Kapitel 21

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Walls

♫♪♫♪♫

"Let it go, let it go, can't hold it back anymore. Let it go, let it go, turn my back and slam the door. And here I stand and here I'll stay", sang ich gerade gemeinsam mit Demi Lovato am Ende des Films. "Let it go, let it go. The cold never bothered me anyway. Standing frozen in the life I've chosen-"

Weiter konnte ich nicht singen, denn es legte sich nun eine Hand über meinen Mund. Eine weitere drückte meinen Kopf mit einem Kissen runter auf das Sofapolster. Ich quiekte.

"Hör auf zu singen, Brianna. Es klingt zwar wundervoll, aber du singst JEDES-VERDAMMTE-LIED mit!", meckerte Ethan - er klang aber eher belustigt, als genervt.

Ich kicherte hinter seiner Hand und summte die Melodie weiter. Daraus resultierte, dass Ethan mich noch weiter runter drückte und meine linke Wange nun ins Sofapolster quetschte. Ich zappelte und quiekte noch mehr, musste aber gleichzeitig lachen. Ich schlug und peitschte mit meinen Armen um mich herum, wie ein wild gewordenes Tier. Ethan lachte. Sein Lachen klang wundervoll! Aber genießen konnte ich es nicht, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich aus meiner misslichen Lage zu befreien. Und das alles, während Demi Lovato einen meiner Lieblingssoundtracks im Hintergrund sang!

Als ich nun das nächste mal meinen Arm mit meiner zu einer Faust geballten Hand in die Luft schleuderte und wieder runterfallen ließ, traf ich ganz aus Versehen direkt in Ethans empfindlichste Stelle. Er jaulte ganz kurz auf und ließ sofort von mir ab.

"Hoppla! Oh, verdammter Mist! Tut mir Leid, Eth!", plapperte ich schnell und setzte mich sofort auf.

Ethan hatte leicht das Gesicht verzogen und nickte mir nur entgegen.

"Geht's?", hakte ich vorsichtig nach.

"Ja...", meinte er. "Jaja, alles gut." Er lächelte kurz - zeigte dabei seine Grübchen! - und seine angespannten Gesichtsmuskeln entspannten sich. "Aber das war gar nicht nett von dir."

Ich starrte ihn unschuldig an. Dann fiel er über mich her und begann mich zu kitzeln. Und ich war super kitzelig! Ich schrie, lachte und kreischte, was Ethan nur dazu animierte, mich noch mehr zu kitzeln.

"Ethan!", beschwerte ich mich. "Lass das!" Aber ich musste nur noch mehr kichern.

Irgendwann schaffte ich es dann, mit meinen Händen Ethans Handgelenke festzuhalten und ihn zu stoppen. Das war der Moment, indem er seinen Blick hob und mir in die Augen sah. Er hatte sich über mich gebeugt, weil er mich so besser kitzeln konnte. Nun war er mit den Handgelenken auf meine Hände gestützt. Folglich war er mir gerade wirklich ziemlich nah. Und wir sahen uns fest in die Augen. Aber es war ein unsicherer, leicht erschrockener Blick. Von meiner Seite aus, sowie von seiner. Aber dann begann ich langsam und vorsichtig zu lächeln und versuchte somit, auch Ethan zum Lächeln zu bringen. Er sollte seine Mauern einreißen. Und dann begann auch Ethan langsam und vorsichtig zu lächeln. Ich liebte sein Lächeln. Es war wunderschön.

Und dann kam er mir ganz langsam näher. Er ließ seinen Oberkörper immer weiter herab sinken, sodass er irgendwann ganz sachte auf mir lag, sich aber immer noch mit den Armen abstützte. Mein Herz klopfte schnell und fest. Das letzte Mal, dass ich mit einem Kerl einen solchen Moment gehabt hatte, war fast drei Jahre her. Und die Erfahrung von damals war obendrein noch meine einzige. Aber Ethans fester Blick in meine Augen gab mir Sicherheit. Seine tiefbraunen Augen glitzerten und strahlten eine unglaubliche Ruhe aus.

Meine Augen huschten nun auch über den Rest seines Gesichtes. Seine Haut war leicht bräunlich angehaucht - die Reste des Sommers, wie ich es schon einmal festgestellt hatte - und makellos. Seine dunklen Wimpern verliehen seinem Blick etwas leicht verschmitztes und seine Grübchen, die entstanden, wenn er lächelte, gruben sich in seine Wangen und machten ihn somit noch süßer und sympathischer. Seine braunen Haare lagen wirr auf seinem Kopf und kräuselten sich in den Längen schon wieder ein wenig. Ethan war unheimlich schön.

Als er sich nun auch mit seinem Kopf dem meinen annäherte, klingelte - ganz klischee-mäßig - laut und schrill ein Handy. Wir rissen beide die Augen auf, stezen uns auf und fuhren erschrocken und peinlich berührt auseinander. Ethan brauchte eine Weile, bis er feststellte, dass es sein Handy war, das klingelte. Er fischte es vom Wohnzimmertisch und meldete sich mit einem heiseren 'Hallo?'.

