14. Der süße Aperitivo und die Antipasti

1.3K 275 76
                                    

Natürlich bekomme ich keine Pizza Hawaii.

Zunächst lasse ich das Thema gut sein und bitte Valentino, einfach etwas für mich auszusuchen.

Er geht also zu Anthony hinter den Tresen, gestikuliert wild mit den Händen, als er ihm offenbar erzählt, was er mir zu essen machen soll, und kommt wenig später mit zwei Gläsern zurück, die mit einem orangefarbenen Getränk gefüllt sind.

„Was ist das?", frage ich, als ich das mir angebotene Glas entgegennehme und vorsichtig daran schnüffle.

„Aperitivo", erklärt Valentino und stößt sein Glas gegen meines, während er mir auffallend tief in die Augen sieht.

Zögerlich nippe ich an dem eiskalten Getränk und bin ganz überrascht, wie frisch es schmeckt. „Hmm", mache ich. „Lecker."

„Gut, eh?" Er trinkt selbst und stellt das Glas anschließend auf dem Tisch ab. „Also, was ist mit diesem Assasino?"

Ich rolle mit den Augen und winke ab. „Es ist nur ein dummer Witz."

Valentino stützt sein Kinn auf seiner Hand ab und lächelt mich an. „Ich mag Witze. Lachen ist immer gut."

Ungläubig schüttle ich den Kopf. „Aber ... es ist total albern!"

„Gut!", ruft er und betrachtet mich erwartungsvoll.

Ich seufze und trinke einen weiteren Schluck von dem schmackhaften Cocktail. „Eve, meine Frau ... nein, Ex-Frau ... hat irgendwann einmal gelesen, dass Menschen, die Ananas auf Pizza essen, aggressiver sind. Und darum sagt sie immer, ich wäre ein heimlicher ... wie nennst du es? Asasino?"

Er nickt und grinst. „Assasino."

„Assasino", wiederhole ich langsam. „Mit einer Axt." Wieder mache ich diese hackende Bewegung am Tisch.

„Warum Axt?" Seine Augenbrauen sind zusammengezogen.

Ich zucke mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung", erwidere ich lachend. „Vielleicht weil es besonders wehtut?"

Valentino lacht ebenfalls. „Das kann sein." Auch er nippt erneut an seinem Getränk und ich reiße erschrocken die Augen auf.

„Moment ... wenn du auch trinkst, dann ..." Ich blicke mich panisch um. „Wie komme ich nach Hause?"

Er macht eine abwehrende Bewegung mit den Händen. „Oh! No, no, no, Adam. Ich trinke ohne Alkohol."

Erleichtert atme ich auf und greife nach meinem Glas, um es in einem Zug zu leeren.

Warum ist das so schnell leer?

Plötzlich steht Anthony neben unserem Tisch und platziert zwei leere Teller vor uns und einen großen, mit allerlei Antipasti gefüllten in der Mitte.

Da sind gefüllte Oliven, frittierte Auberginen, Parmaschinken und lauter andere Leckereien. Ein winziger Korb mit duftendem Brot rundet das Ganze ab und mir läuft buchstäblich das Wasser im Mund zusammen.

Ehe ich mich wehren kann, hat Anthony mein leeres Glas gegriffen und verschwindet wieder.

Valentino deutet mit seinen Händen auf den Teller. „Iss, iss!" Er hält mir den Korb mit dem Brot hin und ich nehme mir eine der Scheiben, um herzhaft hineinzubeißen.

„Warum ist sie Ex-Frau?", erkundigt er sich aus heiterem Himmel und ich bemühe mich, schnell zu kauen und zu schlucken.

Währenddessen stellt der blonde Barbesitzer mir ein frisch gefülltes Glas mit dem leckeren Getränk vor die Nase und wünscht uns einen guten Appetit.

„Lange Geschichte", nuschle ich mit halbvollem Mund.

„Ich mag lange Geschichten", gibt Valentino zurück und steckt sich grinsend eine der Oliven in den Mund.

