Kapitel 36

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Skylar P.O.V

Sanft küsse ich seine Tränen fort.
Der Schmerz in seinen Augen ist zu viel, um ihn zu ertragen zu können. All die Jahre hat er es mit sich herumgeschleppt. Niemandem etwas gesagt.

Sein Körper zittert leicht unter mir.
Fest sind seine Arme um meine Taille geschlungen. Beruhigend kraule ich seinen Hinterkopf, da er sein Gesicht in meinen Schlüsselbein vergräbt.

Es ist, als hätte mir jemand die Augen geöffnet. In der Nacht als ich ihn das erste Mal sah und er so aufgelöst in seinem Zimmer stand. Das Gespräch von Dylan und Thomas in Wales, nachdem ich seine vielen Blutergüsse gesehen habe. Der Mann, der ihm im Zimmer zugerichtet hat war Mike gewesen. Die ständige Distanz, die er wahren wollte.

Nie hat er mir von seiner Familie erzählt. Und ich habe ihn nie wirklich gefragt...

Nach einiger Zeit wird seine Atmung immer gleichmäßiger. Meine Finger gleiten ständig durch seine weichen Haare, die inzwischen nicht mehr seiner gewohnten Frisur entsprechen. Sein heißer Atem trifft mit jedem seiner Atemzüge auf meine Haut. Irgendwann spüre ich seine Lippen, welche sanft mein Schlüsselbein liebkosen. Das Prickeln, das er in mir auslöst, verbreitet sich in meinem ganzen Körper.

„Es tut mir leid," hauche ich und nehme sein Gesicht in meine Hände. Nach einem kurzen Kuss setzte ich mich wieder auf meinen vorherigen Platz. Stirnrunzelnd sehen mich die dunkeln Augen an. „Können wir gehen?"

Perplex sehe ich ihn an, ehe ich nicke und aufstehe. Vor der Tür bleibt er abrupt stehen. „Du hast gar keine Schuhe an," bemerkt er. Mein Blick führt auf meine Füße hinab. Als ich ihn wieder ansehe ist er leicht in der Hocke und deutet mir, auf seinen Rücken zu kommen. Zuerst will ich ablehnen und einfach an ihm vorbeigehen, doch dann atme ich hörbar aus und folge seiner Bitte. Zusammen gehen wir wieder in die kalte Nacht hinaus. Nachdenklich nimmt Thomas sein Handy in die Hand. Kurz zögert er, doch dann drückt er auf eine Nummer. Nervös kaut er auf seiner Lippe herum. Ermutigend lege ich meine Arme um seinen Hals, darauf bedacht ihm genügend Platz zulassen. Meinen Kopf platziere ich direkt neben seinem.

„Nein... können wir bei die Nacht bei dir pennen?" Fragend schiele ich zu ihm.
„Sky, wer sonst?" Kurzzeitig umspielt ein Grinsen seine Lippen. „Danke, bro," sagt er und legt somit auf. Nachdem Thomas sein Handy wieder verstaut hat, lässt er mich mit einem Ruck höher rutschen und trägt mich durch die Nacht. Bereits nach kurzer Zeit werden meine Augenlider schwerer.

***

Durch ein Murmeln werde ich wach, doch lasse meine Augen geschlossen und atme einmal tief ein.

„Was hat sie gesagt?"
„Keine Ahnung, sie war ruhig. Die ganze Zeit über." Eigentlich sind meine Lider gewollt sich zu öffnen, doch ich lasse sie geschlossen. „Sie redet bestimmt noch mit dir darüber. Sowas muss man erstmal sacken lassen," kann ich Dylan's Stimme aus machen. „Spätestens, wenn du ihr die Sache mit-"
„Halt verfickt nochmal dein dämliches Maul, du Idiot!" Thomas Stimme ist gepresst und bemüht gedämpft. „Ich hab bis Donnerstag Zeit! Außerdem könnte sie was mitbekommen! Schnauze jetzt, sie soll nicht aufwachen," zischt er. Dann spüre ich kurz eine Hand auf meinem Bein. Die Wärme lässt es auf meiner Haut prickeln.

„Gute Nacht, Thomas," höre ich Dylan sagen, ehe sich eine Tür schließt. Als seine Hand mich loslässt hinterlässt er an besagter Stelle eine Kälte zurück. Tief atme ich ein und öffne meine Augen. Thomas sitzt mit dem Rücken zu mir auf der Bettkante. Den Kopf gesenkt und die Ellenbogen auf den Oberschenkeln abgestützt. Ich luge über seine Schulter und sehe sein Handy in den Händen. Auf den Knien rutsche ich näher zu ihm heran und lege meine Hände auf seine Schultern.

„Thomas?"
Langsam legt er seinen Kopf in den Nacken und sieht mich an. „Wie geht es dir? Also wirklich, meine ich." Seufzend hebt er seinen Kopf wieder und dreht sich zu mir. Seine Stirn in Falten gelegt. „War schon mal besser," sagt er halb lachend.
„Worüber haben Dylan und du geredet?" Rasch wendet er den Blick ab und verzieht verärgert das Gesicht. Ich sehe zu, wie er sich anspannt. Versuchend sich zu beherrschen schließt er die Augen. „Ich bring ihn um," nuschelt er gepresst hervor. „Wieso? Worüber habt ihr euch unterhalten?" Seine Augen öffnen sich wieder und richten sich auf mich.

Seufzend fährt er sich durch die Haare.
Was ist denn jetzt schon wieder los?

„Können wir wann anders darüber reden?" Erschöpft sieht er mich an. Widerwillig nicke ich und ziehe ihn am Nacken mit runter auf das Bett. „Danke," raunt er in mein Ohr, ehe er meinen Hals liebkostet. Thomas stützt sich immer weniger neben mir ab, sodass sein Gewicht nach einiger Zeit komplett auf mir liegt. Irgendwann spüre ich statt seiner Lippen nur noch seinen Atem in regelmäßigen Abständen auf meiner Haut.

Ich genieße das Gefühl von ihm auf mir liegend. So, als könnte ich ihn halten. Ihn stützen, wenn er zu fallen droht und kein Gleichgewicht finden kann. Mit einem geschlossenen Lächeln dämmere ich weg. Meine Arme fest um ihm geschlungen.

Freiheit in London (Fortsetzung zu Gefangen in London) tbs ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt