Kapitel 113: Tiefe Gespräche

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• Yara •

Einen Moment lang sitze ich wie immer auf Vittorius' Schoß und schaue ihn überrascht an. Da bietet er mir ernsthaft den Sitzplatz auf dem Sessel neben sich an. Wobei ich mir eher vorstelle, dass er mich dann eisern festhält und ich gar nicht erst so weit komme.

Also gebe ich direkt nach und schmiege mich zufrieden an seine Brust. Der Tag war dann tatsächlich auch recht ermüdend, vor allem diese Vision. Mir geht also allmählich die Energie für rebellisches Verhalten aus.

„Ach, wer möchte denn da doch nicht auf seinem eigenen Platz sitzen?", neckt Vittorius mich voller Belustigung.

„Genau genommen ist dein Schoß auch mein eigener Platz", entgegne ich lachend.

Es schlägt unweigerlich sein Argument und darauf wird ihm sicher kein Konter einfallen.

„Dem vermag ich nichts entgegen zu bringen", sagt er schmunzelnd.

„Das ist mir bereits bewusst", meine ich vollkommen frech und schmiege mich nur noch mehr an seine Brust.

Anstatt meine Frechheit zu kommentieren legt er zufrieden seine Arme um meinen Körper und hält mich eine Weile.

Es ist wirklich bequem so und ich liebe es sehr, seine starken Arme um mich herum zu spüren.

„Yara, ich möchte noch die Einzelheiten der Folter wissen. Bitte beschreib mir, was genau die Beiden getan haben", hakt Vittorius schließlich nach.

Ein Nein ist keine Option. Aber ich weiß genau, dass er nur sichergehen und informiert sein will. Nicht, dass das am Ende noch wie bei Mattheo endet. Ich will es Vittorius auch nicht antun, völlig in meinem Wahn gefangen zu sein und betäubt werden zu müssen, weil sämtliches Zureden nicht hilft.

Also beginne ich ab dem Moment zu erzählen, wo ich in die Folterkammer eingetreten bin. Wie als würde ich die Handlung einer Fernsehserie beschreiben, berichte ich von Lucans und Sorins Handgriffen und wann sie welche Utensilien benutzt haben.

Ich merke deutlich, wie wahnsinnig entsetzt mein Gemahl davon ist. Ruhig löse ich mich von seiner Brust und richte mich etwas auf. Unsere Blicke kreuzen sich und das Entsetzen ist nicht weniger geworden.

„Es macht mir nichts. Bis eben habe ich nichtmal mehr daran gedacht. Wirklich, du brauchst dir keine Sorgen zu machen", versuche ich Vittorius zu beruhigend.

Nun spielt sich doch ein minimales Lächeln auf seinen Mundwinkeln ab.

„Ach Yara, genau deswegen mache ich mir doch Sorgen um dich. Du solltest wesentlich bedrückter reagieren, es ist absolut untypisch so emotionslos davon zu sprechen", klärt Vittorius mich auf und streichelt mir behutsam über meine Wange.

„Ich bin halt hart im nehmen, das kann doch nur von Vorteil sein", entgegne ich und halte seinem Blick stand.

„Das bewundere ich sehr, wirklich. Aber ich möchte auch sicher sein, dass sich das bei dir nicht im Unterbewusstsein sammelt und dich eines Tages völlig aus der Bahn wirft. Darum möchte ich immer im Bilde sein, wenn du schlimme Situationen siehst oder erlebst. Deine Reaktion kann ich nämlich genau beobachten und im Zweifelsfall kann ich mit Lucan noch sprechen. Seine Feinfühligkeit dahingehend ist stark ausgeprägt", erklärt Vittorius ruhig.

Einen Moment lang denke ich über seine Worte nach. Und er räumt mir die Zeit dafür ein.

„Weißt du, Mattheos Verhalten mit der Situation ist praktisch überreagiert, das ist natürlich stark besorgniserregend aber bei einem so offensichtlichen Problem können wir besser handeln. Bei einem möglichen versteckten Problem bemerken wir es im schlimmsten Fall erst, wenn es zu spät ist und durchbricht. Das bereitet mir die größte Sorge", betont Vittorius und ich sehe die Angst um mich tief in seinen Augen.

Vampirkind Yara IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt