25. Kapitel

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25. Kapitel – Der Verrückte in meinem Haus

Ach hätten meine Augen die deinen nie gesehen. Ach hätten meine Lippen deine nie geküsst. Dann hätt ich nie erfahren wie falsch deine Liebe ist.

-Unbekannt

„Scheiße, sag mal spinnst du? Das ist Einbruch! Ich ruf die Polizei!", schrie ich ihn hysterisch an.

Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche und wollte wählen, als Kyle sich vor mir aufbaute, es mir aus der Hand nahm und auf mein Bett warf. Dann drückte er mich an die Wand neben meiner Tür. Er umfasste mit einer Hand meine Kehle, mit der anderen hielt er meine Hände über meinem Kopf zusammen an die Wand gepresst. Erschrocken schnappte ich nach Luft. Panik stieg in mir auf. Wollte er mich etwa umbringen?

„Ich will jetzt wissen, was das gestern sollte!", zischte Kyle mich an, wobei ich seinen warmen Atem, welcher nach Pfefferminze roch, in meinem Gesicht spürte.

Ich hatte viel zu viel Angst, um ihm zu antworten. Mein Kopf war wie leer gefegt, das Adrenalin in meinem Körper gewann die Oberhand und ließ mich leicht zittern, aber nicht sprechen. Stattdessen starrte ich hoch in seine kalten Augen und kämpfte dagegen an, dass meine Beine wegbrachen. Kyle verstärkte ungeduldig den Druck um meinen Hals.

„Was sollte das??!", brüllte er mich an.

Ich zuckte zusammen. Bemüht, ihm nicht zu zeigen, wie viel Angst ich vor ihm hatte, fragte ich so klar wie möglich:

„Was sollte was?"

Erstaunlicher Weise war meine Stimme ganz ruhig und ich spürte, wie sich ein herausfordernder Ausdruck auf mein Gesicht legte.

„Was sollte dein Auftritt gestern im Club?", knurrte er.

„Ich weiß nicht, was du meinst", erwiderte ich wahrheitsgemäß.

Meinte er seinen dämlichen Auftritt, meinen Tritt in seine Weichteile oder Alex, der ihm Paroli geboten hatte? So viele Möglichkeiten und er wollte offenbar nur die Antwort auf eine von ihnen.

Kyle nahm meine Arme kurz von der Wand, nur um sie dann heftig dagegen zu schlagen. Aua! Ich biss mir auf die Unterlippe, um ein leises Wimmern zu unterdrücken.

„Ich meine, dass du dort rumgehurt hast wie eine billige Nutte!", schrie er mich an.

Ah, da lag der Hase im Pfeffer. Er hatte mich anscheinend eine ganze Weile beobachtet, ehe er mir den Abend ruiniert hatte. Na und? Was ging ihn das an? Entschlossen schüttelte ich meine Angst vor ihm ab. Provozierend sah ich ihn an und meinte kess:

„Für dich bin ich doch bloß genau das: eine Nutte. Also komm gefälligst damit klar, wenn ich ein wenig Spaß habe."

Mit wutverzerrtem Gesicht ließ Kyle mich los und stellte sich Haare raufend neben meinen Schreibtisch. Sofort atmete ich ein paar Mal tief durch und fuhr mir einmal über den Hals. Zwar hatte Kyle bloß einen leichten Druck ausgeübt, trotzdem war das Gefühl beklemmend gewesen. Mein Leben in seiner Hand, war nichts, was ich mir jemals wieder wünschen würde. Anschließend besah ich kurz meine Handgelenke. Ich hatte mich bei dem Schlag gegen die Wand nicht verletzt. Zum Glück. Zu Kyles Glück!

Ich dachte, es würde ihm endlich reichen, aber da hatte ich Kyle unterschätzt. Kaum dass ich wieder normal vor ihm stand, schubste er mich auch schon auf mein Bett. Er kniete sich über mich und setzte sich auf meine Beine, damit ich mich nicht wehren konnte. Dann beugte er sich zu mir herunter. Ich schlug mit den geballten Fäusten auf ihn ein, aber das interessierte ihn gar nicht. Er näherte sich mit seinem Gesicht dem meinen bis auf wenige Zentimeter und sagte dann erstaunlich gelassen:

„Wenn ich dich für eine Hure halten würde, hätte ich mir von dir einfach geholt, was ich will und dich dann links liegengelassen."

Dabei fuhr er mir zärtlich mit einem Finger über den Hals und kurz blitzte so etwas wie Schuld in seinen Augen auf. Mir war das egal.

„Aber genau das hast du getan!", schrie ich ihm entgegen.

Kyle kam mir noch näher, als er ohnehin schon war, flüsterte:

„Nein. Das hab ich nicht", und streifte dabei mit seinen Lippen mein Ohr.

Sofort reagierte mein Körper auf seine Berührung. Und ich hasste ihn dafür. Tausende kleine elektrische Ströme schossen durch meine Nervenbahnen. Mein Herz fing an wie wild zu pochen und ich musste mir auf die Lippe beißen, um mich nicht durch meine schneller werdende Atmung zu verraten. Kyle sah mir mit einem düsteren Ausdruck in die Augen. Er hatte mir das Herz gebrochen und mich von Anfang an nur benutzt und trotzdem wollte ich ihn zu gerne küssen.

Okay jetzt war es offiziell. Ich hatte den Verstand verloren. Wie konnte ich ihn begehren, nach allem was er mir angetan hatte und wie er sich gerade verhielt? Ich war definitiv ein Fall für die Männer mit den weißen Westen. Wo zum Teufel waren die Kerle, wenn man sie mal brauchte?

Während ich mir schon vorstellte, wie ich, in einer Gummizelle sitzend, Kyles Namen rufen würde, sah der mich nach wie vor an. Mit einem Mal lag unverhohlenes Verlangen in seinem Blick. Verdammt! Das war nicht hilfreich! Kyle ließ seine Finger über meine Wange, dann über mein Schlüsselbein und zu guter Letzt über meine Hüfte wandern. Wenn er mich foltern wollte, war ihm das gelungen. Mein Körper verzehrte sich nach seinen Händen, während mein Verstand mich anbrüllte, ob ich noch ganz bei Trost war.

Als seine Hand über meinen Oberschenkel wanderte, kam ich mit einem Schlag wieder zur Besinnung und wandte einen Trick an, den ich in einem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte an, um mich zu befreien. Warum hatte ich das nicht schon früher gemacht? Schnell sprang ich von meinem Bett auf, schnappte mir mein Handy und wählte den Notruf.

„Wenn du nicht sofort verschwindest hebe ich ab und zeig dich an", sagte ich mit ruhiger Stimme.

Kyle erhob sich von meinem Bett, hob die Hände in die Luft, als wäre nichts gewesen und kletterte aus meinem Fenster nach draußen.

„Wir sehen uns wieder!", drohte er mir noch, ehe er verschwand und ich schleunigst im ganzen Haus sämtliche Fenster schloss.

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