Kaptiel 49

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Thomas P.O.V.

Susan und ich laufen erneut den Platz ab. Sie war hier gewesen. Aber hier ist absolut nichts. Diese Ungewissheit macht mich Wahnsinnig. Hoffentlich geht es Ana gut... Sonst weiß ich nicht, was ich Mum sagen soll.
Ich schaue auf mein Handy.
01:00 Uhr. Spätestens um halb sieben muss sie zu Hause sein. Sonst muss ich mir was ausdenken...

„Weißt du, was absurd ist," meldet Susan sich wieder. Fragend sehe ich sie an. „Dass du die einzige Person, die du wirklich liebst, immer von dir wegstößt." Der hat gesessen. Sie hat Recht, das ist das Schlimmste. „Ihr müsst euch mal richtig zuhören, weißt du?"
Stumm nicke ich.
„Sag es ihr. Das mit Nick meine ich."
Verwundert sehe ich sie an. „Warte, du weißt davon?" Die Bäume ansehend nickt sie. „Ja."
„Aber, wieso hast du ihr nichts gesagt," hacke ich nach. „Sie hatte nie gefragt."

Stirnrunzelnd schüttle ich den Kopf. Das Mädchen ist mir ein Rätsel. Dann klingelt mein Handy. Innerhalb von wenigen Sekunden nehme ich ab.

„Thomas, komm zum Klub, wo wir letztens waren! Ich hab Ana gefunden, glaube ich." Mir fällt ein Stein vom Herzen. Sky ist ein Engel! Ich lie- Mir fällt unser Streit wieder ein. Und schon wird mein Herz wieder schwerer. Ist noch alles okay zwischen uns? Ich schüttle den Kopf, um diese Gedanken aus dem Kopf zu bekommen.
„Wir sind gleich bei dir! Warte draußen. Beeilen uns."
„Okay, bis gleich," sagt sie leise.

Mit schnellen Schritten gehen wir zum Klub. Susan ist nicht so schnell, wie ich, weswegen ich sie am Arm hinter mir her ziehe. Wäre ich nicht total in Gedanken, wäre mir viel früher aufgefallen, dass sie total außer Atem ist und kaum noch Schritt halten kann. Kurz vor dem Klub lasse ich sie endlich los und gebe ihr eine kurze Pause.

„Thomas!"
Mein Kopf schnellt in Sky's Richtung. Erleichtert darüber, dass sie wohlauf ist, gehe ich schnell auf sie zu und bleibe vor ihr stehen. Mit glasigen Augen sieht sie zu mir auf. Ihre Arme schlingen sich um mich und drücken mich fest an sie. Direkt lege ich meine auch um sie. Ihr Duft umschließt mich. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir so verweilen, aber irgendwann kommt Susan und tippt uns an.

„Wir sollten reingehen oder?"
Perplex nicke ich und greife nach Sky's Hand. Sie verankert unsere Finger ineinander und drückt meine Hand. Nervös streiche ich mit dem Daumen immer wieder über ihre Hand.

Die Luft ist stickig. Meine Augen brauchen einige Sekunden, um sich an das komische Licht zu gewöhnen. Der Geruch nach Gras steigt mir in die Nase. Am liebsten würde ich Sky direkt wieder hier raus schaffen.

Sky zieht mich weiter in den Klub herein. Sie sagt irgendwas und sieht mich an, doch durch die laute Musik kann ich sie nicht verstehen. Ich deute ihr näher zu kommen, damit ich sie verstehen kann. „Sollen wir uns aufteilen und uns gleich wieder hier treffen? Dann finden wir sie schneller."
Direkt schüttle ich den Kopf und greife nach ihrer anderen Hand. Wieder verankert sie unsere Finger ineinander und lehnt ihren Körper gegen meinem. Kurz legt sie ihren Kopf auf meine Brust. Dann sieht sie zu mir auf und stellt sich auf die Zehenspitzen. „Alles gut, Thomas. Ich hab mein Handy auf Vibration. Ruf mich an, wenn was ist und dann treffen wir uns genau hier," sagt sie gerade so laut, dass ich sie verstehen kann.

Geheuer ist mir das nicht. Ich will sie hier nicht alleine herumlaufen lassen. Das letzte Mal, als sie alleine hier herumgelaufen ist...

Tief atme ich durch und nicke dann doch. Sie löst unsere Hände voneinander und schlingt ihre Arme um meinen Hals. Liebevoll sieht sie mir in die Augen. „Wir werden sie finden, Thomas."
Nickend drücke ich sie fest an mich. Dann küsst sie mich in der Halsbeuge. Kurz schließe ich die Augen und genieße ihre Küsse auf meiner Haut.

