7. Zu viel und zu wenig

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Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte sich Erwin um und marschierte strammen Schrittes durch die Eingangstür. Hanji löste sich nun auch aus ihrer Starre und hüpfte Erwin wie ein Pflummi breit grinsend hinterher. Meine beste Freundin sah mich kurz an, ehe wir synchron die Schultern zuckten und Erwin ebenfalls hinterherwatschelten. Als wären wir die Küken und er die Entenmama.

Nur Levi schien es nicht über's Herz zu bringen uns aus den Augen zu lassen. Hach, er hat uns jetzt schon ins Herz geschlossen ... nicht.

Er ging geschätzte 2 Meter hinter uns und ich konnte seinen stechenden Blick in meinem Rücken spüren als würde er mir ein Messer anhalten. Und irgendwie traute ich ihm auch zu, dass er irgendwo unter seiner Uniform ein Messer bei sich trug.

Nach einigen Stiegen und einigen Ecken hatte ich den Überblick völlig verloren. Mal abgesehen davon, dass ich viel zu beschäftigt damit war die dicken Teppiche und die Gemälde an den Wänden zu bewundern.

Ein kurzer Blick zu Ruby teilte mir mit, dass auch sie keinerlei Orientierung mehr hatte.

In einem langen Gang erkannte ich zwei der Gemälde zu meiner rechten. Auf dem einen konnte man das düstere Gesicht vom ehemaligen Kommandanten und jetzigen Ausbilder Keith Shadis erkennen. Daneben befand sich ein Gemälde des ernst dreinschauenden Erwins.

Der Maler wollte sich wohl einen Scherz erlauben und hatte Erwins Augenbrauen etwas zu sehr hervorgehoben, weshalb diese irgendwie in den Vordergrund rückten und Erwin selbst mehr als Hintergrund diente.

Da meine Aufmerksamkeit in diesem Moment auf dem Gemälde lag, ging ich weiter und kollidierte dabei mit Hanji, die vor mir ging und stehen geblieben war. Meine beste Freundin neben mir war natürlich so nett und begann lauthals zu lachen. Mal wieder.

Mich wieder ordentlich hinstellend sagte ich etwas schüchtern an Hanji gewandt: „'Tschuldigung."

Hinter mir ertönte ein abfälliges „Tz", das mich ja so gar nicht aufbaute, weshalb ich meinen Blick zu Boden senkte.

Drei Sekunden später wurde ich jedoch einfach am Ärmel gepackt und vorwärts gezogen. Als ich meinen Blick zum Gesicht der Person schweifen ließ, der die Hand gehörte, blickte ich in das grinsende Gesicht meiner Freundin Ruby. So eine Verräterin.

In dem Raum, in den ich geschleift wurde, lag am Boden ein schöner Teppich, der mir gerade entgegenlachte und mich einlud darauf einzuschlafen. Ich zwang mich jedoch den Blick von diesem schönen, weichen, ... STOP!

Die Wände waren blanke Steinmauern, die vereinzelt von Landschaftsbildern behangen waren, und der untere Teil der Wand war mit einer Holzvertäfelung verziert. Auf der linken Seite befand sich eine Kommode, auf der einige Bücher standen. Abgesehen davon und von dem großen Schreibtisch gegenüber der Tür, der somit vor einem großen Fenster stand, mit zwei Stühlen davor befand sich in diesem Raum ... nichts. Keine weiteren Möbeln. Rein gar nichts. Deprimierend. Ich dachte immer Erwin hätte mit Bücherregalen vollgestellte Wände. Schade.

Da ich so geschockt von der kargen Einrichtung mitten im Raum stehen geblieben war, übernahm Ruby wieder das Kommando. Sie stellte sich hinter mich und versuchte mich in Richtung der Sessel zu schieben.

Ich stand allerdings so stocksteif da, dass ich nach vorne kippte und sie mich, nun halb auf mir liegend, festhalten musste, während wir beide versuchten nicht umzukippen.

Und spätestens jetzt mussten uns alle für zwei Geistesgestörte halten. Naja, was soll man machen.

Plötzlich verschwand Rubys Gewicht von mir und ich wurde grob am Kragen gepackt, in die Senkrechte gezogen und zu den Stühlen geschoben. Dabei wurde mir das Kleid etwas zu weit nach oben gezogen, weshalb es dann vermutlich noch bescheuerter aussah als ohnehin schon.

Ich drehte meinen Kopf nach hinten und blickte mal wieder in zwei wütende, graue Augen. Ich brachte meinen Kopf wieder in die Ausgangsposition, machte mich von Levi los, zog meine Kleidung wieder an ihren angestammten Platz und ging die letzten paar Schritte aus eigenem Antrieb. Immerhin war das eben wieder eindeutig zu viel Körpernähe!

Ruby wurde von Levi auf den Stuhl gedrückt, während ich noch stand. Bevor er auch nur daran denken konnte, mich zu packen und auf den Stuhl zu platzieren als wäre ich nur eine Stoffpuppe, mit der er in seiner Kindheit sicher nicht gespielt hatte, plumpste ich auf das Möbelstück.

Erwin hatte schon auf der gegenüberliegenden Seite an seinem Schreibtisch Platz genommen, stützte sich auf den Ellbogen auf und hatte seine Finger ineinander verschränkt.

Er erinnerte mich gerade ein bisschen an einen Filmbösewicht. Allerdings fehlte das fiese Grinsen, das andeutete, dass er uns gleich an seine Haustiere verfütterte. Bei dem Gedanken fing ich an zu kichern, wie eine Wahnsinnige und bekam prompt einen Ellbogen in meine Seite.

„Hey!", ließ ich empört verlauten

Der Ellbogen gehörte zu Ruby. Sie konnte wirklich froh sein, dass diese Stühle keine Armlehnen hatten, sonst wäre das für sie schmerzhaft geworden.

„Also", sprach nun Erwin. „Wer seid ihr?"

Ruby ergriff sofort das Wort. „Also, hallo erst mal.*" Sie legte eine kurze Pause ein. „Mein Name ist Ruby und das ...", sie deutete auf mich als wäre ich ein schmuckes Ausstellungsstück, dass sie unbedingt verkaufen wollte, „... ist meine Freundin Tonia."

Ihr Tonfall klang als würde sie noch anfügen wollen: „Sie ist sechzehn Jahre alt, single und sucht den Partner fürs Leben."

Sie atmete kurz auf und schaute mich nun erwartend an. Ich blickte verständnislos zurück, kam dabei durch Erwin, der mir direkt in meine Seele zu schauen schien, allerdings in Zugzwang. Nur leider wusste ich nicht was ich sagen sollte. „Hallo, wir kommen aus einer anderen Dimension, in der ihr erfunden seid." – klang nicht sonderlich überzeugend. Glücklicherweise wurde ich kurzzeitig von Hanji gerettet: „Ouh, hallooo, ich bin Hanji Zoe."

„Wissen wir", erwiderten Ruby und ich unisono. Gleich danach hatte ich das Bedürfnis mir ins Gesicht zu schlagen. Jetzt fragen sie bestimmt, woher wir das wissen und das können wir ihnen unmöglich sagen. Und mir fehlten die Ausreden. Und sollte Ruby nicht zufälligerweise eine wirklich überzeugende Ausrede parat haben, dann sind wir zwei sowas von geliefert.

„Ääääääähhhhh ..." kam es unzusammenhängend aus meinem Mund.

„Gut", Erwin schloss kurz seine Augen, ehe er uns wieder ansah, „warum habt ihr angenommen, dass ich Tod sei?"

*7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug
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Tut mir leid, das Kapitel war leider nicht gerade meine Glanzleistung.

Attack on Titan becomes realityDonde viven las historias. Descúbrelo ahora