xiii) kalifornische meisterschaften

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Es ist ungewohnt, das Haifischbecken wieder von der Tribüne aus als Zuschauer zu betreten, anstatt selbst unten im riesigen Becken zu schwimmen.

Beinahe die ganze Uni hat sich, wie erwartet, in der Schwimmhalle versammelt, um die Sharks bei den kalifornischen Meisterschaften dominieren zu sehen.

Und es ist imposant, wie viele Anhänger das Team hat.
Die Zuschauer auf den Tribünen sind eine rot-blaue Masse in Bozeman Sharks-Jerseys. Die anderen Schulen gehen in dem Meer aus Bozeman-Fans unter, die unsere Schwimmer lautstark anfeuern.

Es ist immer ein besonderes Ereignis, wenn Schwimmwettkämpfe im Haifischbecken ausgetragen werden. Ob man die Schwimmer nun mag oder nicht - es ist Kult, hierherzukommen und die Atmosphäre zu genießen.

Alex, Bea und ich sitzen zusammen mit Fanny, einer Freundin von Bea, direkt in der zweiten Reihe und sind hautnah am Geschehen dran. Sogar Theo lässt sich dieses Ereignis nicht entgehen und ist heute ausnahmsweise hier und nicht bei seiner Freundin.

Sonst hätte er auch wirklich etwas verpasst - die Show, die wir geboten bekommen, ist einfach spektakulär.
Die Sharks haben im Laufe des Vormittags schon neun Medaillen geholt, und es ist noch nicht einmal die Hälfte der Rennen rum.
Das Männerschwimmteam ist auf Rang 5 im NCAA-Ranking gesetzt, die Frauen auf Rang 11 -  dementsprechend ist es keine Überraschung, dass sie so dominieren.
Trotzdem ist es beeindruckend, zu sehen, dass sie mit Abstand das beste College-Team in Kalifornien sind.

Das nächste Rennen ist das 200 Meter-Freistil-Finale der Herren", dringt es aus den Lautsprechern, nachdem das Frauenrennen über diese Distanz (welches klar von Madison Kurowski dominiert wurde) zu Ende ist.

Auf Bahn 1: Niall McIntyre, UCLA. Auf Bahn 2: Harry Lawrence, Stanford. Auf Bahn 3: Luis Sanchez, University of San Francisco. Auf Bahn 4: Liam Giannini, UCLA. Auf Bahn 5: Cameron McCoy, Bozeman University-"

Sobald Cameron aufgerufen wird, eskaliert die Stimmung in der Halle komplett und die Bozeman-Fans jubeln so laut, dass die nächsten Namen gar nicht mehr zu hören sind. Ich lasse mich von der Menge mitreißen und schreie ebenso laut mit - die Atmosphäre ist einfach ansteckend.

Zwar sind mit Rhoda, Juan, Kyle und Madison Kurowski schon vier der anerkanntesten Schwimmer unserer Uni geschwommen, die auch ihren Anteil an Applaus bekommen haben, jedoch ist das nichts im Vergleich zu der Ekstase, die herrscht, als Cameron die Schwimmhalle betritt.
Er spielt einfach in einer unterschiedlichen Liga - zwar sind sie alle Sterne, aber Cameron befindet sich in einer ganz anderen Galaxie.

Als er unter Jubel ins Schwimmbad einläuft, ist keine Spur seines typischen Grinsens zu sehen. Stattdessen stellt er eine ernste Miene zur Schau und schenkt weder der tobenden Menge noch seinen Mitstreitern auch nur einen Blick.
Er geht geradewegs zu seiner Bahn, nimmt die Kopfhörer ab, die auf seiner Badekappe saßen und beginnt, sich aufzuwärmen.

Vollkommen fokussiert und in seinem Element.

Es ist jetzt schon klar, dass er der Mittelpunkt des Rennens ist.
Cameron strahlt so eine Autorität, so eine Siegessicherheit aus und wirkt den anderen um Meilen überlegen, obwohl seine Mitsreiter mindestens so trainiert aussehen, wie er.

Er hat einfach diese Ausstrahlung, die ihn von allen unterscheidet. Als hätte er noch nie verloren und wüsste, dass es auch nie passieren wird.

„McCoy! McCoy! McCoy!" Das Publikum schreit seinen Namen und ich muss mich davon abhalten, ebenfalls mitzukreischen.

In diesem Moment verstehe ich, warum Cameron von der Uni behandelt wird, wie ein Gott.

Ich sehe zum ersten Mal nur Cameron McCoy, den fünfzehnmaligen nationalen Meister und Rekordbrecher. Der Cameron, den ich in den letzten Wochen kennengelernt habe. Der Cameron, der mit mir wegen Zimtschnecken eine dumme Wette eingegangen ist, der immer nur am Grinsen zu sein scheint und immer eine neckende Antwort parat hat - von ihm ist keine Spur mehr zu sehen.
Das herausfordernde Funkeln in seinen Augen ist verschwunden und er ist ganz der Goldjunge, als der er von allen hier gesehen wird.

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