21. Kapitel

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21. Kapitel – Neue Bekanntschaften

The best revenge of all: Happiness. Nothing drives people crazier than seeing that someone's having a fucking good life.

-Unbekannt

Where Them Girls At dröhnte durch den Club und ließ sogar meine Lunge vibrieren. Hunderte erhitzte Körper drehten sich und rieben aneinander. Die Kleider von Hanna und mir funkelten um die Wette, während wir uns die Seele aus dem Leib tanzten. Meine Laune wurde von Sekunde zu Sekunde besser.

Kurz bevor ich uns an dem Türsteher vorbei in den Club gebracht hatte, waren in mir Zweifel aufgekommen. Schließlich hatte ich nach meinem letzten Besuch zusammen mit Kyle geendet. Aber je lauter die Musik wurde, desto besser ging es mir. Hanna trank einen Cocktail nach dem anderen. Ich hielt mich unterdessen an die alkoholfreien Getränke. Spaß hatte ich nämlich auch so genug und außerdem musste eine von uns später noch geradeaus fahren können. Hin und wieder tanzten uns einige Männer an. Hanna ließ sie jedes Mal abblitzen. Sie war zwar feierwütig, aber blieb dabei immer ihrem Freund treu. Für mich galt das zum Glück nicht. Ich war frei und ungebunden, weshalb ich mit einem sexy Kerl nach dem anderen tanzte. Als ich einen davon fast küsste, zog Hanna mich plötzlich am Arm von der Tanzfläche.

„Was soll das?!", schrie sie über Memories hinweg.

Anscheinend hatte der DJ eine Schwäche für David Guetta.

„Ich amüsiere mich", brüllte ich zurück.

Hanna wollte noch etwas sagen, aber ich schüttelte den Kopf und zog sie lachend wieder auf die Tanzfläche. Ich alberte solange mit ihr herum, bis sie auch wieder lachte und lauthals mit mir zu Titanium sang. Als mich dann der nächste Typ anmachte, ließ Hanna ihn und mich einfach machen. Glücklich war sie darüber aber nicht. Das sah man ihr an. Vielleicht hätte ich ihr einfach von mir und Kyle erzählen sollen, beziehungsweise, dass es kein ‚Kyle und mich' mehr gab. Dann wäre mir ihr tadelnder Blick erspart geblieben, mit dem sie mich hin und wieder bedachte. Ich störte mich nicht daran. Stattdessen genoss ich es, begehrt zu werden. Ich sah dem Fremden in die Augen und lächelte ihn anzüglich an. Er war bestimmt über 1,90 Meter groß, hatte blonde Haare, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen, und genau wie ich strahlend grüne Augen. Als ihm erneut die Haare ins Gesicht fielen, strich ich sie ihm aus der Stirn, wobei sich mein Gesicht dem seinen näherte. Seine Hände, die an meiner Hüfte lagen, zogen mich zu ihm ran. Meine Finger glitten von seiner Stirn runter zu seinem Hals.

Ich wollte ihn gerade küssen, als ich erneut davon abgehalten wurde. Aber dieses Mal war es nicht Hanna. Es war Kyle. Direkt hinter meinem gutaussehenden Unbekannten, tauchte seine Gestalt auf. Er sah mich kalt an. Seine Augen bohrten sich förmlich durch mich hindurch. Normalerweise hätte ich mich vermutlich umgedreht und wäre gegangen. Aber das hier war nicht normal. Der Teufel in mir ließ mich Kyle ansehen, während ich anfing den Blonden zu küssen. Und verdammt, küssen konnte der! Während Kyle anfing mich zornig anzusehen, schloss ich die Augen und genoss die Intimität mit meinem Fremden. Dieser zeigte mir, dass ich definitiv was verpasste, wenn ich mich von ihm abwandte. Ich tat es ihm gleich. Als wir uns dann voneinander lösten, um nach Luft zu ringen, lächelte er mich an.

„Alex", schrie er mir ins Ohr.

„Lil", brüllte ich zurück und hauchte ihm einen Kuss in den Nacken.

Kyle stand jetzt ein Stück hinter Alex in der tanzenden Menge. Er schnappte sich eine Blondine, die eigentlich vor einem anderen Typen mit ihrem Hintern wackelte und tanzte kurz darauf ziemlich eng mit ihr. Mich hatte er dabei immer fest im Blick. Was sollte das? Wollte er mir beweisen, dass er mich nie gemocht hatte? Das war mich schon klar, seit er es mir mitten ins Gesicht gesagt hatte. Er war wohl kaum sauer, weil ich mich mit einem anderen Kerl vergnügte.

