28. Kapitel Gift

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Naira

"Ja, hm, ja", mumelte ich zustimmend, und nickte leicht mit dem Kopf, ohne richtig zu wissen, was der Bürgermeister da gesagt hatte. Schon den ganzen Vormittag seit der Verabschiedung der Zwerge saß ich hier fest, und musste mich von den gnädigen Herren voll labern lassen.

"Und darum schlage ich vo-" Bevor der Bürgermeister zu einem weiteren Monolog ansetzten konnte, fiel ich ihm schnell ins Wort.
"Ich weiß Eure vielen Vorschläge wirklich sehr zu schätzen, jedoch bin ich der Meinung, dass das bis jetzt Besprochene für das Erste reicht, um die Beziehung unserer Völker zu stärken. Darum werde ich mich jetzt zurückziehen, und über die bis jetzt genannten Punkte nachdenken. In spätestens zwei Tagen werde ich mich bei Ihnen verlauten lassen, sodass wir ein abschließendes Gespräch führen können."

Der Bürgermeister, in seinem Redeschwall gebremst, schaute ein bisschen verärgert, nickte aber gleich darauf.
"Natürlich, nehmt Euch alle Zeit die Ihr benötigt!", faselte er. Immer dieses um mich herum Geschleime, wie ich dass hasste...
"Ich entbiete Grüße, auf Wiedersehen, die Herren", sprach ich und verließ fluchtartig, aber dennoch elegant das Haus.
Endlich hatte ich meine Ruhe.

Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, damit mich niemand erkannte, schlenderte ich über den Markt. Dafür, dass diese Stadt so weit im Norden lag, war überraschend gutes Wetter, und durch das Sonnenlicht erschienen die Häuser gleich viel heller und freundlicher. Lediglich der Gestank nach vergammelten Fisch verschlimmerte sich leider durch die Wärme...

Entspannt schlenderte ich durch die Stände, und überlegte, wie ich so schnell wie möglich zum Erebor kommen würde. Lieber zu Pferd um den See reiten, oder mir ein Boot kaufen?

Meine Gedanken schweiften immer weiter, bis sie irgendwann über die Zeit nach der Eroberung des Berges angekommen waren. Wohin mich mein Weg danach wohl ziehen wird? Würde ich meinen Drachen jemals wiedersehen? Wie eine Spirale kreißten meine Gedanken immer weiter um dieses Thema. <Halte durch, bald...> Schon wieder so ein Geistergedanke. Mit einem Mal fühlte ich mich irgendwie beobachtet. Vorsichtig blickte ich mich um, konnte aber niemanden entdecken.
Trotzdem beschloss ich, den Markt so schnell wie möglich zu verlassen.

Gerade als ich die Gasse betreten wollte, die zu Bards Haus führte, sah ich, dass sich jemand den Weg durch die Menge in meine Richtung bahnte. Es mussten Kinder sein, denn ich konnte sie zwischen den Köpfen der anderen Menschen hier nicht erkennen, sondern sah nur den Gang, den sie in die Menge gruben.
Doch irgendetwas war komisch. Die Menschen, die beiseite gestoßen wurden, blickten auf die Personen herunter, wie als ob sie sie gleich rügen wollten, doch drehten sich nach dem ersten Blick unbeteiligt weg, und versuchten eilig von der Stelle zu kommen. Wirklich seltsam.

Also blieb ich stehen, und wartete, was dort auf mich zukommen würde. Erst kurz bevor die Personen direkt vor mir standen, erkannte ich, wer sie waren.

"Verdammt, Kili, Fili, Oin und Bofur, was bei den Valar macht ihr noch hier?", zischte ich den vier Zwerge zu, und zog sie schnell vom Marktplatz in eine weniger belebte Gasse. "Ihr solltet doch schon längst am Fuß des Erebors sein!" Die Zwerge schauten betreten zu Boden.

"Eeh, nun ja", druckste Bofur herum, "wir, oder eigentlich ich, habe die Abfahrt nun ja, mehr oder weniger verschlafen." Aha, wohl eine beispiellose Folge von übermäßigen Alkoholkonsums eines Zwerges...
"Und die anderen wurden nicht mitgenommen", fügte Bofur schließlich noch hinzu.
"Nicht mitgenommen?" Fragend zog ich eine Augenbraue hoch.
"Ja, nicht mitgenommen!" Kili klang ziemlich wütend. "Onkel war der Meinung, dass die Verletzung am Bein zu schlimm wäre, und ich die ganze Gruppe behindern würde!"

Oh nein, der junge Zwerg tat mir aufrichtig leid. Er war Monate durch die Wildnis gereist, um die Halle seiner Vorfahren zu betreten, und jetzt wurde er kurz vorm Ziel zurückgelassen. Wieso war Thorin nur so egoistisch? Ich wusste zwar, dass sie den Berg bis heute Abend erreichen mussten, denn heute war ja Durinstag, aber in dem Blick, den Kili aufgesetzt hatte, sah ich, dass sein Bein ihn nicht an der Besteigung des Berges gehindert hätte. Nun wusste ich nurnoch von Fili und Oin nicht genau, warum sie noch hier waren.
"Und Ihr?", fragte ich also an die beiden gewandt. "Warum seid Ihr mit hier?"

Weltenverschlinger (Hobbit ff)Where stories live. Discover now