✔All I want is... You

By Schoko-Keks-Monster

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Wenn im Leben nicht alles nach Plan läuft. Wenn im Leben andere bestimmen, was richtig für dich ist. Wenn du... More

Ausflug ins Ungewisse*
Ausflug ins ungewisse Teil2
Teil3
Teil4
Neue Bakanntschaften
Neue Bekanntschaften Teil 2
Oh mein Gott!
Allein im Wald
Gerettet
Der Abschied
Zu Hause
Veränderung
Eine nicht ganz so schlimmer Tag.
Noch mehr Veränderungen
Dienstag
Der Traum
Aufklärungsgespräche
Partytime
Partytime II
Mike
Die letzte Nacht
Internat
Krank
Einladung
Gut von Schönfeld
Samstag
In der Nacht
Zurück im Internat
Eine Lange Woche
Wochenende
Wochenende Teil 2
Wieder Vereint
Zeit für Gespräche
Nachts am See Teil 1
Nachts am See Teil 2
Montag, oder der ganz normale Wahnsinn
Dienstag und der Rest der Woche
Wahrheiten
Zarte Bande
Schlimme Erkenntnisse
Wie schnell die Zeit vergeht
Wieder ein Wochenende allein
Glück und Unglück
Ian und Ich, Ich und Ian eine vertrackte Situation
Himmel hoch jauchzend zu Tode betrübt
Wie schnell sich alles ändert
Spiel mir was vor
Ian und Page
Abendkleid
Was habe ich mir nur dabei gedacht
Das Bild und die Zwillinge
Das Konzert
Ian wo bist du?
Krankenhaus
Krankenbesuch
2ter September KKH
Ein Nachmittag mit Mel
Drei Wochen weiter
Ein Tag wie jeder andere
Klärungsbedarf
Ein langer Nachmittag
Geburtstagsgrüße
Letzte Woche vor den Herbstferien
Shopping und Mel
Freunde treffen
Allein zu Hause
Allein mit Mike
Die Ferien gehen zu Ende
Wohltätigkeit, was fürn Scheiß!
Lass mich nicht allein
Im Krankenhaus
Erinnerungen
Die Erkenntnis
Weihnachtsferien
Schwere Zeiten
Trennung
Umwege
Wörter Essen
Eins Zwei Drei Vier Eckstein alles muss versteckt sein
Schlimm
Skilaufen
Wieder vereint
Zurück
Wir
Im Keller
Gerettet
Warten auf Charlie
Eine Woche voller Neuigkeiten
Kinder, Kinder
Valentinstag
Glückliche Zeiten
Vom Fliegen und Fallen
Ian
Zahlen, Daten, Fakten, Danke :)
Teil 2 Fortsetzung

Der Flügel

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By Schoko-Keks-Monster


Gähnen strecke ich mich ausgiebig, dann richte ich mich verwirrt auf.

Wo bin ich? Ist das erste was mir in den Sinn kommt, als ich die unbekannte Umgebung betrachte. Die Möbel sind weiß, die Wände abwechselnd schwarz oder weiß, aber es ist nicht so dunkel, das es bedrückend wirkt, eher elegant. Links neben mir befindet sich ein Fenster, durch das mich die Sonne, durch eine löchrige Wolkendecke anstrahlt. Irgendwie fühle ich mich blendend und genau wie die Sonne möchte ich einfach nur strahlen. Warum ist das so?

Mein blick kehrt ins Zimmer zurück, von dem ich noch immer nicht weiß, wem es gehört, doch als ich aufstehe und an mir hinabblicke, fällt mir alles wieder ein und ein strahlendes Lächeln heftet sich auf mein Gesicht.

>>Ian?<< suchend blicke ich mich im Zimmer um, doch er ist nicht da. Wie schade. Vielleicht musste er ja wieder seinem Vater helfen.

Bedauernd schlüpfe ich aus Ians T-Shirt und lege es zusammen, dann schiebe ich es unter sein Kopfkissen, wer weiß, vielleicht brauche ich es heute Abend ja noch mal.

