Tochter / Kapitel 65

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Jegliche Farbe wich mir aus dem Gesicht. "Was?", fragte ich tonlos. Beide zuckten unsicher mit den Schultern. Keiner wagte es zu antworten. Plötzlich herrschte eine Eiseskälte im Raum.
"Ihr wollt mir jetzt allen ernstes verklickern, dass mein gesamtes Leben, ich wiederhole: mein gesamtes Leben, von Geburt an, auf einer Lüge aufbaut?!" Sirius Hand krabbelte auf meine zu und strich sanft darüber. "Naja, eigentlich ist es ja die Wahrheit." "Das glaubst du, Black! Hast du je einen Beweis dafür gehabt, dass sie wirklich deine Tochter ist?", warf Snape dazwischen. Mein Vater (?) sprang wutentbrannt auf: "Schau sie dir doch nur mal an Schniefelus! Sie sieht aus wie ich!" "Wenn dann sieht sie aus wie ihre Mutter!", hielt Snape dagegen. "Und was ist mit ihrem Temperament. Ihre Streiche mit den Zwillingen, von dem mir Remus erzählt hat. Und nicht zu vergessen: ihr Haus? Ein Nachkömmling von dir würde niemals in das von dir und deiner Sippe verhasste Gryffindor kommen!" Der Zaubertranklehrer stieß einen sarkastischen Laut aus. "Ich sage dir eins Black, ich kenne Louna schon seit 3 Jahren. Im Gegensatz zu dir Dummkopf ist sie intelligent, hat Ehrgeiz und will etwas aus ihrem Leben machen. Wenn du nur Tag für Tag sehen könntest wie ähnlich sie und ich uns sind. Achte doch nur mal auf ihre Füße.", er zeigte auf meine Schuhe, die immer noch wie seine vor Nervosität wackelten. Sofort hörte ich auf damit. Das war ja wirklich gruselig. "Nicht zu vergessen ihre Gabe für Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen Künste. Wenn ich mich recht erinnere warst gerade du besonders schlecht in diesen Fächern, während ich hervorragende Noten hatte!", stritt der Schwarzhaarige weiter und gestikulierte wild mit den Händen.
"Ich habe es dir damals schon gesagt und ich sag es dir noch einmal: Sie ist nicht deine Tochter und sie wird es auch nie sein!", fauchte der ehemalige Häftling und griff erneut nach meiner Hand, die ich ihm entzog. Ich fühlte mich wortwörtlich, verarscht. Von allen verraten. Sogar von Remus. Ein Mensch, dem ich bis zuletzt alles anvertraut hätte. "Du kannst es nicht beweisen Black." "Dafür gibt es doch heute Tests!", erwiderte er. "Tja, diese Möglichkeit hättest du in Betracht ziehen sollen, bevor du Chloé vergrault hast und sie verschwunden ist.", kam es trocken vom Professor der die Arme verschränkte und sich im Sessel zurücklehnte. Mein Mutter war verschwunden?
"Ich, sie vergrault? Das sie verschwunden ist, ist deine Schuld! Du mieser, widerlicher, Dreckskerl!", Sirius Schläfe pochte, eine unbändigende Wut überkam ihn. "Meine Schuld?! Was kann ich dafür, dass sie genug von dir und deinem elendigem Leben hatte? Vielleicht bist du auch selbst schuld daran? Von gewissen Dingen hättest du lieber die Finger lassen sollen.", der Hausherr von Slytherin zeigte keine Spur von Emotionen. Wie immer bewahrte er seine ausgesetzte Maske. Nicht mal jetzt schien er sie absetzen zu wollen. "Im Gegensatz zu dir, habe ich sie geliebt. Wahrhaftig geliebt." Still ließ sich Sirius wieder auf seinen Platz sinken. "Vielleicht habe ich sie nicht von Anfang an so vergöttert wie du es angeblich getan hast, aber sie hatte immer einen besonderen Platz in meinem Herzen. Mein einziger Fehler war, dass ich zu scheu war sie in der Schule darauf anzusprechen. Vielleicht wäre es dann ganz anders gekommen." Eindringlich, schaute mich der Zaubertrankprofessor an. Was sollte ich dazu sagen?! Ich wusste gar nicht mehr wo mir der Kopf stand! "Du bist wirklich ungeheuerlich Schniefelus! Immer steckst du deine Nase in Angelegenheiten die dich ,zum Teufel nochmal, nichts angehen!", Wut brandete erneut in Sirius Augen auf. Sein Temperament schien wieder mit ihm durchzugehen. "Es geht mich sehr wohl etwas an! Ich habe vielleicht eine Tochter, die ihr Leben lang geglaubt hat, sie gehört zu einem räudigen Köter! Glaubst du mir hat es Spaß gemacht sie jeden Tag zu sehen, mit dem Wissen sie wäre mehr für mich als nur eine normale Schülerin? Tag für Tag, schäme ich mich, dass ich sie in den ersten Jahren ihres Lebens im Stich gelassen habe. Hätte ich früher gewusst, dass es sie gibt, wäre ich sofort eingeschritten. Merkst du nicht Black?! Sie braucht einen Vater! Einen der nicht in jeden Tag hineinlebt und mit dem verdammten Feuer spielt! Jemanden, der ihr Halt gibt. Der sie versteht und akzeptiert!", ereiferte sich nun auch Snape und sprang ebenfalls sauer von seinem Sessel auf. Sirius stieß ein "Pffff", aus. "Du und ein Vater? Ich glaube mir fallen gleich noch die letzten verbliebenden Haare aus! Du wärst doch niemals in der Lage ein Kind großzuziehen! Gerade du mit deinem Hang zu den dunklen Künsten! Frag doch Lou selbst was sie davon hält. Nämlich rein gar nichts! Stimmt's Lou?", er drehte sich zu mir um, doch mein Platz war längst leer. Während die beiden Streithähne nichts anderes im Kopf hatten außer ihre ständigen Dispute untereinander auszutragen und ich die hitzige Diskussion einige Minuten atemlos verfolgt hatte, hatte ich mich fluchtartig dazu entschlossen, mich zu verdünnisieren.
Ziellos und mit tausenden ungeordneten Gedanken im Kopf, eilte ich durch die längst verdunkelten Korridore von Hogwarts. Ich wollte nur noch weg. Weg von allem. Meiner Vergangenheit. Den Menschen die mich verraten hatten. Die mir mein ganzes bisheriges Leben lang eine Lüge aufgetischt haben. Mein Vater. Wer ist es? Wollte ich das überhaupt wissen? Um noch einmal festzuhalten: Snape könnte mein verdammter Vater sein?! Mit allem, wirklich allem hätte ich gerechnet, aber nicht damit. Nicht mit so einer Bombe. Meine komplette Identität wurde gerade in Frage gestellt. Nichts war mehr wie es gewesen ist. Mein Leben war so schon schwer genug. Als Tochter von Sirius Black, machte man sich nicht gerade schnell Freunde. Was würden die Leute tuscheln, wenn nun noch ans Licht kommen würde, dass Snape seine Finger im Spiel hat?! Der Mann, der von allen mindestens genauso gehasst wird. Was würden meine Freunde erst sagen? "Oh so eine Scheiße nochmal!", heulend ließ ich mich in einem abgelegenem Korridor, an der Steinmauer heruntersinken. Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in den angezogenen Knien. Ich war am Ende und zwar endgültig.
"Lou!" Wie aus dem Nichts tauchte eine mir sehr vertraute Stimme auf. Durch meinen Tränenschleier erkannte ich erst gar nicht wer mich da hochzog. "Fred.", flüsterte ich leise. "Warum bei Merlin weinst du? Was ist passiert? Wem muss ich aufs Maul hauen?", fragte er sofort. Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen. Ich konnte wirklich immer auf ihn zählen. Der Disput vorhin im Schlafsaal, war vergessen. "Glaub mir wenn du das machst, bekommst du eine Menge Probleme.", antwortete ich trocken. "Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht." Der Weasley zwinkerte mir zu und nahm meine Hand. "Du kannst immer mit mir reden. Das weißt du?" Er strich mir sanft die Tränen aus dem Gesicht. Seine warmen Finger glitten hauchzart über meine kalten Wangen. Das fühlte sich sehr schön an...Seine funkelnden Augen streiften meine und verfingen sich darin. So wunderschöne Welpenaugen...Mein Herz pochte heftig in meiner Brust. Ich nahm kaum etwas anderes wahr. Meine Gedanken, vollkommen durch den Wind. Ich wusste weder was ich dachte, noch was ich tat.
Ganz langsam ließ der Rothaarige seinen Daumen unter mein Kinn wandern und zog mich so näher zu sich. Ich spürte seinem warmen Atem an meinen Lippen und schloss die Augen. Ich spürte wie Fred anfing zu lächeln, mit der anderen Hand sanft an meiner Taille, bis hoch zu meinen Haaren strich und sie in diesen vergrub. Vollkommen weggetreten entfuhr mir ein seliges Seufzen.
Ehe ich mich versah, stand ich mit dem Rücken an der Wand. Vor mir Fred, der sein Gesicht langsam zu meinem Hals senkte und dort eine hauchzarte Kussspur hinterließ. "Weißt du wie unglaublich gern ich endlich diesen Schmollmund auf meinem spüren würde?", hauchte er an mein Ohr und fuhr dabei mit dem Daumen über meine Unterlippe. Dann tu es doch! Schrie die endgültig alle Warnungen in den Wind schlagende Stimme in meinen Gedanken. Sein heißer Atem legte sich auf mein Gesicht und machte mich noch wahnsinniger als so schon. MACH ES ENDLICH! Die Stimme in meinem Kopf wurde immer lauter. Anscheinend hatte sich mein Gehirn bereits vollends verabschiedet.
Kurzer Hand ließ ich die restlichen Hemmungen fallen und näherte mich ihm so sehr, dass seine Nase, meine berührte...
Er wollte mich küssen.

Louna Black- Shadows of the pastWhere stories live. Discover now