13. Die Bekanntschaft mit dem nordischen Donnergott

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Ich folge Valentino in einen winzigen Laden, bei dem es sich offensichtlich um eine Art Weinbar handelt.

Im Inneren des Raumes, dessen Wände mit Regalen voller Wein- und Spirituosenflaschen dekoriert sind, befinden sich etwa acht kleine, runde Holztische mit wackeligen Stühlen daran. Alle Tische sind mit Menschen besetzt und der Klang ihres Lachens und ihrer Unterhaltungen wird von südländischer Musik begleitet.

Im hinteren Teil der Bar befindet sich ein hölzerner Tresen, an dem ebenfalls Menschen stehen und sich unterhalten und dahinter winkt uns ein strohblonder Mann in unserem Alter zu, der mich im ersten Moment glauben lässt, der nordische Donnergott Thor würde uns dort begrüßen.

„Valentino, hey!", ruft er fröhlich, legt das Geschirrtuch, mit dem er gerade ein Glas poliert hat, zur Seite und kommt zu uns nach vorn.

„Antonio!", erwidert Valentino im gleichen begeisterten Ton und im nächsten Moment liegen die beiden sich in den Armen und klopfen sich gegenseitig auf den Rücken. Valentino nimmt sogar das Gesicht des Barmannes in die Hände und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. „Ciao! Wie geht es dir?"

„Gut, wie immer wenn der Laden voll ist", erwidert der Mann lachend und wendet sich mir zu. Seine Augen sind hellblau und mustern mich interessiert.

Ich hingegen starre die beiden an, die aussehen, als könnten sie gleich für ein Cover der Vanity Fair – oder wie auch immer Magazine heißen, auf denen gutaussehende Männer posieren – Modell stehen.

Valentino mit seinen dunklen, italienischen Augen und dem frechen Grinsen auf den Lippen, Antonio mit seinen blonden, gestylten Haaren und hellblauen Augen, dessen Bauchmuskeln fast schon besorgniserregend deutlich durch sein enges, weißes Shirt hervorstechen.

„Wer ist dein Freund, Valentino?", erkundigt er sich und hält mir seine starke Hand entgegen.

Ich greife sie und rechne schon mit einem baldigen Krankenhausaufenthalt, doch sein Händedruck ist entgegen meiner Erwartung angenehm fest und warm und kein bisschen schmerzhaft.

„Das ist meine Freund Adam", stellt Valentino mich vor und ich stutze kurz, als er nicht aufklärt, dass wir in Wahrheit gar keine Freunde sind, sondern nur beruflich miteinander zu tun haben.

Also ... er beruflich als Taxifahrer und ich eben als ... naja ...

„Hi Adam", wiederholt der blonde Donnergott lächelnd meinen Namen. „Ich bin Anthony. Valentino macht sich immer einen Spaß daraus, den Leuten italienische Namen zu geben, aber mir würde das vermutlich keiner abkaufen."

Ich räuspere mich und nicke zustimmend. „Das ... das stimmt wohl. Sie sehen eher ... skandinavisch aus."

Oh Gott, habe ich das gerade laut gesagt?

Anthony lacht herzlich laut auf und zwinkert mir zu. „Meine Großmutter war Schwedin, gut erkannt." Er wendet sich wieder Valentino zu und legt ihm ganz selbstverständlich die Hand auf die Hüfte. „Was darf ich euch beiden Gutes tun?"

Valentino strahlt mich an. „Ahhh, Adam ist sehr hungrig."

Anthony dreht mir seinen Kopf zu und hebt fragend die hellen Augenbrauen. „Ist das so?"

Ich zucke hilflos mit den Schultern. „Ja, ich habe heute noch nicht besonders viel gegessen. Aber ich sehe auch, dass es sehr voll ist und–"

Thor ... äh ... Anthony dreht sich zu einem der Tische hinter sich, an dem zwei Männer mit Weingläsern vor sich sitzen und stützt seine starken Arme auf dem Tisch ab. „Hey Jungs, ich muss euch leider jetzt schon verkuppeln, denn ich brauche den Tisch für meine beiden Freunde hier", murmelt er den verdutzt dreinschauenden Gästen zu.

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