Als ich fertig angezogen bin horche ich zuerst an der Tür. Als ich nichts höre schleiche ich mich schnell hinaus, in der Hoffnung, dass niemand bemerkt, das ich heute Nacht hier geschlafen aber, aber meine Angst ist unbegründet. Niemand ist zu sehen, oder zu hören, alles ist still.

Schnell gehe ich in mein Zimmer und nehme mir frische Sachen zum Wechseln, dann verschwinde ich im Badezimmer.

Frisch geduscht, mit kurzen Hosen und Top bekleidet und unheimlich hungrig gehe ich die Treppe nach unten.

In der Küche duftet ist herrlich nach frischem Kaffee und Brötchen, Rührei und Speck.

Margarethe steht am Herd und rührt in einer großen Pfanne.

>>Guten Morgen. <<

>>Morgen Kindchen.<< sagt sie lächelnd. >>Hungrig?<<

>>Und wie!<< bejahe ich ihre Frage.

>>Wo sind denn alle?<< Ich nehme mir einen Stapel Teller und beginne den Tisch zu decken.

>>Die Herren sind im Stall und die Damen scheinen noch zu schlafen. << berichtet sie.

>>Ach so. Meinen sie es dauert noch lange, bis die Männer fertig sind?<< frage ich verlegen. >>Ich sterbe vor Hunger!<<

Margarethe wirft einen Blick auf die Uhr. >>Eine halbe Stunde wird es wohl noch dauern.<<

Oh, wie schade, da muss mein Bauch wohl noch ein wenig warten.

>>Kann ich trotzdem schon eine Tasse Kaffee bekommen?<< frage ich hoffnungsvoll.

>>Sicher, der ist ja schon fertig. Magst du dir selbst etwas nehmen, ich muss auf den Speck aufpassen, damit er nicht verbrennt.<<

>>Natürlich.<< Ich hole mir eine Tasse aus dem Schrank und fülle mir etwas ein, dann decke ich weiter den Tisch, während ich hin und wieder an dem heißen Getränk nippe.

Gerade als ich die Dose mit der Butter auf die Platte stelle, kommen Page und die Zwillinge zu uns in die Küche.

>>Hallo Mia!<< grüßen mich die Beiden. Ihre Stimmen sind so synchron, das auch nur eine von ihnen hätte sprechen können.

>>Guten Morgen ihr beiden. << fröhlich lächle ich sie an. >>Habt ihr gut geschlafen?<<

>>Ja und ich habe was ganz Tolles geträumt.<< verkündet eines der Mädchen lächelnd.

>>Ja? Was denn?<<

Und dann beginnt sie von ihrem Traum zu erzählen, von einem Prinzen auf seinem Pferd und einer abenteuerlichen Rapunzelrettung. Natürlich mit Turm und böser Hexe. Halt mit allem drum und dran. Während die Kleine erzählt, setze ich mich an den Tisch, der inzwischen fertig gedeckt ist und höre ihr lächelnd zu. Wie süß sie doch ist und wie naiv. Wenn alles so einfach wäre mit den Prinzen, dann gäbe es wohl keine unglücklichen Mädchen mehr.

>>Und dann hat er mich in sein Schloss gebracht und wir haben geheiratet und es gab eine gaaaanz große Hochzeit.<< beendet das Mädchen ihre Geschichte und setzt sich auf den Stuhl neben mich.

>>Oh, hast du es gut. Prinzen sind ja so selten geworden heutzutage. << gratuliere ich ihr zu ihrem Glück, als mein Prinz gerade frisch geduscht zur Tür rein kommt.

Er schenkt mir ein zögerliches Lächeln, dann umarmt er Page zur Begrüßung. Während er um den Tisch herum auf mich zukommt lässt er mich nicht aus den Augen, bis er mir von hinten die Arme um die Schultern legt und mir einen Kuss auf die Wange gibt.

>>Na, gut geschlafen?<< fragt er, nicht im mindesten verlegen.

Ganz im Gegensatz zu mir. Mit hochrotem Kopf stammele ich.>>Ähm, ja. Und du?<<

>>So gut, wie schon lange nicht mehr.<< er lächelt mich an, dann hebt er seine Schwester vom Stuhl und setzt sie einen Platz weiter wieder ab. "Hey!" protestiert die Kleiner. "Ich will neben Mia sitzen!"

"Sorry, Johanna, heute gehört Mia mir. Aber wenn du lieb bist, gehen wir nachher eine Runde ausreiten. Okay?"

"Versprochen?" freut sie sich mit großen Augen.

"Versprochen." Ian lächelt ihr zu und wuschelt ihr mit einer Hand durch die Blonden Löckchen, dann setzt er sich neben mich und legt mir unter dem Tisch eine Hand aufs Bein.

Sanft streicht er vom Knie aus aufwärts, bis ich seine Bewegung mit meiner Hand stoppe.

>>Nicht. << flüstere ich leise, in der Hoffnung, dass es keiner gemerkt hat.

Anzüglich lächelt er mich an. Dann beugt er sich zu mir und flüstert mir leise ins Ohr. >>Später?<<

Mit hochrotem Gesicht schaue ich verlegen auf meinen Teller, bleibe ihm aber eine Antwort schuldig.

Unter dem Tisch hält er noch immer meine Hand und fährt mit dem Daumen streichelnd darüber.

Ich habe wirklich noch nicht viele Erfahrungen mit Jungs gemacht, weil mir bisher noch niemand begegnet ist, mit dem ich auch nur ansatzweise Intim werden wollte, naja, außer Mike vielleicht, aber deshalb wirft mich diese eigentlich ziemlich harmlose Berührung völlig aus der Bahn.

Zögernd schiebe ich seine Hand unter dem Tisch zu ihm hinüber und mache mich von ihm los.

Erstaunt schaut er mich an, lässt aber zu, das ich den Kontakt unterbreche.

Als sich mein Herzschlag langsam wieder normalisiert hat, wage ich es meinen Blick etwas zu heben und kann gerade noch den forschenden Blick von Page auffangen, den sie uns zuwirft.

Dabei lächelt sie wissend in sich hinein, wie peinlich!

Was sie wohl von mir denkt? Ob sie mich Akzeptabel genug für ihren Sohn findet? Oder nicht? Auch wenn sie mir gegenüber immer freundlich war, muss sie ja nicht gleich davon begeistert sein, wenn Ian und ich was miteinander haben. Vielleicht wünscht sie sich ja jemand besseren für ihn. Jemand, der nicht so "labil" ist wie ich. Jemand, der klüger, witziger und besser in der Schule ist. Jemand, der es mal zu etwas bringen wird.

Aber haben Ian und ich denn überhaupt irgendetwas? Und wenn ja, was?

Ich liebe ihn, da bin ich mir sicher, aber was ist mit ihm?

Habe ich seine leisen Worte gestern Abend geträumt, oder hat er tatsächlich ich liebe dich gesagt, bevor ich eingeschlafen bin.

Ich bin mir da wirklich nicht sicher. Noch immer könnte es sein, das er nur mit mir spielt, oder wenn ich dem glauben darf, was er in der Schule gesagt hat, das er versucht etwas für mich zu empfinden.

Und was mache ich, wenn er irgendwann feststellt, dass er nichts für mich empfinden kann? Dass ich nicht die richtige bin? Und er mich nicht lieben kann?

Schweigend knabbere ich nachdenklich an meinem Brötchen herum.

"Stimmt etwas nicht Mia?" reißen mich Pages Worte aus meinen Gedanken.

"Oh, ne, alles in Ordnung. Ich hab nur nachgedacht." versichere ich ihr.

"Aber du hast noch gar nichts gegessen." sagt sie besorgt. "Mach dir nicht zu viele Gedanken, wegen heute Abend, das wird schon gut gehen."

"Was?" Verwirrt schaue ich sie an. Heute Abend? Was ist denn heute Abend... und dann fällt es mir wieder ein. Ach so! Das Konzert! Wie konnte ich das nur vergessen? Schnell werfe ich Ian einen Blick zu. Ja er ist ein guter Grund nicht an das Konzert zu denken, aber das Page mir einen Ausweg aus meinen auch nicht so aufbauenden Gedanken zeigt, lässt mich aufatmen.

"Ja, heute Abend. Mhmm stimmt, das macht mir schon ein wenig Angst. Eigentlich sollte ich noch mal üben aber..." abrupt verstumme ich, als mir klar wird, worauf meine Worte hinauslaufen.

