16 | Alles ist durchdacht.

116 8 0
                                    

Mein Herz hämmerte wild gegen meine Brust, aber konnte ich mich trotz meines lachens nicht beruhigen. Noch immer wirkte diese ganze Situation so surreal.

Aber dieses Gefühl musste ich zur Seite schieben, schließlich musste ich Cory noch einiges fragen. "Wie lange wird es dauern, bis sie dieses Auto finden?" Unbeabsichtigt wirkte mein Ton scharf und genervt.

Ihre Augen richteten sich kurz auf mich, dann wanderte sie zu meinen Händen; sie zitterten. Das hatte ich nicht einmal mitbekommen.

"Mach dir keine Sorgen," Versichtete sie mir mit einem Lächeln, aber veränderte es sich nur zu einer angestrengten Miene. "Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht."

Warum sprach sie immer solch kryptischen Sätze aus? Warum konnte sie keine konkreten Antworten geben?

"Möchtest du mir diese auch erzählen?" Fragte ich mit gehobener Braue, was sie seufzen ließ. "Erstmal brauche ich neue Pistolen." Dabei klang ihre Stimme ungeduldig. "Und von dem selben Typen werden wir uns ein Auto beschaffen."

Ich wollte wissen wer der Typ war, aber hätte ich ihn sowieso nicht gekannt, was meine Frage wiederum überflüssig gemacht hätte. Trotzdem war ich noch nicht zufrieden mit ihren Antworten.

"Wieso bist du überhaupt ohne Pistolen unterwegs?" Sie flüchtete vor Leuten die versuchten sie umzubringen, warum besaß sie dann nichts um sich verteidigen zu können?

Da war wieder dieses flüchtige Lächeln, als hätte sie meine Unwissenheit als süß empfunden. Irgendwie gefiel es mir.

"Jedes einzelne Gerät der CIA ist mit einem Tracker ausgestattet. Hätte ich meine Waffen behalten, dann hätten sie mich damit geortet."

Mein Blick fiel aus dem Fenster, jede Kurve die sie nahm, wirkte so bedacht. Es ließ mich zweifeln, ob wir zufällig in der Stadt von Jane landeten. Aber ich hatte Cory auch nie gefragt, ob wir hier aus einem Grund waren.

"Und das neue Auto? Werden sie das orten können?" Meine zitternden Finger krallten sich leicht in den Stoff meiner Hose, während meine Augen den Bäumen hinterher sahen, die an uns vorbei huschten.

"Alles ist möglich, aber werden wir es ihnen so nur schwerer machen." Das war nicht die Antwort auf die ich gehofft hatte. Es fühlte sich immer mehr danach an, als würde sie mir nur ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln wollen.

Wie viele Autos hätten wir stehlen müssen? Gab es irgendeinen Ort, wo wir hin konnten? Und konnten wir überhaupt die USA verlassen? Auf das FBI war kein verlass und schon gar nicht auf die CIA.

Der Stoff meiner Hose lag locker auf meiner Haut, trotzdem fühlte sie sich einegend an. Ich musste jetzt einfach den Elefanten im Raum adressieren. "Werden wir sterben?" Mein Mund war vollkommen trocken und meine Sicht wurde glasig, aber keine Tränen lief.

Vielleicht weinte ich ja nicht, da ich Corys hand auf meinem Oberschenkel spüren konnte. Dieses Gefühl der falschen Sicherheit wollte nicht verschwinden, aber vertraute ich ihr nur umso mehr dadurch.

"Nur über meine Leiche." Grinste sie, was meine Mundwinkel ebenfalls anhob, wenn auch nur für einen Moment. Schnell überkam mich aber wieder diese zwei Wörter: unnötige Leichen.

Cory wäre zu keiner geworden. Wäre sie tot, würde diese gesamte jagt enden, aber ich war egal. War es schlimm von mir, dass mein Verstand nur von mir selbst bedeckt war? Cory hatte sich auf dieses Leben eingelassen, aber ich nicht. Es hätte sich nicht selbstsüchtig anfühlen dürfen, wenn ich über mich und meine Zukunft nachdachte - schließlich besaß ich vielleicht keine mehr.

"Sag das nicht." Bat ich sie. "Entschuldige. Ich dachte, dass würde die Stimmung auflockern." Dachte sie dabei nicht an ihren Bruder? Oder verdrängt sie alle Erinnerungen an seinen Tod, weil es ihr so leichter fiel.

"Wo fahren wir überhaupt hin?" Fragte ich, um dieses Thema einfach zu vergessen. "Der Ort hat keinen wirklichen Namen." Lachte sie.

Unwohlsein breitete sich in mir aus. Dieser Ort klang gefährlich, und wenn selbst Cory davor Respekt zu haben schien, dann war sie sich dieser Gefahr mehr als nur bewusst.

Ich richtete mich gerade auf, Anspannung lief durch meinen ganzen Körper, die selbst Cory zu spüren schien. Zögernd nahm sie ihre Hand von meinen Oberschenkel und mied meinen Blick.

Aber dabei wollte ich das gar nicht. Ihre Berührung, ihre Blicke und ihr Lachen, beruhigten mich. Es vermittelte mir das Gefühl, als würde alles wieder gut werden, selbst wenn das eine Lüge war. Aber wie schon gesagt: sie hätte mir jede Lüge dieser Welt erzählen können und ich hätte ihr geglaubt.

"Muss ich Angst haben?" Fragte ich lieber, anstelle ihr von meinem Bedürfnis ihrer Berührung zu erzählen. "Tu einfach was ich dir sage und nichts sollte passieren." Ich vertraute Cory, dass mit Jane war nur ein dummer Fehler, so wie alles andere auch, was sie betraf. Ich vertraute ihr und hätte auch auf sie gehört.

"Und wenn doch etwas passiert?" Diese Frage wollte ich eigentlich nicht stellen, aber entfloh sie mir einfach. "Dann müssen wir hoffen, dass sie respektvoll mir unseren Leichen umgehen werden."

Das war so beruhigend zu wissen, genau was ich hören wollte, haha. Sarkasmus schien mir angebracht. Diese Leute dort hätten uns also nicht nur umgebracht, sondern auch unsere Körper zu ihren Zwecken genutzt.

Wollte ich überhaupt wissen, was sie mit unseren Leichen angestellt hätten? Nein! Warum musste ich denn diese Frage aber auch stellen? "Im besten Fall werden unsere Organe illegal verkauft." Und auch für diese Frage hasste ich mich. "Und im schlechtesten Fall?"

Sie schluckte einfach nur und ihr Griff ums Lenkrad wurde fester. Diese Sache war unausprechlich. "Du solltest dich schlafen legen, Cass." Sagte sie.

Ich war nicht müde, Adrenalin strömte durch meine Adern, aber wollte ich Cory nicht vom Autofahren ablenken.

Mein Kopf drehte sich in die Richtung des Fensters und beobachtete die Landschaften, die einfach an uns vorbei huschten. Nur der Mond schien uns zu folgen - auf uns aufzupassen.

Aber fühlte ich mich dadurch, als hätte ich auf Cory aufpassen müssen. Wie viele Stunden Schlaf hatte sie in letzter Zeit? Hatte sie diese Nacht wenigstens etwas geschlafen?

Ich zweifelte schwer. Sie schien sich selbst dadurch zu stressen. Aber nun stresste ich mich wegen diesen Gedanken und der Stress machte mich müde. Ich wollte nicht schlafen, aber meine Augen fielen einfach zu.

The Story Of Cass & CoryWhere stories live. Discover now