Die Beerdigung / Kapitel 88

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Der Tag der letzten Prüfung hatte mir einiges abverlangt. Kein Wunder, dass ich nach meinen etlichen Trauer- und Wutausbrüchen, vollkommen erschöpft im Krankenflügel landete und weder wusste wo ich war, noch warum. Keiner traute sich, mich auf Cedric anzusprechen und so blieb es die meiste Zeit still wenn meine Freunde mich besuchten. Sogar Fred ließ sich blicken, doch ich konnte nicht mit ihm sprechen, mein Herz hätte zwar nichts lieber gewollt, aber mein Kopf verbot es mir. Dein Freund ist tot und alles was du machst, ist mit deinem besten Freund zu flirten, mit dem du deinen festen Freund betrogen hast, bevor er für immer von dir gegangen ist! Immer und immer wieder wiederholten sich diese Worte in meinem Kopf, bis ich selber anfing sie zu glauben. Ich war ein ekelhafter Mensch. Weder Fred, noch Cedric hatten so etwas wie mich verdient. Wäre Cedric nicht so wütend gewesen, wäre vielleicht all das nicht passiert. Und das ist alles deine Schuld. Zeterte die fiese Stimme erneut und ließ mich damit beinahe verrückt werden.
Ich weiß nicht genau wie ich die kommenden Tage aushielt, doch ich ertrug sie, irgendwie, wie in Watte gepackt. Alles wirkte monoton, fast robotermäßig und ich glaubte schon wieder, ich sei einigermaßen zur Normalität zurückgekehrt. Doch wie so oft, machte mir mein Leben einen Strich durch die Rechnung, als ich an einem Freitagmorgen in Dumbledores Büro bestellt wurde.
Missmutig klopfte ich an und wurde sogleich hereingebeten, erstarrte jedoch in der nächsten Minute als ich Cedrics Eltern neben dem Schulleiter stehen sah. Es brach mir fast das Herz sie so abgemagert und schlecht zu sehen. Leise schritt ich auf die beiden zu, umarmte erst Amos, dann Ceds Mutter, in deren Augen Tränen glitzerten. "Schön dich mal wieder zu sehen.", flüsterte sie und strich mir über die Wange. Ich nickte leicht und drückte ihre Hand. "Warum sind wir hier?", stellte ich die Frage in den Raum, kannte aber bereits die Antwort. Es ging um Cedric Beerdigung. "Setz dich erstmal." Dumbledore deutete auf den Sessel vor seinen Schreibtisch und bot den Eltern sein Sofa an. "Ich weiß, dass die letzten Tage sehr schwer für dich waren, doch wir müssen über die Beerdigung deines Freundes sprechen. Cedrics Eltern würden dich gerne dabei haben und haben mich gebeten dich die letzten Tage des Jahres freizustellen, damit du in Ruhe mit ihnen trauern kannst.", er tätschelte mir tröstend die Schulter. "Natürlich nur, wenn du das so möchtest.", schob er hinterher. Mein Blick fiel auf Amos und Agneta, die mich beide hoffnungsvoll anschauten. Nichts lieber als, nur weg von hier, diesem Ort voller schrecklicher Erinnerungen, war mein erster Gedanke, bevor ich schließlich mit dem Kopf nickte. "Danke Professor...", mehr bekam ich nicht heraus. Weiterhin erfuhr ich, dass Harry ebenfalls dabei sein würde. Das würde auch für ihn, sicherlich sehr schwer werden.
Nachdem Dumbledore uns zur Tür gebracht hatte, stand ich mit Amos und Agneta, etwas unschlüssig auf dem Gang. "Es bedeutet uns sehr viel, dass du mit dabei bist. Harry natürlich auch.", stieß Amos leise hervor. "Ich möchte mich genau wie ihr, richtig von ihm verabschieden.", antwortete ich und kämpfte erneut mit den Tränen die ihren Weg fanden und mir über die Wangen rannten. Agnete schluckte schwer und strich sie mir beiseite. "Wir sehen uns am Samstag. Dumbledore wird euch zu uns bringen. Bis morgen Lou." Beide wanken mir noch einmal zu, bis sie in den Korridoren verschwanden.
Als hätte der Tag nicht schlimmer enden können, veranlasste Dumbledore noch eine Gedenkstunde an Cedric, bei der sich alle Schüler in der großen Halle versammelten. Es gab keine Häuser- oder Schulentrennung. Jeder saß dort und neben wem er mochte. Ein kleines Lächeln, stahl sich auf meine Lippen als ich die unterschiedlichsten Gruppierungen betrachtete, wenn dieses Turnier wenigstens etwas gutes getan hatte, dann das Freundschaften entstanden waren, die womöglich bis in die Ewigkeit hinein halten würden.
Gemeinsam mit Harry, Ron, Hermine und Ginny suchte ich mir einen Platz neben ein paar Durmstrangs und Beauxbatons, die uns freundlich und traurig zugleich anlächelten.
Das Stimmengewirr, dass soeben noch die große Halle erfasst hatte, verstummte augenblicklich, als Dumbledore den Saal betrat. Er hievte sich auf seinen Sessel und schwieg erst einige Zeit. Sicherlich musste auch er erstmal nach den richtigen Worten suchen. Wie wollte er Cedrics Tod erklären? Das Ministerium würde ihm niemals erlauben zu verbreiten, dass Voldemord zurück war.
