17. Ablenkung tut weh

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Am Rand des Platzes stand ein Mann. Vermutlich schwarzhaarig und somit vermutlich Levi. Na, immerhin durfte er das Training leiten, wenn er schon nicht auf einen Einsatz mitdurfte.

Ich trat näher an den kleinen Mann heran und hatte so ein komisches Gefühl im Magen. Schwer zu beschreiben, aber ich konnte nicht anders als zu grinsen. Innerlich schallte ich mich einen Trottel. Ich sollte dringend diese dämlichen Gefühle und Bedürfnisse einstellen.

Ich gebe zu, ich bin irgendwie verknallt, aber ernsthaft ... er ist zu alt. Zwischen uns liegen mindestens zehn Jahre und außerdem ist er noch immer ein fiktiver Charakter, auch wenn er jetzt leibhaftig vor mir steht. Also, Tonia ... AUS!

Nun einigermaßen normal und recht sicher, dass ich mich nicht gleich wie ein Volldepp blamieren würde, wenn ich den Mund aufmachte, ging ich auf die Gruppe zu, die stramm vor ihrem Hauptgefreiten stand.

Natürlich drehte sich erst ein Kopf zu mir und dann alle anderen. Und damit war die schöne gerade Haltung dahin. Alle, aber wirklich ausnahmslos alle, glotzten mich an als wäre ich ein rosarot gestreiftes Zebra. Langsam fragte ich mich, ob die auch was anderes konnten.

Mein Blick wanderte durch die Reihe an Soldaten und ich erkannte Levis Team. Ja eindeutig und ihr Gruppenführer sah mich an als würde er mich am liebsten zum Frühstück verspeisen.

Jedoch drehte er den Kopf, ohne etwas zu sagen, wieder zu seinen Untergebenen und schnauzte sie monoton an: „Runter auf den Boden und 50 Liegestütz, Rotznasen." Durch die Rekruten ging einer Welle gleich ein Ruck. Sie schrien: „Jawohl", und schmissen sich auf den Boden als würden sie einen Bauchklatscher machen wollen.

Meiner ab und zu durchblitzenden Dreistigkeit geschuldet, konnte ich mir leider eine Bemerkung nicht verkneifen und sagte gespielt verwundert: „Sie sehen doch gar nicht verschnupft aus." Den Blick, der mir der Schwarzhaarige zuwarf, hätte mich tot umfallen lassen, wenn Blicke töten könnten.

Ich kicherte leise und sagte darauf aber sofort: „Verzeihung, das konnte ich mir nicht verkneifen." Ich wollte meinen Weg schon weiter fortsetzten als mir eine Idee kam, die mir besser gefiel.

„Tut mir leid, aber stört es dich, wenn ich beim Training zuschaue?", fragte ich und setzte gleich nach: „Ich setze mich einfach auf den Boden und verschmelze mit der Umgebung. Sinnbildlich gesprochen, versteht sich." Levi seufzte, meinte aber dann: „Tue, was du nicht lassen kannst."

Glücklich grinsend setzte ich mich im Schneidersitz auf das Gras unter meinen Füßen und saß somit etwa zwei Schritte vom Hauptgefreiten entfernt am Boden. Wie versprochen, hielt ich meine Klappe und beobachtete die 104. Trainingseinheit beim Training.

Mir fiel durchaus auf, dass Levi mich aus dem Augenwinkel im Blick behielt, aber das versuchte ich gekonnt zu ignorieren. Stattdessen hatte ich meinen Spaß an der leichten Verunsicherung mancher Trainierenden ob meiner Anwesenheit.

Bei den Liegestützen lief noch alles glatt. Na klar, da brauchten sie ja auch weniger Konzentration als Muskelkraft. Da konnte man mich gern ab und an mal anstarren, ohne gleich auf die Fresse zu fliegen.

Als es dann jedoch hieß, dass Nahkampf trainiert werden würde, landeten wohl allem Anschein nach mehr im Dreck als sonst, so wie Levi missbilligend den Kopf schüttelte.

Reiner zum Beispiel starrte mich wohl einen Moment zu lange an als er Eren seine Faust in die Seite donnern wollte, denn prompt schlug ihm dieser die Beine weg und der Kasten von Mann lag am Boden. Dabei hatte ich lediglich meine Sitzposition gewechselt.

Man merkte deutlich, dass die männlichen Trainingsteilnehmer mehr durch mich beeinflusst wurden, als die Frauen. Nur Eren und Armin schienen sich schnell an mich gewöhnt zu haben. Sie hatten es nach ihrem jeweils ersten Übungskampf aufgegeben, immer wieder zu mir zu schielen. Auch Levi ließ es irgendwann bleiben mich im Auge zu behalten als er merkte, dass ich mich wirklich kaum rührte bis auf die gelegentlichen Positionswechsel. Auch wenn es mir verdammt schwerfiel, das Lachen zu unterdrücken, wenn wieder jemand den Boden küsste.

Es war wirklich lustig den Jungs dabei zuzusehen, wie sie immer wieder plattgemacht wurden. Leider vergehen die schönsten Momente ja bekanntlich am schnellsten und so begann der Himmel bald orange zu werden. Das war wohl das Zeichen für Levi seine Leute zum Duschen und zum Essen zu schicken.

Als die Worte „Es reicht für heute" fielen, stand ich auf und streckte mich einmal mit knackenden Knochen. Und Team Levi schien auch glücklich endlich Feierabend zu haben. Die meisten gingen von dannen als wären sie durch das Training um 60 Jahre gealtert. Sie waren steif, ungelenk und hielten sich das ein oder andere Körperteil. Ich war mir sicher, dass sie ganz schön viele blaue Flecken haben mussten.

Levi blieb an Ort und Stelle und schüttelte in Gedanken versunken den Kopf. Dabei murmelte er etwas über „leicht ablenken lassen". Es dauerte nicht lange und er erfasste mich mit seinen Augen.

Ich stand immerhin immer noch genau an dergleichen Stelle wie zwei Minuten zuvor auch und beobachtete ihn. Natürlich was auch sonst, ich hatte ja keine Ahnung, wo ich hinsollte oder wie ich auch nur irgendwo hinkam und da ich zu spät auf die Idee gekommen war, jemanden von den Rekruten zu fragen, musste ich jetzt auf deren Vorgesetzten warten. Er schaute mich durchdringend an und fragte verständnislos: „Was willst du noch?"

Attack on Titan becomes realityWhere stories live. Discover now