Sie zieht ihren Kopf wieder zurück, um mich auf den Mund zu küssen. Seufzend erwidere ich ihren Kuss. Ihre Hand vergräbt sich in meinen Haaren. Als sie sich von mir löst lege ich meine Hände an ihre Wangen. „Ich liebe dich," sage ich über die Musik hinweg. Sky schmunzelt und gibt mir nochmal einen kurzen Kuss. „Ich liebe dich auch."

Dann gehen wir beide in verschiedene Richtungen. Mit scannendem Blick versuche ich meine Schwester zu finden. Beinahe habe ich Angst, sie zu übersehen. Doch dann sehe ich Ana. In der Sitzecke an die Lehne gelehnt. Von hier aus kann ich nicht erkennen, ob sie überhaupt bei Bewusstsein ist. Mein Mund wird trocken bei dem Gedanken, dass sie vielleicht bewusstlos ist.

Mit schnellen Schritten quetsche ich mich durch die Menschenmasse hindurch und schubse dabei manche beiseite. Neben Ana sitzt ein Typ, der gerade einen Joint im Maul hat und wahrscheinlich Koks schnieft.
Zugedröhnt sieht der Typ zu mir auf, als ich vor ihnen stehe.

„Kann ich dir helfen," fragt er lallend. Angeekelt rümpfe ich die Nase. Scheiß Junkie.
„Da hinten will jemand mit dir sprechen," sage ich, in der Hoffnung, dass die Nummer zieht. Der Typ ist jedoch zu dicht, um zu checken, dass er mich nicht mal kennt. Er nickt, steht auf und wankt in die Richtung, die ich ihm gezeigt habe. Nachdem er aus dem Blickfeld ist nehme ich mein Handy in die Hand und wähle Sky's Nummer, um sie anzuklingeln. Danach gehe ich zu Ana.

Ich schüttle sie, doch sie zeigt keine Reaktion. Fuck... Zügig lege ich einen Arm unter ihre Beine, den anderen um ihren Rücken und hebe sie hoch. Erneut quetsche ich mich durch die Masse durch zu dem Treffpunkt mit Sky. Sie steht bereits mit Susan da und kommt mir entgegen.

Erleichtert sieht sie mich an. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Mit einem Kopfnicken deute ich ihr mir zu folgen. Sie hält sich an meinem Shirt fest und bildet mit Susan eine Kette hinter mir. Draußen atme ich tief durch.

„Was hat sie," fragt Sky besorgt und hält noch immer Susan bei der Hand. „Weiß nicht... könnte alles sein." Sie legt eine Hand auf meine Schulter und drückt sie leicht. „Lass sie uns in die Notaufnahme bringen oder was meinst du," fragt sie vorsichtig. Langsam nicke ich.
Sky lässt meine Schulter los und tippt auf ihrem Handy rum, ehe sie jemanden anruft. Anscheinend den Rettungsdienst, denn sie gibt die Adresse und alles weitere Wichtige an.

Sky legt ihre Jacke über Ana, als sie wieder zu mir kommt. Besorgt legt sie ihre Hand auf Ana's Stirn. Erwartungsvoll sehe ich sie an. „Sie ist kaltschweißig," sagt sie zögerlich.
Fuck, das ist gar nicht gut.

Ich werde immer ungeduldiger und halte nach dem hellen Licht des Rettungsdienstes Ausschau.

Plötzlich ist er da und ich bekomme alles irgendwie nur noch benebelt mit. Wahrscheinlich ein Schock oder so...
Sky steht wieder vor mir und nimmt mein Gesicht in ihre kalten Hände. Ihre Augen holen mich zurück in die Realität. Sie sind leicht gerötet. „Du solltest mit ihr fahren, Thomas."
Meine Brauen ziehen sich zusammen, als ich meine Hände auf ihre lege. „Ich komme nach, versprochen. Vorher bringe ich Susan nach Hause, aber dann komme ich direkt nach."

Ich presse die Lippen zusammen und nicke. „Schreib mir, wenn du bei Susan bist und wenn zu losgehst zum Krankenhaus."
„Mache ich, versprochen," flüstert sie und gibt mir einen Kuss. „Nimm mein Auto, dann bist du schneller." Ohne auf ihre Antwort zu warten drücke ich ihr die Schlüssel in die Hand.

„Okay," sagt sie nickend. Als sie gehen will, halte ich sie nochmal kurz an der Hand fest. Fragend sieht sie mich an. „Fahr vorsichtig."
Sie drückt meine Hand kurz und nickt. „Keine Sorge, ich bin gleich wieder bei dir."

Sie wartet noch, bis ich in den Wagen einsteige und die Tür geschlossen wird. Ich schnalle mich an auf einem unbequemen Stuhl an. Dann fahren wir los. Meine Schwester liegt, noch immer bewusstlos, auf der Liege. Festgeschnallt und mit einem Zugang, durch den irgendeine Flüssigkeit läuft.

Freiheit in London (Fortsetzung zu Gefangen in London) tbs ffWhere stories live. Discover now