"Heute beklagen wir...einen fürchterlichen Verlust.", begann er nachdem er sich selbst fassen musste. "Cedric Diggory war, wie ihr wisst, ein überaus engagierter Schüler, ein unendlich aufrichtiger Mensch und was noch viel wichtiger ist: ein wahrer, wahrer Freund." Wie recht er doch hatte. Er war aufrichtig und ein wahrer Freund und doch, hatte ich ihn so verletzt. Eine Träne rollte mir die Wange hinunter und tropfte auf meine Robe. "Ich finde deshalb habt ihr das Recht genau zu erfahren wie er gestorben ist.", fuhr er fort und stand auf. Innerlich sträubte ich mich dagegen es ausgesprochen zu hören, wieso er gestorben war. Auch Harry begann zu zittern und hörte erst damit auf, als ich nach seiner Hand griff. "Nun, Cedric Diggory wurde ermordet! Von Lord Voldemord." Ich senkte den Kopf und verbarg meine Tränen. Ein Raunen ging durch die Halle, doch Dumbledore sprach ungehindert weiter. "Das Zaubereiministerium wünscht nicht, das sich euch das erzähle, aber es zu verschweigen wäre eine Beleidigung seines Andenkens. Der Schmerz den wir alle über diesen Verlust empfinden, erinnert mich, erinnert uns daran, das obgleich wir von verschiedenen Orten kommen und verschiedene Sprachen sprechen, unsere Herzen gemeinsam schlagen. Im Licht der jüngsten Ereignisse sind die Bande der Freundschaft, die wir hier geknüpft haben, wichtiger denn je. Beherzigt das." Mein Blick fiel auf Fred, der still und mit gesenktem Kopf neben seinem Zwilling saß. Als sein Blick mir begegnete, wendete ich mich schnell ab. "Und Cedric Diggory wird nicht vergeblich gestorben sein! Beherzigt das! Und wir feiern einen Jungen, der ehrlich war, freundlich sowie tapfer und vor allem treu bis zum Ende." Diese Worte trafen mich besonders und schwirrten mir auch am nächsten Tag, dem Tag seiner Beerdigung, immer noch im Kopf herum. Dumbledore war mit mir und Harry bereits am Vormittag zum Haus der Diggorys appariert, damit wir in Ruhe Zeit hatten und seelisch auf das Ganze vorzubereiten.
Gerade richtete ich Harrys schwarze Krawatte, als ein lauter Knall in der Küche ertönte. Ich tauchte einen Blick mit Harry und stürmte sofort mit ihm in die Küche, wo bereits die Diggorys waren und ebenfalls staunten. Die Weasleys, samt Hermine, standen in der Küche. "Was dachtest du Amos? Dass wir dich und Agneta an diesem schweren Tag alleine lassen?", sprach Arthur und ging auf seinen Kollegen zu. Agneta, für die der Tag sowieso schon emotional genug war, brach vor Rührung in Tränen aus und wurde von Molly gedrückt. Danach war ich an der Reihe. "Schön dich zu sehen Liebes!", flüsterte Molly und drückte mich noch einmal fest an sich. Sogar Percy und die Zwillinge waren mitgekommen, was nicht gerade zu meiner Beruhigung beitrug. Es fühlte sich seltsam an, dass Fred hier war, obwohl sich die beiden nie gut verstanden hatten, hatte er den Respekt und erwies Cedric die letzte Ehre. Das erfüllte mich mit Stolz...
Als ich jedoch wenig später vor Cedrics Sarg stand, in dem er mehr als friedlich da lag und so aus sah, als würde er schlafen, waren jegliche guten Gefühle verschwunden. Ein Kloß saß mir im Hals. Tränen sammelten sich in meinen Augen und griff angsterfüllt nach Agnetas Hand, die sich fest mit meiner verschloss. Wie schlimm musste es nur sein, seinen eigenen Sohn zu verlieren? Ich wollte es nicht wissen, doch ich konnte ihren Schmerz fühlen. Tief in mir, empfand ich dasselbe und der Schmerz hörte einfach nicht auf.
Ich ertrug die Beerdigung, versuchte nicht all zu sehr auf die traurige Musik zu hören und konzentrierte mich stattdessen darauf nicht in Tränen auszubrechen. Doch als ich nachdem der Sarg in der Erde vergraben worden war, vor seinem Grabstein stand, brach alles aus mir heraus, was sich in den letzten Tagen angesammelt hatte. Ich weinte und weinte mir beinahe meine Seele aus dem Leib. Fühlte mich schrecklich, da es ihn getroffen hatte und nicht mich, wobei ich es viel eher verdient hätte. Und noch mehr verletzte es mich, das sich nicht die Chance hatte mich von ihm zu verabschieden. Ein einziger Fehler, hatte alles zerstört.
Fred beobachtete mich aus dem Hintergrund und strich sich selbst über die wässrigen Augen, wie mir George später berichtete. Ich fühlte mich so elend wie noch nie in meinem Leben. Aber dieses Mal, war ich selbst schuld daran.

Louna Black- Shadows of the pastWhere stories live. Discover now