Kapitel 29

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If You Can't Hang

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Es war Samstag, der Vierundzwanzigste Januar. Heute Abend würde ich meine großen Idole live spielen sehen und sogar treffen! Ich konnte es kaum erwarten. Aber nicht nur wegen Jaime, Tony, Mike und Vic, nein, ich freute mich auch darauf, neue Erfahrungen machen zu können, ihnen Fragen stellen zu können und zu sehen, wie Profis sich live verhielten. Das musste ich nämlich noch für mich persönlich in Erfahrung bringen, auf mich anpassen und perfektionieren. Bei unserem gestrigen Konzert - es war nur klein gewesen mit sechs Liedern und dementsprechend wenig Publikum - war ich schon nicht mehr so unsicher gewesen, wie bei unserem ersten Konzert, aber ich musste immer noch lernen. Und da passte es perfekt, dass ich heute meine Lieblingsband treffen würde.

Gerade stand ich vor meinem Spiegel und überlegte, was ich mit meinen Haaren anstellen sollte. Sie waren heute besonders widerspänstig - schöne Scheiße. Ich begann, sie mit meiner Haarbürste zu zähmen. Das einzige, das perfekt war, war mein Outfit, welches schon seit Wochen feststand: eine schwarze Röhrenjeans und ein hellblaues, fast türkises, Top mit weitem Armausschnitt, welches ich mit meinen Stoffstiften selbst gestaltet hatte. Auf der Vorderseite des Tops stand oben 'Who needs a social life when you have bands?', darunter hatte ich das eingestürzte Haus und das daraus schwebende Mädchen vom 'Collide with the Sky' Cover gemalt und auf der Rückseite waren die Logos und Schriftzüge von ein paar Bands, die ich mochte. Ich liebte dieses Oberteil.

In den letzten Tagen hatte sich die Situation zwischen Ethan und mir etwas beruhigt. Immerhin ignorierte er mich nicht mehr. Er behandelte mich zwar nicht wirklich freundlich, aber normal und das ein oder andere Mal lächelte er sogar ein wenig. Und das war ja schonmal ein Anfang. Ich hoffte, dass wir bald wieder unsere freundschaftliche Stufe erreichen würden und, dass wir vielleicht noch darüber hinauskommen würden.

Ich war Ethan nicht böse. Seine Ignoranz tat mir zwar sehr weh, aber ich konnte ihn einfach viel zu gut verstehen und viel zu gut leiden, um ihm böse zu sein. Denn ich wusste, dass sich hinter der kalten Fassade ein super toller, lustiger, froher, freundlicher, wundervoller Mensch verbarg, den man nur aus der harten Schale herauskitzeln musste. Und genau das nahm ich mir vor: ihm irgendwie aus seiner Situation, die fast einem Teufelskreis glich, herauszuhelfen.

"Es wird so langsam Zeit, dass wir losfahren", meinte Jayden, der mit Ethan und Steven auf dem großen Sofa im Probenraum von Burst Into Flames saß.

"Das stimmt", bestätigte Steven mit einem Blick auf seine Armbanduhr. "Marc ist gleich da."

"Und wo bleibt Brianna?", fragte Ethan.

"Ich wette, sie kämpft noch mit ihren Haaren", vermutete Steven und hob belustigt die Augenbrauen.

Ethan grinste breit und in seine Wangen gruben sich seine Grübchen. "Bestimmt."

"Also gut, wer geht nach ihr schauen?", fragte Jayden in die Runde. "Geh du mal, Eth."

Aus Ethans Grinsen wurde ein leicht genervter Blick. "Wieso ich?"

"Weil du endlich mal freundlich zu ihr sein sollst, verdammt nochmal!" Jayden sah Ethan ernst an. "Es hat doch an Weihnachten und danach so gut zwischen euch funktioniert. Und jetzt gehst du bitte hoch und holst sie. Und sei NETT."

Ethan grummelte vor sich hin, erhob sich und verließ den Probenraum. Er stieg die Treppen nach oben, bis er vor Briannas Zimmertür stand, wo er ein paar Momente verweilte. Er dachte nach. Vielleicht hatten Jayden und Steven Recht. Vielleicht würde er wirklich nicht wieder verletzt werden, wenn er Brianna emotional an sich heranließ. Er mochte sie. In den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester hatte er sich so gut wie lange nicht mehr gefühlt. Er hatte sich so gut mit ihr verstanden. Vielleicht würde sie ihn nicht so hängen lassen, wie alle anderen Mädchen, die er je gemocht hatte.

Scream in the Dark (Musik/Romanze)Where stories live. Discover now