Ich überlege, an welcher Stelle ich anfange, während ich einen weiteren Schluck trinke. „Wir waren schon auf der Highschool zusammen und haben dann eben geheiratet."

„Warum?"

Verdutzt glotze ich ihn an.

Was ist das denn für eine Frage?

„Äh ... keine Ahnung, es war einfach der nächste Schritt", gebe ich zurück und schnappe mir einen gefüllten Pilz.

„Und jetzt war Scheidung die nächste Schritt?"

Wow, ich glaube, ich bin noch nie jemandem begegnet, der so direkt ist.

Ich räuspere mich und nehme einen weiteren Schluck. „Wir ... hm ... wir mögen uns immer noch, aber irgendwie war es so ... wie eine Wohngemeinschaft mit uns."

„Ah!", macht er verständnisvoll. „Kein Feuer."

Zustimmend nicke ich mit dem Kopf. So habe ich es noch nie gesehen, aber er hat vollkommen recht. Wenn ich es mir so überlege, weiß ich gar nicht, wie sich dieses Feuer wohl anfühlt. Bei Eve und mir war es immer sehr ... unfeurig.

Ich stopfe mir noch ein Stück Brot in den Mund und kaue genussvoll, so gut schmeckt es.

„Was ist mit dir?", nuschle ich mit vollem Mund.

Mist, ich hätte die Frage vor dem Reinstopfen stellen sollen.

Seine dunklen Augen funkeln mich amüsiert an. „Ich mag Feuer."

„Oh, das glaube ich." Entsetzt reiße ich die Augen auf.

Habe ich das gerade laut gesagt?

Valentino lacht und zwinkert mir zu, ehe er aufsteht und mein schon wieder leeres Glas zu Anthony hinter den Tresen bringt.

Warum kann er sich so aufführen, als würde er hier arbeiten?

Wenig später habe ich ein weiteres Glas vor mir, dieses Mal ist es allerdings mit Rotwein gefüllt, wie ich annehme.

„Das war Aperitivo, aber zum Essen gibt es Vino", erklärt er und hält ein eigenes Glas hoch. „Kein Alkohol."

Ich nicke lächelnd und schnuppere an dem Weinglas.

In meinem Kopf dreht es sich schon etwas und meine Gelenke fühlen sich so lustig weich an, was darauf schließen lässt, dass die beiden Aperitifs bereits ihre Wirkung entfalten.

„Warum kannst du dich einfach so hier bedienen?", erkundige ich mich neugierig und nippe an meinem Glas.

Der Wein schmeckt herb und fruchtig zugleich und ich ermahne mich innerlich, nicht zu schnell zu trinken.

„Oh, Antonio ist Ex-Mann", gibt Valentino lässig zurück und ich verschlucke mich beinahe an dem Wein in meinem Mund.

Er lacht laut auf, als er mein verdattertes Gesicht sieht und tippt sich an die Stirn, als ihm aufzufallen scheint, dass er nicht das richtige Wort benutzt hat. „Nein ... nein ... Ex-Freund. Keine Ringe."

Okay, das ist nur ein bisschen weniger schockierend, aber trotzdem lache ich unbeholfen, während ich mich umdrehe und einen Blick auf den attraktiven Donnergott hinter dem Tresen werfe.

Oh Hilfe, diese beiden zusammen ...

„Warum ... warum Ex?", frage ich neugierig und schiebe unauffällig das Weinglas etwas von mir, um nicht noch mehr zu trinken.

Ich sollte dringend eine Pause machen, sonst bin ich gleich hoffnungslos betrunken.

„Kein Feuer", erwidert er schulterzuckend und greift nach unseren Tellern. „Fertig für Hauptgang?"

„Hauptgang?", frage ich dümmlich und glotze ihm hinterher, als er das Geschirr ganz selbstverständlich zu Anthony hinter den Tresen bringt.

Kein Feuer. Bei den beiden.

Ungläubig schüttle ich den Kopf.

Richtungswechsel | ✓Where stories live. Discover now