhigte mich ihr Lachen auf eine Weise, die ich noch nicht verstand. "Ich war absolut fantastisch, aber in dem Moment, wo man besser als die anderen ist, spielte das auch keine Rolle mehr."

Cory schüttelte ihren Kopf mit einem Lächeln, ein ernsthaftes Lächeln. Nicht eines welches sie aufsetzte um mich zu beruhigen, nein, dieses mal kam es von Herzen. "Aber darüber muss ich mir ja jetzt sowieso keine Gedanken mehr machen." Meinte sie. "Und wegen Carter, ich hab' meine Rache bekommen." Lächelte sie zufrieden mit sich selbst. "Wir haben seine Auto und seine Waffen gestohlen. Besser kann der Tag heute echt nicht starten."

Ihr Lächeln war so ansteckend, aber konnte ich nicht mit solch einen Optimismus durch die Straßen fahren. Die Sonne war erst aufgegangen, noch war es zu früh für solche Aussagen. Zwar fing der Tag für sie gut an, aber hätte er auch im absoluten Chaos enden können, was mir wiederum Sorgen bereitete.

Aber diese Sorgen versuchte ich auszublenden, als Cory das Radio lauter drehte und mit schriller Stimme zu einem der Lieder mitsang. Mit einem Grinsen hielt ich mir die Ohren zu, während sie absichtlich auf der leeren Straße immer wieder in Schlangenlinien fuhr. Diese Frau wollte wirklich noch einen Unfall bauen.

"Lass das." Meinte ich mit einem fassungslosen Lächeln. "Cass," Seufzte sie aber meinen Namen, während sie eine Schnute zog. "Du musst dich mal locker machen." Mit gehobener Augenbraue und offen stehenden Mund sah ich sie an. "Ich muss mich locker machen?" Ich hatte mich wohl verhört!

Mit einem entsetzten Grinsen drehte ich einfach das Radio lauter und mied ihren Blick, als ich mich dem Fenster zuwandte. Ich konnte ihr lachen hören, welches ich insgeheim wirklich beruhigen fand.

The Story Of Cass & CoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt