32. Die nervöse Warterei

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Während der Fahrt erzählt Luke von ihrem vierstündigen Flug, der anscheinend überaus interessant war. Ein Mann, der ein paar Reihen vor ihnen saß, hat fast alle fünf Minuten den Rufknopf für die Flugbegleiter gedrückt.

Entweder wollte er absurde Dinge bestellen – ein Daunenkissen oder auch das neueste Buch von Dan Brown. Beides war – aus für den Mann vollkommen unerfindlichen Gründen – nicht vorrätig.

Oder er stellte merkwürdige Fragen: Ob ein plötzliches Auftauchen eines großen Vogelschwarms unsere Landezeit verzögern kann und warum man die Vögel nicht einfach abschießen würde. Es stellte sich heraus, dass Passagierflugzeuge über keinerlei Abschussmöglichkeiten verfügen, nicht einmal für störendere Vogelschwärme.

Eve tippte die ganze Zeit wild Notizen dazu auf ihrem Tablet und weinte fast vor Lachen, als die Flugbegleiterinnen im hinteren Bereich Schere-Stein-Papier spielten, um auszulosen, wer ihn als Nächstes betreuen müsste.

„Ich freu mich jetzt schon, das in deiner Kolumne zu lesen", sagt der große Mann lachend und stupst meine Ex-Frau mit seinem starken Arm an, während er interessiert nach draußen sieht.

Ich tippe Valentino unauffällig an und bedeute ihm, dass wir an der nächsten Ampel links abbiegen müssen.

In weiser Voraussicht habe ich mir den Weg vom Flughafen zu dem Hotel, das die beiden gebucht haben, gemerkt, denn auch wenn meine Erfahrungen mit Valentinos Fahrten bisher immer zu meinem Vorteil waren, möchte ich heute lieber kein Risiko eingehen.

Und ja, vielleicht habe ich auch schon ein Navigationsgerät bestellt, das ich Valentino nächsten Monat zu seinem Geburtstag schenken möchte.

Wenig später erreichen wir das Hotel und mir ist nicht entgangen, dass Eve die gesamte Fahrt über nicht ein Wort gesagt hat.

„Wir warten hier auf euch", verkünde ich betont fröhlich, nachdem Valentino Luke den Koffer gereicht hat. „Lasst euch ruhig Zeit." Mit einem Lächeln, das sich schon fast schmerzhaft anfühlt, sehe ich meiner Ex-Frau und ihrem Freund nach, bis sie im Inneren des Gebäudes verschwunden sind.

Erst jetzt entspanne ich meine Gesichtsmuskeln und lege erschöpft den Kopf in den Nacken. „Fuck, hast du vielleicht eine Zigarette für mich?"

Valentino lehnt neben mir mit dem Rücken am Taxi und runzelt die Stirn. „Du rauchst gar nicht, Adam."

Ich seufze. „Ich weiß. Aber gerade wünschte ich, ich täte es."

Seine Hand legt sich auf meine Hüfte und er beugt sich mit einem Lächeln vor, damit ich ihn ansehe. „Ich denke, Eve wäre sehr böse, wenn sie kommt und dich sieht mit eine Zigarette."

Schnaubend rolle ich mit den Augen. „Und wo wäre da der Unterschied? Sie ist doch sowieso schon sauer!"

Augenblicklich bereue ich meinen Ausbruch, denn Valentino ist der Letzte, der das verdient hat.

Verzweifelt ziehe ich ihn an mich und lege meine Stirn auf seiner Schulter ab. „Sie hasst mich jetzt", flüstere ich. „Können wir einfach ins Auto steigen und verschwinden?"

Er legt seine Hände an meine Wangen und zieht meinen Kopf nach oben. „Spinnst du, Adam? Sie hasst dich nicht! Sie war nur ... still."

„Das bedeutet nichts Gutes."

Er seufzt und streichelt sanft durch meine Haare. „Lass ihr ein bisschen Zeit, bellissimo. Sie muss denken."

Wieder lege ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab und schmiege mich an ihn. „Ich weiß nicht, ob ich dabei sein will, wenn sie fertig gedacht hat", nuschle ich in den Stoff seines Hemds.

„Ich denke, diese Luke ist eine gute Mann", erwidert Valentino. „Er wird ihr helfen mit denken. Sie ist deine famiglia, Adam. Sie wird verstehen."

Ich schließe meine Augen und atme tief durch.

Ich wünschte, dieser Teil des Abends wäre schon vorbei. Ich wünschte, ich könnte die Uhr nach vorn drehen zu dem Teil, der mich ebenso nervös macht wie der Besuch von Eve und Luke.

Valentino und ich sind nun seit drei Wochen zusammen und wir haben uns an die „Kennenlernen und langsam machen"-Vereinbarung gehalten.

Wir haben gemeinsam gekocht und waren essen – einmal in einem asiatischen Restaurant, wo es uns gar nicht geschmeckt hat und wir letztlich bei Anthony gelandet sind. Wir waren spazieren – in weitaus hübscheren Parks als meinem – und sogar im Kino und Zoo.

Ich bin über beide Ohren verliebt in Valentino Fiore und allmählich treibt mich dieser „Langsam"-Part in den Wahnsinn. Jedes unserer Treffen endet in einer wilden Knutscherei, fast immer sitzt einer auf dem Schoß des anderen und ich bin jedes Mal überrascht, dass meine Klamotten keine Brandflecken haben, so sehr brennt dieses Feuer in mir.

Vorgestern hat er mich mit dem Taxi auf dem Collegecampus besucht und wir haben meine Mittagspause zusammen verbracht. Es endete damit, dass wir – wieder einmal – auf dem Beifahrersitz saßen, Valentino auf meinem Schoß. Wir küssten uns so leidenschaftlich, dass ich meinte, Blut zu schmecken. Seine Hände unter meinem Shirt hinterließen diese brennenden Spuren auf meiner Haut und als ich mutig meine Hände auf seinen Po legte, ihn an mich drückte und seine Härte durch den Stoff spürte, kam ich allen Ernstes – wieder einmal – viel zu schnell in meiner Hose.

Dass Valentino doch tatsächlich eine frische Boxershorts im Kofferraum hatte, die er mir anschließend holte, überraschte mich nur ein bisschen.

„Die war eigentlich für mich", erklärte er mit roten Wangen, als ich mich umständlich im beengten Innenraum des Taxis umzog und er währenddessen Ausschau hielt, dass niemand vorbeikam.

Ich habe keine Lust mehr auf diese Warterei und darum ist mein Plan für heute, nachdem wir mit Eve und Luke essen waren, dass Valentino die Nacht bei mir verbringt und wir es endlich tun.

Zwar habe ich keine Ahnung, was ich dabei zu beachten habe und wie das Ganze vonstattengehen wird, aber ich vertraue Valentino und dass er mir zeigen wird, was zu tun ist. Falls er überhaupt will.

Je mehr ich darüber nachdenke, umso nervöser werde ich und dass Eve über meine Homosexualität offensichtlich nicht erfreut ist, rückt für mich gänzlich in den Hintergrund.

„Hey", macht Valentino liebevoll und streichelt über meine Wange. „Mach dir nicht so viele Sorge, Adam."

Ich hebe meinen Kopf und sehe direkt in seine hübschen, braunen Augen. „Bist du eigentlich lieber oben oder unten?", platze ich heraus.

Er schnappt überrascht nach Luft und setzt zu einer Antwort an.

Genau in diesem Moment kommt Luke aus dem Eingang des Hotels auf uns zu und bleibt vor uns stehen.

„Wo ist Eve?", will ich wissen und blicke mich suchend um.

„Sie wollte gern kurz mit dir allein sprechen, Adam", verkündet er. „Geh ruhig rein, sie wartet in der Lobby."

Ich schlucke und lächle Valentino hilflos an, als dieser meine Hand einmal fest drückt. Mit klopfendem Herzen und weichen Knien setze ich mich in Bewegung und gehe zum Hoteleingang.

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