xxxi) was du willst

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Die kurze Fahrt vom Schwimmbad zum Haus der Sharks über ist Cameron still.

Er hat mir, nachdem wir das Haifischbecken verlassen haben, die Autoschlüssel in die Hand gedrückt und sitzt stumm auf dem Beifahrersitz, während ich vor seinem Haus halte.

Ich stelle den Motor ab und drehe mich in meinem Sitz zu ihm um.
Er hat sich von mir abgewandt, den Kopf gegens Fenster gelehnt und blickt mit glasigen Augen in die Ferne.

Bei seinem Anblick bricht mein Herz ein kleines bisschen mehr.
Ich weiß, er möchte, dass ich mir keine Sorgen um ihn mache, aber ich bin mir sicher, dass dieser Tag heute einer der schlimmsten seines Lebens ist.

Es ist okay, wenn er Schwäche zeigt.

„Soll ich noch mit reinkommen?", frage ich, als Cam keine Anstalten macht, auszusteigen. „Oder möchtest du lieber alleine sein?"

Einzig und allein ein leichtes Kopfschütteln zeigt mir, dass er meine Worte zur Kenntnis genommen hat. Er starrt immer noch stur aus dem Fenster.

„Wozu nein? Zum Hierbleiben oder alleine sein?", versuche ich es erneut.

„Können wir ans Meer fahren?" Camerons Stimme ist ein Hauch, aber er wendet sich mir endlich zu. „Ich will weg von hier."
Er schenkt mir ein kleines Lächeln, was jedoch seine grünen Augen nicht erreicht.

„Du möchtest ans Meer?", wiederhole ich, ein wenig verwirrt. „Nach Los Angeles?"

Cam nickt. „Nur, wenn du möchtest, natürlich."

Ich ziehe überrascht eine Augenbraue hoch. An Cams Stelle hätte ich jetzt nur noch ins Bett gewollt, mit einer Flasche Rotwein und einer Endlosschleife Dirty Dancing.
Aber wenn er an den Strand möchte, bin ich dabei.

„Ich war lange nicht mehr am Meer", antworte ich schließlich langsam und begegne Cams Blick. Es kann nur Einbildung sein, aber ich meine, ein winziges Funkeln in seinen Augen zu sehen.

Ich schmunzele.
Das ist schon mal ein Anfang.

Da es Anfang Dezember ist und die Temperaturen für kalifornische Verhältnisse relativ kühl, ist der Santa Monica Pier ausnahmsweise einmal nicht überfüllt.
Vereinzelt picknicken ein paar Menschen am Strand oder schlendern über die Promenade, aber im Wasser ist niemand.

Wäre auch lebensmüde, denke ich, als mir die kühle Meeresluft die Haare aus dem Gesicht bläst.
Nur in Hoodie und Minikleid ist es ein bisschen frisch.
Wenigstens hab ich feste Schuhe angezogen, sonst wären meine Füße schon längst voller Sand.

Stumm gehen Cameron und ich am Strand entlang, während mein Blick immer wieder zu ihm schweift.

Er war die ganze Fahrt über relativ still, auch, wenn ich mein bestes gegeben habe, ihn mit One Direction-Liedern auf voller Lautstärke abzulenken.
Das hat mir zumindest ein Schmunzeln von ihm eingebracht.

Aber jetzt erscheint er wieder so in Gedanken versunken, dass nichts mehr an den grinsenden, fröhlichen Cameron, den ich sonst kenne, erinnert.
Er läuft, die Hände in den Hosentaschen vergraben, einige Meter neben mir und starrt stur auf den Sand unter seinen Füßen. Seine Stirn ist gerunzelt und sein Gesichtsausdruck macht dem stürmischen, dunklen Meer Konkurrenz.

Unwillkürlich rolle ich mit den Augen. Ich bin nicht mit ihm die halbe Stunde hierher gefahren, damit er vor sich hin schmollen kann.

Ey", meine ich leise und stupse Cameron in die Seite. „Der Sand kann nichts für deine Laune."

swimming lessonsWhere stories live. Discover now