Ich beobachtete ihn. Mir schwirrten tausend Fragen durch den Kopf. Was hatte er gerade getan? Was hätten wir da gerade FAST getan? Wie wäre es weitergegangen, wenn sein Handy nicht geklingelt hätte? Und vor allem WIE WEIT wäre es gegangen? Hätte er mich wirklich geküsst? Ich wusste es nicht.

Als Ethan dann auflegte, räusperte er sich. "Ähm... Brianna?", begann er. "Jay bleibt über Nacht bei seiner neuen Flamme. Er kommt morgen oder übermorgen."

"Oh", machte ich und wurde nervös. "Das ist ja... interessant. Schön für ihn." Ich lächelte und hoffte, ich konnte so meine Nervosität überspielen.

Das hieß also, dass ich noch länger mit Ethan allein sein würde. Ich wusste nicht, wie ich das finden solle. Auf der einen Seite fand ich es super, denn ich mochte es, mit ihm allein zu sein. Ich mochte ihn. Er war großartig. Aber auf der anderen Seite hatte ich auch irgendwie Angst. Wir waren uns gerade so nah gekommen, dass jetzt bestimmt peinliches Schweigen herrschen würde. Falls wir uns aber doch wieder näher kommen sollten, hatte ich Angst, dass ich nicht mehr wissen könnte, wie so etwas wie küssen ging. Schließlich war es Ewigkeiten her, dass ich das letzte Mal jemanden geküsst hatte.

Ich war gerade in einem ziemlichen Zwiespalt und überlegte, wie ich jetzt wohl ein Gespräch anfangen könnte, ohne die Situation noch unangenehmer zu machen. Ich biss mir auf die Unterlippe und schielte zu Ethan herüber. Er beäugte unbeholfen die bunten Tattoos auf seinem linken Arm und fuhr eine ihrer Linien mit dem rechten Zeigefinger nach. Ich schluckte.

"Nun... Eth...", begann ich und ließ ihn sofort aufsehen,"hast du Lust, vielleicht... noch einen Film zu sehen?"

"Ähm... klar...", antwortete er, stand auf und ging herüber zum DVD-Regal. "Was willst du denn gucken?"

"Irgendwas witziges mit Action", meinte ich und tunkte einen Cracker in unseren Dip.

"Witzig mit Action...", wiederholte Ethan murmelnd und durchstöberte das Regal. "Wie wäre es mit Pirates of the Caribbean?"

"Das klingt gut", antwortete ich, lächelte und freute mich schon jetzt auf Captain Barbossa und Johnny Depp als Jack Sparrow - Piraten waren cool.

Ethan holte Frozen aus dem DVD-Player heraus und schob stattdessen Pirates of the Caribbean herein. Dann gesellte er sich wieder zu mir aufs Sofa, drückte auf der Fernbedienung den Play-Knopf, schob sich einen Cracker in den Mund und lehnte sich nach hinten an die Lehne. Ich saß neben ihm und überlegte, was wohl passieren würde, wenn ich näher an ihn heranrücken würde.

Ich beobachtete Ethan aus dem Augenwinkel. Er knabberte ein paar Cracker und sah auf den leuchtenden Bildschirm des Fernsehers. Ich wusste nicht, was los mit mir war, aber als er dann seinen Kopf zu mir drehte und mich ansah, setzte mein Herz für einen Moment aus, nur um daraufhin fast doppelt so schnell weiterzuschlagen. Ich sah blitzschnell wieder in Richtung des Fernsehers - was aber nicht lange anhielt. Schon wanderte mein Blick nach unten. Meine Hand lag ganz in der Nähe von seiner und ich dachte darüber nach, was wohl geschehen würde, wenn ich sie berührte. Aber ich traute mich nicht.

"Ist alles in Ordnung, Brianna?", fragte Ethan, sah mich an und lächelte.

Sein Lächeln löste in mir eine wohlige innere Wärme aus. Ich spürte, wie er mir direkt Sicherheit gab und mich glücklich machte. Es war faszinierend.

"Alles super", bestätigte ich. "Es ist bloß etwas kalt hier..." Ich lächelte, entfaltete die Decke, die neben mir lag, rückte nun ganz an ihn heran, legte die Decke über ihn und mich und sah wieder zum Fernseher.

Ich spürte, wie Ethan ganz langsam seinen Arm anhob und ihn vorsichtig um mich legte. Daraufhin zog er mich ganz sanft und kaum merklich noch mehr an sich. Ich lehnte mich gegen ihn und musste lächeln, als ich seinen schnellen Herzschlag pochen hörte - oder bildete ich mir das nur ein? Ich horchte in mich hinein und konzentrierte mich auf die Berührung seiner Hand an meiner Taille. Es war kaum merklich, aber einer seiner Finger zeichnete Kreise über den Stoff meines Shirts. Ich fand es unglaublich schön und fühlte mich gleich noch wohler bei ihm - unbeschreiblich wohl. Verliebte ich mich etwa in Ethan?

Scream in the Dark (Musik/Romanze)Where stories live. Discover now