Verzweifelt bemühe ich mich nicht zu Ian zu blicken, der unter dem Tisch erneut nach meiner Hand greift. Ich möchte ihm nach dem was heute Nacht gewesen ist, nicht schon wieder zu nahe treten, doch als er sich jetzt zu Wort meldet, kann ich mein erstaunen nicht unterdrücken.

"Wenn du willst, kannst du hier noch mal üben." bietet er unsicher an.

Verwundert hebe ich den Blick und schaue ihm in seine wieder einmal ziemlich betrübten Augen, die mich in ihren Bann ziehen.

"Nein, ist schon gut, ich kann eigentlich schon alles." lehne ich sein Angebot ab.

"Du musst doch aber üben, wegen dem Konzert. Wenn ich dich nicht hier her geschleppt hätte, dann hättest du in der Schule üben können. Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass du nicht richtig vorbereitet bist." er klingt noch immer ziemlich unsicher, als wüsste er nicht, ob er mir dieses Angebot wirklich machen soll.

"Ian, das ist wirklich lieb, aber ich weiß doch, was dir der Flügel bedeutet. Also wegen gestern... es tut mir wirklich leid, ich werde nicht nochmal ohne zu fragen an das Klavier gehen. Okay." sage ich so leise, das nur er es hören kann.

"Okay. Aber ich erlaube es dir. Oder sollte ich sagen... ich möchte das du darauf spielst." er dreht sich zu mir und sieht mich flehend an.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Einerseits sieht er so ängstlich aus und andererseits so Hilflos, aber auch hoffnungsvoll. Ich werde einfach nicht schlau aus ihm.

Noch heute Nacht hatte ich solche Angst vor ihm, als er mich aus dem Raum schmeißen wollte und dann der plötzliche Sinneswandel und jetzt bittet...ja fleht er mich beinahe an, wieder zu spielen.

Unsicher blicke ich zu Page, doch ihr Blick ist womöglich noch verwirrter als meiner, auch wenn ein kleines hoffnungsvolles Lächeln um ihre Lippen spielt.

Ich schaue zurück zu Ian.

"Also gut." stimme ich schüchtern zu. Sein Angebot rührt mich wirklich und irgendwie macht es mich auch Glücklich. Denn, wenn ich ihm nichts bedeuten würde, hätte er mir diesen Vorschlag sicher nicht gemacht.

"Aber tust du mir einen Gefallen?" bittet er gequält.

"Jeden!" aufmunternd verstärke ich den Druck meiner Hand, die er noch immer hält.

"Wartest du mit dem Spielen, bis ich mit den Zwillingen zum Ausritt bin? Ich glaube ich bin noch nicht so weit..." den Rest spricht er nicht aus, aber das muss er auch nicht.

Allein die Tatsache, dass er mich auf dem Flügel spielen lässt, ist für mich schon ein so gewaltiger Schritt, das ich nicht weiß, wie er ihn bewältigen konnte.

Mit klopfendem Herzen lege ich meine freie Hand auf seine Wange und sehe ihm liebevoll in die Augen. Mir ist bewusst, das uns alle anstarren, aber das ist mir ausnahmsweise völlig egal, nur er ist wichtig.

"Natürlich. Du musst nicht zuhören." versichere ich ihm.

"Danke." er räuspert sich einmal, dann wendet er sich seinem Essen zu, genau wie ich. Ich bemühe mich das ganze Brötchen aufzuessen, auch wenn mein Appetit noch immer nicht wieder so recht zurück ist.

Ich war so hungrig, als ich heute Morgen aufgewacht bin, doch diese Zweifel und Sorgen schlagen mir auf den Magen.

Mit jedem Bissen jedoch, den ich zu mir nehme, wird das drückende Gefühl in meinem Bauch besser, was vielleicht auch daran liegen könnte, das Ian noch immer meine Hand Hält. Er hat sie auf seinen Schenkel gelegt und schiebt sich mit der Anderen einen Streifen Speck in den Mund.

Während ich mich auf mein Essen konzentriere, kann ich die forschenden Blicke von Page auf mir spüren. Was sie wohl gerade denkt?