Ich kreiste langsam mit den Hüften, um Alex anzumachen. Dieser hob meine Arme über seinen Kopf und ließ seine Hände über meine Silhouette wandern. Obwohl wir uns geküsst hatten, noch ehe wir unsere Namen kannten, fühlte ich mich nicht billig. Alex ging trotzdem auf eine schwer zu beschreibende Art und Weise respektvoll mit mir um. Wäre es anders gewesen, wäre ich schon lange weg. Wenn ich wollte, dass mich jemand scheiße behandelt, konnte ich auch wieder zu Kyle gehen.

Gerade als Alex sich zu mir herunterbeugt, um mich erneut zu küssen, werde ich an der Schulter angetippt. Genervt dreh ich mich um. Hanna. Fragend schau ich sie an. Sie deutet nur hinter mich. Ich drehe mich um. Kyle. Ich zucke mit den Schultern. ‚Und?', forme ich mit den Lippen. Entsetzt sah sie mich an. Aber als sie Kyle noch mal ansah und seinen Blick registriert, wurde ihr Blick finster. Sie zwängt sich zwischen einem Pärchen durch, das sich eigentlich gerade küssen wollte, und baut sich dann vor Kyle auf. Dieser schob die Blondine von sich, verschränkt die Arme vor der Brust und starrt auf Hanna herunter. Ich muss zugeben, das ganze sah schon recht amüsant aus. Schließlich war Hanna vielleicht 1,70 m und Kyle um die 1,90 m. Trotzdem machte ich mir Sorgen. Nicht um Hanna. Die konnte auf sich selbst aufpassen. Auch nicht um Kyle. Er hatte zweifellos verdient, was immer sie mit ihm machen wollte. Ich machte mir Sorgen wegen der Security. Die würde uns nämlich zweifellos rausschmeißen, wenn das eskalierte.

Um das zu verhindern, deutete ich Alex mit einem Nicken, dass er mir folgen sollte. Ich wusste nicht, warum ich das tat. Vielleicht um jemanden zu haben, der auf mich aufpasste, vielleicht aber auch nur, damit Kyle sah, dass ich ihn nicht brauchte. Zu meinem Glück, nickte Alex ebenfalls und schob sich dann hinter mir durch die Menge. Hanna brüllte Kyle an, aber ich verstand nicht, was sie sagte. Wir waren fast bei ihnen, als sie auf mich deutete. Kyle folgte ihrem Finger und sah mich dann finster an. Mein Herz zog sich kurz schmerzhaft zusammen, als auf seinem Gesicht erneut das hämische Grinsen vom Mittag breit machte. Trotzdem zwängte ich mich auch noch das letzte Stück zu ihnen durch. Alex blieb dicht hinter mir stehen, als wir endlich bei ihnen waren.

„Na, Schlampe? Schon jemand neues gefunden?", brüllte Kyle.

Alex hatte ihn wohl nicht verstanden. Gut so. Mir reichte es, dass ich es gehört hatte und Hanna offenbar auch. Sie ballte die Hände zu Fäusten und wollte schon ausholen, als ich sie stoppte. Wütend sah sie mich an. Zu gerne hätte sie herausgefunden, wie sich ihre Faust mit Kyles Gesicht verstand. Im Grunde war ich durchaus dafür, dass sie es herausfand, aber nicht hier drin, wo uns danach möglicherweise Hausverbot drohte.

„Lasst uns das draußen klären!", brüllte ich beide an.

Sie schüttelten die Köpfe. Wenigstens darin waren sie sich einig. Aber ich konnte nicht zulassen, dass sie sich schlugen. Auch wenn ich gerne gesehen hätte, wie Hanna Kyle fertig macht. Diese ging nämlich schon seit Jahren in eine japanische Kampfsportschule. Einmal hatte ich sie zu einem Wettkampf begleitet, bei dem sie gegen sämtliche Gegner gewonnen hatte, wobei sich einer, neben der Niederlage, auch noch einen gebrochenen Arm eingeheimst hatte. Hanna hatte es natürlich leid getan, doch ich war mir ziemlich sicher, dass es ihr bei Kyle anders gehen würde.

Hilfesuchend sah ich Alex an. Dieser beugte sich zu mir runter und schrie mir ins Ohr:

„Schnapp dir deine Freundin und lass uns gehen!"

Ich nickte. Gute Idee. Ich griff nach Hannas Hand und zog sie mit mir. Widerwillig ließ sie es zu. Kyle wollte uns folgen, doch Alex hielt ihn zurück. Er schüttelte den Kopf.

„Du nicht!"

Kyle ballte die Fäuste. Aber bevor er Alex schlagen konnte, trat ich ihm in die Kronjuwelen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging er zu Boden. Ich beugte mich zu ihm runter und rief:

„Das ist für meinen Vater! Und für mein Herz!"

Mit schmerzverzerrtem Gesicht starrte Kyle mich wütend an. Ich ließ ihn auf dem Boden zurück und lief mit Alex hinter Hanna her nach draußen an die frische Nachtluft.

The New MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt