15. Die Reise durch die Weinberge oder nach Griechenland

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Wenig später habe ich eine Pizza Margherita vor mir, die so herrlich duftet, dass ich kurz erwäge, mein Gesicht in den geschmolzenen Käse zu drücken.

Valentino sitzt mir wieder grinsend gegenüber und deutet auf das teigige Gericht vor mir. „Pizza Margherita ist die Beste. Ist einfach und leicht und schmeckt alle Leute. Darf ich?"

Ich nicke aufgeregt und schiebe den Teller weiter in die Mitte unseres Tisches, damit er sich eines der vorgeschnitten Stücke nehmen kann.

Gebannt beobachte ich, wie er davon abbeißt und genussvoll die Augen schließt. „Hmm", macht er. „Fast wie von meiner Mamma."

„Wann warst du zuletzt in Italien?", frage ich und nehme mir ebenfalls eines der Dreiecke.

Das Drehen in meinem Kopf hat etwas nachgelassen, aber dennoch merke ich, dass ich angeschwipst bin.

„Letztes Jahr", antwortet Valentino nach etwas Überlegung. „Mit Antonio." Er grinst an mir vorbei zu seinem Ex-Freund und als ich mich umdrehe, winkt uns Anthony lächelnd zu.

„Und ... wer von euch hat Schluss gemacht?" Irgendwie kann ich immer noch nicht glauben, dass zwischen den beiden kein Feuer mehr da war, so wie sie miteinander umgehen.

Ich wünschte, Eve und ich wären jemals so miteinander umgegangen.

Valentino zuckt kauend mit den Schultern. „Wir beide. Wie bei dir und deine Frau."

Prustend schüttle ich den Kopf. „Nein, bei uns war das nie ..." Ich deute mit den Händen zwischen ihnen hin und her. „So. Ihr wärt das perfekte Paar."

Seine dunklen Augen blicken mich amüsiert an und sein Fuß streift meinen.

Huch! Ich sollte mit dem Wein aufhören, ich bilde mir schon Dinge ein.

„Nein, wir sind gute Freunde, aber kein gute Paar", erzählt er weiter. „Was ist mit dir, Adam? Suchst du eine neue Frau?"

Ich schüttle den Kopf und schlucke den Rest der Pizza in meinem Mund herunter. „Nein, ich ... ich bin nicht gemacht für Beziehungen, denke ich. Eve meinte, ich wäre wie ein Hund, aber nicht wie ein Partner. Lustig, dass sie und Luke sich jetzt einen Hund holen wollen." Ich lache. „Da kann ich wohl froh sein, dass sie mich nicht behalten haben."

Valentino mustert mich mit ernstem Gesicht und ich blicke mich suchend um.

Ist was passiert? So habe ich ihn noch nie gesehen.

„Was ... was ist?", frage ich verwirrt.

„Warum wie eine Hund?", will er wissen.

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Sie hat gesagt, was wir machen oder was ich machen soll und dann habe ich das gemacht. Ist das schlimm?"

Valentino runzelt die Stirn. „Was willst du machen, Adam?"

Beschämt blicke ich auf den Tisch, denn habe keine richtige Antwort auf seine Frage. „Was ich machen will? Keine Ahnung. Ich schätze, darum bin ich hier."

„Antonio!", ruft Valentino plötzlich laut. „Mehr Vino!"

•••

Ich bin betrunken. So richtig betrunken.

Die Pizza Margherita wurde von weiteren Gläsern Wein begleitet und als es zum Nachtisch Tiramisu und Amaretto gab, habe ich schon das erste Mal gelallt.

Valentino lacht noch mehr als sonst und ich bin nicht sicher, ob er auch getrunken hat oder ob mir alles nur so lustig vorkommt.

Auf jeden Fall fühle ich mich im Moment richtig wohl.

Mir ist warm, ich sitze an einem Tisch mit einem hübschen Italiener, der mir gerade mit Händen und Füßen von irgendwelchen Abenteuern, die er mit seinem Taxi erlebt hat, erzählt, und stelle mir vor, wie es wohl wäre, mit ihm gemeinsam durch italienische Weinberge zu fahren.

Wahrscheinlich würden wir versehentlich irgendwo in Griechenland ankommen, weil Valentino, wie er bereits zugegeben hat, keine besonders gute Orientierung hat, aber irgendwie wäre mir das egal.

Ihm ist es auch egal, denn auf diese Weise, so meint er, lernt man doch die schönsten Orte kennen.

Inzwischen sind wir die letzten Gäste in Anthonys Weinbar und Valentinos atemberaubender Ex-Freund hat sich mit einem Glas Weißwein in der Hand zu uns an den Tisch gesetzt. „Und, Adam? Hat Valentino dir schon den Kopf verdreht mit seinem italienischen Charme?", will er grinsend von mir wissen.

Ich seufze und stütze meinen Kopf auf der Hand ab. „Hmm", mache ich und beobachte, wie der hübsche Taxifahrer lachend abwinkt.

„Aber Antonio", meckert er. „Adam ist gar nicht schwul."

Ich blinzle träge und seufze erneut.

Stimmt, das könnte also schwierig werden. Irgendwie habe ich mir darüber überhaupt noch keine Gedanken gemacht.

Anthonys hellblaue Augen mustern mich interessiert. „Ist das so? Hast du ihn gefragt?"

Weiß er wohl, dass ich hier sitze? Und nö, das hat mich noch nie jemand gefragt. Nicht mal ich selbst. Sollte ich das vielleicht mal machen? Aber es hat mich auch nie jemand gefragt, ob ich hetero bin. Und trotzdem habe ich Eve geheiratet.

Oje, ich bin noch verwirrter als vorher.

„Sei nicht albern, Antonio", kichert Valentino und zwinkert mir zu.

Ich liebe dieses Zwinkern. Das lässt ihn noch verschmitzter als sonst wirken. Warum findet Anthony das nicht mehr ... feurig? Ich finde es schon heiß.

Anthony beugt sich zu mir herüber und raunt in mein Ohr: „Du wärst auf jeden Fall ein viel besserer Fang als dieser Idiot Jeffrey, von dem er sich ständig wieder einlullen lässt."

Verwundert ziehe ich die Augenbrauen zusammen.

Valentino erhebt sich vom Stuhl und schüttelt wild den Kopf. „Lass das, Antonio", beschwert er sich. „Komm, Adam, wir bringen dich nach Hause. Du siehst sehr müde aus."

Thor ... ich meine Antonio ... nein ... Anthony ... steht ebenfalls auf und nimmt all unsere leeren Gläser in seine großen Hände. „Das ist eine gute Idee. Bring du den Adam mal ins Bett", kichert er und weicht einem halbherzigen Klaps von Valentino aus.

All die Geräusche dringen nur noch gedämpft zu mir vor. Wie aus der Ferne nehme ich wahr, dass es um mich geht, aber es ist eher wie ein Film, den ich betrachte.

Erst als Valentino sich neben mich hockt, meinen Arm um seine Schultern legt und mich hochzieht, verstehe ich, dass wir offenbar nach Hause fahren.

Wo auch immer zu Hause ist.

Valentino wird uns schon irgendwohin bringen, da bin ich mir sicher.

„Aber ich kann gar kein Griechisch", nuschle ich, als er mich auf den Beifahrersitz bugsiert und dann fallen mir die Augen zu.

Als ich sie wieder öffne, habe ich wieder meinen Arm um den hübschen Valentino gelegt und wir stehen vor einer Tür, die aussieht wie die von dem Motelzimmer, das ich in Texas hatte.

Gibt es in Griechenland auch solche Motels?

„Wo ist dein Schlüssel?", will Valentino von mir wissen und ich nehme wahr, wie gut er riecht und dass seine Hände meine Hose abtasten.

Das Gefühl ist ... feurig.

Ich reiße meine Augen auf und sehe den schönen Mann vor mir an.

Seine braunen Augen blicken in meine und auf einmal lege ich meine Hand an seine Wange, beuge mich vor und küsse ihn.

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