Kapitel 183: Mikuls Wohlergehen

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• Yara •

Staunend trete ich eingehakt in Vittorius' Arm die paar Schritte in Mikuls Anwesen ein. Wie überaus dämlich darüber verwundert zu sein, dass Mikul auch ein Privatleben hat. Als ob er in seiner dienstfreien Zeit von und in der Luft lebt.

„Seit wann bist du so schüchtern?", stichelt Vittorius mich belustigt von der Seite an. Zugegeben, ich klammere mich vielleicht ein bisschen doller an seinen Arm als üblich. Aber eher, weil ich mich wie eine Einbrecherin fühle und das, obwohl wir angeklopft haben und herein gebeten wurden.

Ich ignoriere seine kleine Neckerei auch einfach, stattdessen sehe ich mich verstohlen höchst neugierig im Eingangsbereich um. Mikul scheint auf eher altertümliche Dekoration zu stehen, also allgemein sieht alles für mich altertümlich aus, aber dieser Dekostil sieht aus wie aus einem Jahrhundert vor diesem Jahrhundert.

Allgemein wirkt es sehr dunkel, die Wände haben eine edle schwarz gemusterte Tapete und auf dem hellen Holzboden sind überall schwarze Läufer verteilt. Wären die zahlreichen edlen Kerzenhalter nicht, wäre es ziemlich duster hier. Aber es hat einen wohligen verruchten Charme hier.

„Meister Mikul erwartet euch, mein König, meine Königin", ertönt auch schon die Stimme des Bediensteten.

Vittorius setzt sich in Bewegung und folgt dem Bediensteten in aller Ruhe. Ich weiche meinem Gemahl keinen Schritt von der Seite.

Nach ein paar Türen und den üblichen adeligen Räumlichkeiten kommen wir vor der Tür zu Mikuls privatem Gemach zum Stehen.

„Kommt ruhig herein, mein König, meine Königin", ertönt es von der anderen Seite der angelehnten Tür.

Lächelnd öffnet Vittorius die Tür und gemeinsam betreten wir Mikuls Gemach. Es wirkt sehr einladend und gemütlich, vor allem durch das gedämpfte Licht und dem wohligen Kaminfeuer. Die Vorhänge sind weitestgehend zugezogen und so lädt der Raum förmlich zur Ruhe ein.

„Wie geht es dir?", frage ich ihn direkt und trete an seine Bettkante.

„Den Umständen entsprechend gut. Ihr habt meinen tiefsten Dank, meine Königin. Ohne euch wäre ich verblutet. Zeitgleich beschämt es mich aber auch zutiefst, euch nicht ausreichend beschützt zu haben. Das ist nicht zu verzeihen", sagt er einerseits voller tiefer Ehre, andererseits mit tiefem Bedauern.

Vittorius holt uns derweil einen Sessel heran und setzt sich gemütlich direkt neben Mikuls Bettkante. Natürlich zieht er mich voller Genugtuung auf seinen Schoß.

„Bitte fühl dich nicht schlecht, für mich ist das schon in Ordnung und ich trage es dir in keinster Weise nach oder dergleichen", betone ich freundlich.

„Ihr versteht das nicht, meine Königin. Es ist meine Pflicht und meine heiligste Aufgabe, eure Sicherheit zu gewährleisten. Und darin habe ich versagt", erwidert Mikul und sieht mir in meine Augen.

Er hat recht, ich verstehe es nicht.

„Meine Königin, seid ihr verletzt?", fragt Mikul nun besorgt.

„Nicht wirklich", entgegne ich und versuche den gigantischen Schnitt an meinem Arm herunter zu spielen.

„Ja, ist sie. Eine tiefe Schnittwunde in doppelter Klingenbreite am linken Unterarm. Aber natürlich habe ich sie bestens versorgt, mach dir keine Sorgen", klärt Vittorius ihn einfach auf.

Ich gebe mir nun große Mühe meinen Gemahl nicht anzufallen oder dergleichen. Diese Information hätte man ihm doch verschweigen können, sicher fühlt er sich noch schlechter.

„Wie ist das passiert?", fragt Mikul nun nahezu neugierig nach. So fragend wie Vittorius mich nun ansieht, wüsste er das auch gerne. Tatsächlich habe ich dazu bisher kein Wort verloren, Vittorius hatte gestern nach dem Bad einfach die Wunde desinfiziert, genäht und bandagiert. Vermutlich nimmt er an, dass ich mich eh nicht daran erinnern kann.

Vampirkind Yara IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt