23. Kapitel

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23. Kapitel – Nächtliche SMS

Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern.

-Aristoteles

Langsam ließ ich den Wagen ausrollen. Vorsichtig tippte ich die Bremse an. Sanfter als erwartet, blieb der Wagen stehen.

‚Ha!', dachte ich und grinste triumphierend.

Ich hatte es tatsächlich geschafft, Hanna nicht aus ihrem Schlaf zu reißen. Lächelnd warf ich einen Blick auf meine schlafende beste Freundin. Sie nuschelte irgendwas vor sich hin, dass ich nicht verstand. Genau wie ich, hatte sie die Angewohnheit hin und wieder im Schlaf zu sprechen. Mir kam ihr Auftritt vor Kyle wieder in den Sinn. Gott, wie sehr ich sie dafür liebte. Ich war so froh, dass ich sie hatte. Seit wir uns kannten, war sie immer für mich da gewesen und hatte mich verteidigt, wenn ich es nicht gekonnt hatte, weil ich zu große Angst gehabt hatte. Als es an unserer alten Schule mal wieder ganz schlimm gewesen war, weil Isabelle und ihre Truppe mich fertig machten, hatte sie mich an der Hand genommen und weggezogen, aber nicht, ohne vorher ihren noch ziemlich heißen Kaffee über Isabelle auszukippen. Ich lachte leise, als ich mich an deren dumme Gesichter erinnerte. Seitdem vermieden sie es, mich in ihrer Gegenwart blöd anzumachen. Zumindest meistens. Aber leider war Hanna nicht überall. Jetzt war ich froh, dass ich mich endlich selbst verteidigen konnte und Isabelle an unserer neuen Schule nicht annähernd so viel Zuspruch fand, wie an der alten. Scheinbar hatten die Leute auf dieser Schule ein paar mehr Gehirnzellen. Und das, wo es immer hieß, es würden im Alter weniger werden.

Ich seufzte, als mit der Erinnerung an Hanna im Club, sich auch gleichzeitig eine andere Person in meine Gedanken schlich. Kyle. Dieses verdammte Arschloch! Reichte es ihm nicht, dass er mir an einem Nachmittag das Herz gebrochen und vermutlich die Liebe und das Vertrauen in die Männerwelt für immer verdorben hatte? Musste er auch noch ausgerechnet dort auftauchen, wo ich mich von ihm ablenken wollte? Und dann noch seine blöde Aktion mit der Tussi. Was sollte das? Eifersucht konnte es nicht gewesen sein. Wahrscheinlich stimmte meine Vermutung, dass er mich einfach noch etwas mehr verletzten wollte. Aber sein Gesichtsausdruck, als ich von seinem Vater angefangen hatte ... ich musste meinen Dad, sobald er wieder nüchtern war, unbedingt fragen, was er Kyles Mutter damals erzählt hatte. Die Wahrheit war es offensichtlich nicht gewesen. Wut keimte in mir auf. Wenn mein Vater einfach die Wahrheit gesagt hätte, wäre mein Herz jetzt noch ganz und ich wäre um einige Erfahrungen ärmer.

Bevor ich mich weiter über die momentan dümmsten Männer in meinem Leben aufregen konnte, stieg ich aus und lief zu Hannas Haus hinüber. Obwohl es spät war, brannte noch Licht. Vermutlich war ihr Vater wieder aufgeblieben, um auf sie zu warten. Ich klingelte und tatsächlich machte mir Hannas Vater, Bob, die Tür auf.

„Hallo Lilly, wo ist Hanna? Oh Gott ist was passiert?", fragte er mich schockiert, als er sah das Hanna nicht bei mir war.

„Nein, nein. Alles in Ordnung. Sie hat nur ein paar Gläser über den Durst gehoben. Ich wollte sie ungern wecken und fragen, ob Sie mir vielleicht helfen würden?", beruhigte ich ihn sofort.

Dass Hanna gerne etwas mehr trank, war ihm ohnehin nicht fremd. Er war nicht sonderlich begeistert darüber, aber ihm war klar, dass er sie nicht davon abhalten konnte, und solange sie wohlbehalten nach Hause kam und nichts Dummes machte, akzeptierte er es weitestgehend. Bob nickte erleichtert und folgte mir zu meinem Wagen. Ich öffnete die Beifahrertür und Mr. Smith hob seine schlafende Tochter vom Sitz, als würde sie nichts wiegen. Sie war zwar schmal und klein, aber ich fand es trotzdem beeindruckend. Doch im Grunde war es eigentlich kein Wunder, schließlich war ihr Dad, genau wie meiner, beim Militär. Sie hatten eine Zeit lang in derselben Einheit gedient und waren ungefähr zur gleichen Zeit Väter geworden, was auch der Grund war, warum Hanna und ich uns schon so lange kannten.

The New MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt