55. Moblit ausquetschen und deutlich langweiligeres Zeug

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Der Mann neben mir kratzte sich etwas verlegen am Kopf und erklärte leise: „Es wird schon gehen." Grinsend tauchte ich meinen Löffel in die Suppe. Nach zwei Löffeln fragte ich: „Moblit, wie lange kennst du Hanji eigentlich schon?"

Der braunhaarige sah leicht verwirrt zu mir und schien kurz zu überlegen. Als er so dasaß und überlegte, hatten seine Augen ein Funkeln, dass nur heißen konnte, dass er Hanji sehr mochte. Oder, dass er sich gerne an die Zeit erinnerte als er diese Irre noch nicht jeden Tag von einem Titanen wegziehen musste. In Erinnerungen versunken, antwortete er mir: „Das sind jetzt, glaube ich, mehr als sechs Jahre."

Von Ruby kam die Frage: „Und was hältst du von ihr?" „Ähm, sie ist mutig und entschlossen. Ein Vorbild" erklärte er, „Aber manchmal ist sie einfach nur unglaublich waghalsig." Er starrte auf einen Fleck neben Ruby und grinste in sich hinein. Wie süß. Er war ja vollkommen verschossen in Hanji.

Ich sah zu Ruby, die mich ebenfalls anschaute, und deutete auffordernd auf Moblit. Nach einer kurzen, stummen Konversation – „Du!" „Nein, du!" „Nein, du!" – gab ich mich geschlagen und fragte: „Mal ganz ehrlich – und wehe du lügst mich an, das merke ich – was empfindest du für Hanji?"

Während Moblit mich komplett überrumpelt anschaute, starrte ihm Ruby praktisch Löcher in den Kopf, so gespannt wartete sie auf die Antwort. Stotternd begann der Gefragte: „Äh ... ähm ... äh ... sie ist meine Vorge..."

„Stopp", hielt ich ihn ab, weiterhin die Sie ist meine Vorgesetzte und nichts weiter als eine Freundin, bla bla bla-Schiene zu fahren. Ich schaute ihm direkt in die braunen Augen und tippte ihm auf die Brust: „Nicht mit dem Kopf fühlen, sondern mit dem Herz."

Er starrte mich kurz an und meinte blinzelnd und kleinlaut: „Ich ... ich ... Selbst wenn ich sie mehr mögen würde als eine Freundin, sie ist noch immer meine Vorgesetzte." Ich schaute von Moblit zu meiner Freundin, die zufrieden grinste und fragte: „Gibt es etwa eine Regel oder ein Gesetz oder sowas, das dir verbietet mit Hanji zusammen zu sein?" Er sah zu Ruby und schüttelte langsam den Kopf.

Ich klopfte ihm mit Schwung auf den Rücken und sagte: „Na also. Nicht den Kopf hängen lassen, wir helfen dir schon deine Herzdame zu erobern." Schwach lächelnd schaute er zu uns und blieb still, während wir unser Mittagessen verspeisten.

Als Moblit schließlich gegangen war, meinte ich: „Die zwei passen wirklich gut zusammen. Und nach der Umsetzung unseres Masterplans werden sie glücklich bis an ihr Lebensende leben." Absolut unpassender Weise, aber weil mir einfach danach war, stieß ich noch böse lachend aus: „MUHAHAHA!" Mir flog ein Kissen an den Kopf und Ruby empörte sich: „Das ist mein Text." Um es noch zu unterstreichen, ließ sie sich das Vergnügen natürlich nicht nehmen ebenfalls böse zu lachen: „MUHAHAHAHAHA!"

Ich sah meine Freundin mit hochgezogener Augenbraue an und erwiderte: „Wenn du meinst."

Ich schaute aus dem Fenster und sah, dass der Himmel von grauen Wolken bedeckt war. Es waren auch vereinzelte kleine Wassertropfen auf der Fensterscheibe zu sehen. Es war das erste Mal, dass es regnete, seit wir hier waren. Ich blickte wieder zu meiner Freundin und fragte: „Ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen, dass es im Anime genau zweimal geregnet hat und sonst immer die Sonne scheint?" Sie sah mich fragend an: „Really?" Ich nickte und erklärte: „Ja. In der ersten Folge ganz am Anfang und in der Vorgeschichte von Levi."

Ruby zog die Augenbrauen zusammen. Einen Moment später erschien auf ihrem Gesicht die Erkenntnis: „Wait, really!" Ungläubig schüttelte sie den Kopf und schwieg.

Ich hatte kein Gesprächsthema, das ich anschneiden konnte, und Ruby anscheinend auch nicht, weshalb wir wieder in Schweigen versanken wie in einem See, in dem man ertrank. Nur war das Schweigen weniger nass.

Ich lauschte mit geschlossenen Augen den Regentropfen, die immer stärker gegen das Fenster zu prasseln begannen. Wie ich Regen mochte. Ich wusste nicht wieso, aber Regen war nach Nebel mein liebstes Wetter. Mit dem sanften Geräusch der Regentropfen driftete ich langsam weg.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war als ich durch ein Poltern aus meinem Dämmerzustand gerissen wurde. Ich fühlte mich fix und fertig. Das war schon immer so, wenn ich untertags schlief, fühlte ich mich immer wie gerädert. Schrecklich. Ich hasste dieses Gefühl.

Mein Blick glitt zur Tür, von der das Gepolter kam und ich schaute auf Hanji, die etwas abgezehrt in der Tür stand: „Erwin will euch sehen."
Ruby fragte mit leichter Besorgnis: „Geht es dir gut?"
Die Wissenschaftlerin ließ sich prompt auf mein Bett fallen und meinte weinerlich: „Seit er wieder da ist, ist er so verdammt gruselig. Er macht mich wahnsinnig."

Aufgrund ihres abnormen Zustands unterließ ich es zu fragen, ob sie das nicht sowieso schon war. Stattdessen rutschte ich zu ihr und nahm sie einmal in den Arm: „Es wird alles wieder gut." Mit glasigen Augen schaute sie zu mir und nickte mir dann einmal zu.

Umständlich angelte ich mir die Krücken, die an Rubys Bett standen, und hievte mich auf die Füße. Auch Ruby rutschte von ihrem Bett und stand abmarschbereit vor Hanji. Ich humpelte zur Tür, blieb neben dieser stehen und sah Hanji auffordernd an: „Na los, gehen wir."

Die Brillenträgerin begann zu grinsen und kam uns hinterher. Hinter sich schloss sie die Tür und folgte uns dann zur Treppe in den nächsten Stock, in dem sich Erwins Büro und auch die Privaträume der ranghohen Tiere befanden. Mittlerweile kannte ich mich ja doch in diesem Irrgarten aus.

Nachdem ich mal wieder fast die Treppen hinuntergeflogen war und Ruby einmal mit der Krücke auf die Ferse stapfte, kamen wir vor einer Holztür an. Ruby schaute zu Hanji und stellte verwirrt fest: „Das ist aber nicht Erwins Büro." Hanji klopfte grinsend an die Tür und erklärte: „Nein, das ist sein Zimmer." Hinter der Tür ertönte ein „Ja, bitte" und Hanji stieß die Tür mit Schwung auf.

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt