B1C06 - Brunos zweite Funktion

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Der Salat hatte mich nochmal daran erinnert, dass unserer Herberge was Wichtiges fehlte. Besteck. Ich hatte mir zwar Teller und Schüsseln von den Abenteurern geben lassen. Und das funktionierte auch für Hase am Spieß und Suppe in den Schüsseln. Aber einen Salat mit Händen zu essen oder ihn über den Rand in den Mund rutschen zu lassen, war nicht wirklich eine Variante. Man könnte sich mit einem Spieß etwas behelfen, aber es war trotzdem sehr mühselig. Jetzt, da mit Bruno das Holzproblem nicht mehr existierte, nahm ich mir ein paar dickere Zweige und versuchte mit dem Messer der Abenteurer ein Messer zu schnitzen. Es war mühselig, aber es ging auf. Ich wiederholte das ganze paar Mal und stellte anschließend noch Gabel und Löffel her. Bruno versucht mir zu helfen, aber scheinbar ist er zu sehr ein Grobmotoriker. Entweder er schnitzte viel zu viel weg oder er zerbrach den Ast einfach durch rohe Gewalt. Aber ich hatte eh nichts vor, wenn keine Gäste da sind. Insofern ärgerte ich mich nicht über die Zeit, die ich dafür brauchte. Die Belohnung wartete am Ende, als ich das nächste Mal mit Bruno einen weiteren Salat mit dem neuen Besteck aß.

Bruno schien auch hauptsächlich Salat essen zu wollen. Er nahm sich am Morgen einen sauren Salat zum Wachwerden, mittags eine Hasensuppe oder Hase am Spieß und abends zwei süße Salate. Karl war da wesentlich einfacher gestrickt, Hauptsache Fleisch. Er aß auch nicht so viel wie Bruno. Aber Bruno war wesentlich größer und arbeitete auch schwerer. Seine Kraft war ja einer der Gründe, warum ich ihn gewählt hatte. Sie wurde nicht nur für das Heranschaffen von Stämmen gebraucht, sondern sollte auch zur Verteidigung dienen. Allerdings ist es nicht fair, ihn mit bloßen Händen kämpfen zu lassen. Also schickte ich ihn los, sich eine Waffe zu besorgen. Zuerst kam er mit einem großen Stamm an. Es zeigte sich mal wieder, dass er kein Mensch war. Kein normaler Mensch hätte den hochheben können, aber er schwang ihn herum, als wäre er Luft. Nur fehlten uns die Werkzeuge, um eine richtige Keule für ihn draus zu machen. Er hatte irgendwie die Enden abgebrochen und damit waren beide Enden gefährlich, was vielleicht für eine Waffe gut war, aber er lief so Gefahr, dass er sich beim Ende, das er in der Hand hielt, verletzte. Ich versuchte daher das eine Ende so gut wie es ging mit den scharfen Steinen und Messer abzustumpfen. Der andere Punkt war Festigkeit. Durch das Abbrechen war ich mir nicht sicher, ob der Stamm nicht mitten im Kampf auseinanderbrechen würde, da er schon angeknackst war. Eine Lösung dafür war das Abflammen des Holzes, wodurch es fester werden würde. Doch bevor wir das taten, wollte ich die Waffe noch gefährlicher machen. Dazu stellte ich weitere scharfkantige Steine her und ließ sie von Bruno in den Stamm rammen. Danach schwärzten wir das Holz mit den Flammen, da es sich dabei auch zusammenziehen und so den Steinen mehr Halt geben würde. Damit war die erste Waffe fertig, eine furchteinflößende Keule. Wer Bruno damit schwingen sehen würde, sollte sich zweimal überlegen, ob er sich mit uns anlegt.

Allerdings ist eine Waffe nicht nur zur Verteidigung, Bruno soll ruhig damit auch Hornhasen jagen gehen. Nur ist die Keule dafür viel zu groß. Das wäre, wie wenn man Fliegen mit einem Schrank jagt. Die Kampfspuren wären verheerend und der Hase vermutlich nicht mehr verwertbar. Daher zog er ein weiteres Mal los, um eine Alternative zu finden. Ich hatte erst einen Holzspeer in Betracht gezogen, aber bei Brunos Stärke würde der zu schnell kaputtgehen. Bruno schien aber der Gedanke zu gefallen. Scheinbar hatte er bei seinen Ausflügen mit Karl einen großen Kadaver gesehen und er brachte von diesem einen langen Knochen wieder. Wir hatten Mühe ihn spitz zubekommen, aber um so sicherer waren wir uns, dass er Brunos Kraft standhalten könnte.

Bruno trainierte von da an in der Höhle jeden Tag den Kampf mit dem Holzstamm und dem gespitzten Knochen. Am Anfang tat er sich schwer mit der Hornhasenjagd, waren die ja sehr schnell und er konnte sich nicht wie Karl im Gras anschleichen. Aber mit der Zeit bekam er den Dreh raus und brachte seine erste Beute, die wir dann feierlich aßen.

Eines Nachts zeigte es sich dann, dass ich die richtige Wahl bei meinen Begleitern getroffen hatte. Bruno war tief im Schlaf als Karl uns weckte. Einem Wachhund entgeht nichts, auch wenn er schläft. Eine Schlange hatte sich dem Loch genähert, was Karl sofort merkte, da er sich am Eingang aufhielt. Der Kristall macht auch seine Bedenken bemerkbar, sobald die Schlange im Dungeon war, da sie nicht nur eine kleine war, die man einfach mal so aufheben konnte, sondern eine große, die sicherlich gerne Menschen verspeiste. Bruno wehrte sich zwar erst gegen das Aufwachen, aber sobald er die Lage verstanden hatte, war er putzmunter. Dadurch dass Karl uns auch schon so zeitig gewarnt hatte, war es noch nicht zu spät. Bruno konnte noch die Schlange abfangen, bevor sie zu mir in die Nebenhöhle kam. Er versuchte zuerst sie mit dem Knochen aufzuspießen, wie er es immer bei den Hornhasen getan hatte. Aber die Schlange konnte ihm trotz ihrer Größe jedes Mal ausweichen. Als er merkte, dass es keinen Zweck hatte, warf er den Knochen wie einen Speer Richtung Kopf der Schlange und nutzte die Zeit, die er damit gewann, um nach dem präparierten Holzstamm zu greifen. Die Höhle bebte, als er anschließend mit voller Wucht zuschlug. Die Schlange wich erfolgreich dem Speer erneut aus und versuchte das gleiche beim Holzstamm. Allerdings vergebens. Der Stamm war zu breit und begrub ihren Kopf unter sich. Der Körper der Schlange zuckte kurz. Dann hob Bruno den Stamm noch einmal hoch, nur um erneut mit voller Kraft zuzuschlagen. Wieder bebte die Höhle, aber diesmal hörte man auch ein Knacken. Die Schlange rührte sich nicht mehr und als Bruno die Keule hob, konnte man sehen, dass der Kopf Brei war. Der Schädel war zerbrochen.

Karl und ich lobten Bruno, der voller Stolz als Sieger posierte. Allerdings hatte dieser Kampf auch einen großen Nachteil offenbart.

Die Dungeonherberge - German / DeutschWhere stories live. Discover now