22 | Vollkommene Korruption.

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Corys Lippen waren zu einem Lächeln geformt und summten zu einem Lied im Radio mit. Ihre Finger tippten immer wieder auf dem Lenkrad herum, während ihr Körper rhythmisch hin und her schwang. So unbeschwert hätte ich mich jetzt gerade auch gerne gefühlt.

Das Adrenalin und der Schock waren nun ganz verschwunden und alles was ich fühlte war Mitleid. Das Gehalt der Bedienung war wahrscheinlich so schlecht gewesen, dass sie durchs Trinkgeld ihre Rechnungen bezahlen tat. Also nichts ungewöhnliches, kaum jemand verdiente hier in den Staaten gut genug, um sich keine Gedanken um Rechnungen machen zu müssen.

Ich wollte mich von den Schuldgefühlen ablenken. Corys Finger lösten sich kurz vom Lenkrad und schienen mit ihren Lippen zu tanzen, während sie weiterhin dem Lied lauschte.

Am liebsten hätte ich mit ihr gesungen, aber schwomm Angst langsam an die Oberfläche meines Verstandes. "Können wir nicht ins Ausland gehen?" Fragte ich, denn nun erreichte mich doch tatsächlich die Realität, dass die USA nicht das tollste Land der Welt war.

Nicht das mir das nicht schon vorher bewusst war, aber mit Cory besaß ich die Möglichkeit zu fliehen. Mit ihr wollte ich fliehen. Mit Cory wirkte es so leicht, so greifbar, so erreichbar.

Aber Cory kam meiner Frage nur mit einem angestrengten Lachen entgegen. "Cass, die CIA existiert für Auslandmissionen. Die leute dort wurden trainiert darauf uns außerhalb der USA zu finden." Wie konnte ich das vergessen? Sie meinte doch auch, dass sie in Venezuela für eine gewisse Zeit war. Und dort hatte sie Carter getroffen... auch wenn sie kein Interesse an ihm besaß.

Jedes Mal wenn wir ein Stückchen weiterkamen, fühlte es sich, als würden wir nur auf schärferen Scherben laufen, die das vorankommen unmöglich erscheinen ließen. Wie hätten wir denn jemals in Sicherheit sein können?

"Was ist mit dem FBI?" Sie seufzte nur. "Kannst du dich noch erinnern, als ich dir von unnötigen und unidentifizierbaren Leichen erzählte?" Ich nickte, schließlich konnte ich das nicht mehr so schnell vergessen.

Diese beiden Sachen führten zum Menschenhandel zurück, den Mr. Rider, Corys ehemaliger Boss, förderte. Was ein widerlicher Mensch.

Die Tode der unnötigen hätte man verhindern können, aber war das denen egal. Ihre Leichen wurden genommen und so getan, als wären das die Körper der vermissten Personen gewesen, mit denen man handelte, so wurden sie schlussendlich zu unidentifizierbaren Leichen, da man versuchte allen Glauben zu machen, dass das die Körper der vermissten Personen war, obwohl man ihre Gesichter unkenntlich gemacht hatte. So fanden ihre Körper am Ende doch noch einen Nutzen. Ein grauenhaften Nutzen.

"Ich hatte dir darauf doch auch erzählt, dass der Director des FBI's und Mr. Rider wahrscheinlich unter einer Decke stecken." Es war nur eine Vermutung. "Du bist dir da selbst nicht einmal sicher." "Und trotzdem will ich kein Risiko eingehen, dass dich verletzen könnte." Und was war mit deinen eigenen Wohlergehen?

"Und was ist mit der CSI?" Fragte ich nach kurzer Zeit der Stille nach, denn Verzweiflung bewölkte jeden meiner Gedanken. "Das ist die Spurensicherung. Die kümmern sich nur um Leichen." Ein Lachen entfloh ihr, aber fühlte es sich direkt an, als hätte sie sich über meine Unwissenheit lustig gemacht.

Ich kannte mich mit keinen dieser Organisationen aus und doch ahnte ich schon, dass niemand uns zur Hilfe geeilt wäre, aber musste ich sie einfach fragen.

"NSA?" Nun war auch die Verzweiflung in meine Stimme gewandert. "Die überwachen die elektronische Kommunikation der Leute. Sie sind diejenigen, die alles über deinen digitalen Fußabdruck wissen." Wieder lachte sie, aber dieses mal fühlte ich mich nicht angegriffen.

Ihr Arm lag auf der heruntergefahrenen Fensterscheibe, während ihr schwarzes Haar im Wind wehte. Mir gefiel es nicht, wie ihr Anblick mich all meine Unsicherheiten vergessen ließ. Alles außer die Verzweiflung.

"Wieso haben sie dann nichts getan, als du deinen Bruder angerufen hast?" Sofort packte sie das Lenkrad mit beiden Händen. Ihre Wangen verloren unmittelbar an Farbe, während sie komplett versteift da saß. Das war eine Frage, die ich nicht hätte stellen dürfen. Das war eine Frage, für die ich mich mehr als nur schämte.

"Keine Ahnung, vielleicht stecken alle unter eine Decke. Die CIA tötet, das FBI schiebt die Morde anderen Mördern unter, die CSI erfindet irgendwelche Spuren und die NSA hilft dabei uns aufzuspüren." Zuckte sie mit den Schultern und wollte es wie ein Witz klingen lassen, da es wie eine reine Verschwörungstheorie klang, aber mit jedem Wort das Cory sprach, überzeugte sie mich nur noch mehr davon.

Ich saß einfach nur da, beobachtet ihre angestrengte Miene und zweifelte an der Menschheit. "Und was tun wir nun? Einfach nur sinnlos durch die Gegend fahren?" Unbeabsichtigt schlich sich Wut in meine Stimme, aber das war nicht schlimm, denn ich war wütend.

Ich war wütend über diese ganze Situation, ihre Geheimnistuerei, wenn es um die verdammten Orte ging, zu denen sie mich brachte und ich war wütend über den Fakt, dass sich langsam mein Herz an sie verlor.

Auch wenn sie mir ganz subtil mitteilte, dass sie kein Interesse an Männern besaß, gab mir das nicht die Sicherheit zu wissen, dass sie auch etwas für mich empfand. Und selbst wenn, jeder unserer Momente hätte in nur einem Atemzug vorbei sein können. Ich hätte Cory verlieren können.

Lieber verheimlichte ich meine Gefühle und freundete mich mit dem Gedanken an, dass es vielleicht jemand anderen in ihrem Leben hätte geben können, wenn all das vorbei wäre, anstelle mein Herz von ihr gebrochen in meinen Händen zu halten. Ich wollte mir auch nicht vorstellen, dass sie vielleicht das selbe für mich empfand, nur um sie am Ende zu verlieren.

Vielleicht fürchtete ich mich auch einfach nur alles falsch verstanden zu haben, denn im Endeffekt wollte ich nicht noch einmal so eine Situation wie mit Jane erleben. Ich wollte mich und mein Herz einfach nur schützen.

"Nichts ist sinnlos, Cass. Ich habe einen Plan." Meinte Cory, auch wenn sie zum Ende hin immer leiser wurde. "Warum sagst du mir dann nie etwas?" Ihre Hände festigten sich um das Lenkrad, Unwohlsein überkam sie.

Aber anstelle mir zu antworten, schwieg sie einfach und ignoriert meine Existenz. Nichts tat so sehr weh, wie ihren meidenen Blick.

The Story Of Cass & CoryWhere stories live. Discover now