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So lange ich mich erinnern kann, ist Margot schon das Lieblingskind meiner Eltern

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So lange ich mich erinnern kann, ist Margot schon das Lieblingskind meiner Eltern.
In der Grundschule hat sie eine Klasse übersprungen, war in der High School Schulsprecherin und hat sowohl dort als auch in Yale ihren Abschluss mit Bestnoten bestanden.
Mit siebenundzwanzig hat sie bei NASA's Missionskontrolle angefangen und sich zum krönenden Abschluss dieses Jahr, mit zweiunddreißig, als Astronautin beworben.

Ihr Leben ist perfekt.

Dagegen wirke ich wie eine Versagerin.
Alle meine Abschlüsse habe ich gerade so bestanden, in der High School war ich lieber auf Partys als zu lernen und auch jetzt weiß ich nicht, was ich mit meinem Leben überhaupt anfangen soll.
Ganz zu schweigen, dass ich praktisch arbeitslos bin und keine Ahnung habe, wie ich für die nächsten Monate Miete bezahlen soll, ohne auf meine Eltern angewesen zu sein.

Also kein Wunder, dass sie sich für Margot entscheiden.
Schließlich tun sie es immer.

Trotzdem tut es weh.

Natürlich würde ich gerne Thanksgiving mit meiner Familie verbringen, anstatt alleine auf dem Campus in unserer winzigen Wohnung zu hocken.
Allein gelassen.

Ich vergrabe seufzend den Kopf in meinen Händen und lasse den Tränen freien Lauf.

Als letztes Jahr an Weihnachten alle Flüge aufgrund von Streiks abgesagt wurden, haben meine Eltern nicht angeboten, herzufahren, damit ich nicht alleine bin.
Stattdessen habe ich mit Alex den verdammten Bus nehmen müssen - acht Stunden lang.

Mir entweicht ein Schluchzen.
Anscheinend bin ich kein wichtiger Bestandteil der Familie.
Nicht so, wie Margot.

Wahrscheinlich sehe ich erbärmlich aus, wie ich auf dem Bordstein vor einem beschissenen Pub hocke und weine.
Vielleicht denkt ja jemand, ich wäre eine Alkoholleiche.
Würde zu dem Bild passen, das meine Eltern von mir haben.

Spöttisch lache ich auf.
Die Astronautin und die Alkoholikerin.
Passt doch perfekt.

Ich weiß nicht, wie lange ich so da sitze und weine.
Irgendwann höre ich leise Schritte, die sich mir nähern und schließlich neben mir stehen bleiben.

Ivy?" Camerons sanfte Stimme bringt mich dazu, augenblicklich im Erdboden versinken zu wollen.

„Geh weg", sage ich leise.
Er soll mich nicht so sehen. Sonst realisiert er am Ende noch, was für eine Versagerin ich tatsächlich bin.

Allerdings verschwindet Cam nicht. Stattdessen raschelt es leise und er setzt sich einen Augenblick später neben mich.

„Du musst dich nicht immer zu mir setzen, wenn ich auf 'nem Bordstein sitze", meine ich, ohne hochzuschauen, und spiele auf die Party bei Maureen an, wo er mich ebenfalls alleine draußen vorgefunden hat.

Cameron lacht leise auf, aber es hört sich eher gepresst als belustigt an.
„Was ist passiert, Ivy?", fragt er. Dabei hört sich seine Stimme so besorgt an, dass mein Herz sich zusammenzieht.

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