Sicher wundert sie sich über ihren Sohn. Warum er mir erlaubt auf dem Klavier zu spielen und warum sich sein ganzes verhalten mir gegenüber sich so gewandelt hat.

Sie wird sicher genauso wenig vergessen haben, wie ich, wie er sich beim letzten Mal verhalten hat. Gegen Heute ist das ein Himmelweiter Unterschied.

Als wir mit dem Essen fertig sind, nimmt Ian die Zwillinge mit nach oben. "Los ihr beiden!" fordert er sie auf. "Wer zuerst oben ist darf Sultan reiten."

Wie zwei kleine Blitze schießen die Mädchen los, doch bevor er ihnen folgt kommt er noch einmal zu mir. Er nimmt mich an der Hand und zieht mich aus dem Raum.

"Bin gleich wieder da!" Rufe ich Page und Felix zu, die Margarethe beim Aufräumen helfen.

"Nicht nötig Mia." wehrt Margarethe ab. "Du hast ja schon beim Aufdecken geholfen, jetzt machst du mal ne Pause."

Bevor ich jedoch noch etwas erwidern kann, haben wir den Raum verlassen. Wo bringt er mich denn hin?

Noch immer zieht Ian mich durchs Haus. Die Treppe nach oben, bis in mein Zimmer. Nach dem er die Tür hinter sich geschlossen hat nimmt er mich in den Arm und vergräbt seine Nase in meinen Haaren.

"Wie ich das vermisst habe." murmelt er seufzend. Oh, daher weht der Wind! Glücklich schmiege ich mich an ihm. Ja auch ich habe seine Nähe vermisst, doch vor seiner Familie wollte ich mich ihm nicht so ungehemmt an den Hals werfen.

Und scheinbar hat er mich verstanden, denn bis auf die Umarmung, als er vom Duschen kam und das Händchen halten hat er sich zurückgehalten, doch umso glücklicher bin ich jetzt, mit ihm allein zu sein.

"Schade, dass du heute Morgen schon weg warst. Ich wäre so gern neben dir aufgewacht." sage ich bedauernd.

"Ich konnte nicht anders, am Wochenende muss ich meistens im Stall helfen." er küsst mich sanft auf die Stirn. "Und ich wollte dich nicht so früh wecken. Du hast so süß ausgesehen, als du geschlafen hast. Wie ein Engel."

Er löst eine Hand von meinem Rücken und vergräbt sie in meinem Haaren. Behutsam zieht er daran, bis ich ihn ansehe, dann senkt er seine Lippen auf meine.

Er haucht federleichte Küsse auf meinen Mund, auf meine Wangen, meine Stirn, das Kinn und die Augen, die ich genießerisch geschlossen habe.

Leise seufze ich bedauernd auf, als ich die Stimmen der Zwillinge höre.

"Ian!" rufen sie fordernd. "Wo bist du?"

Langsam löst er sich von mir. "Diese Quälgeister!" nuschelt er leise, dann küsst er mich noch einmal auf die Lippen, bevor er sich von mir löst.

"Bis später Engelchen. Und lern fleißig." verabschiedet er sich von mir, doch bevor er das Zimmer verlassen kann halte ich ihn auf. Ich greife nach seiner Hand und drehe ihn noch einmal zu mir. Er sieht ein wenig erstaunt aus, als er mich anschaut.

"Bist du dir sicher wegen..." setzte ich an, doch er lässt mich nicht aussprechen. Er legt einen Finger auf meine Lippen und versiegelt sie.

"Ich bin mir im Moment wegen gar nichts sicher, aber wenn ich sage, du sollst spielen, dann spiel. Okay. Mach dir wegen mir meine Gedanken."

Langsam nehme ich seinen Finger von meinem Mund.

"Aber ich kann nicht anders. Du bist immerzu in meinen Gedanken." sage ich schüchtern.

"Du bist auch in meinen und das macht es noch schwerer. Ich werde die ganze Zeit an dich denken müssen und auch wenn ich nicht höre, was du spielst, so werde ich doch die ganze Zeit wissen, DASS du auf dem Flügel spielst." unsicher fährt er sich mit der Hand durch die Haare, dann fährt er fort. "Aber ich werde nicht herausfinden, ob ich damit klar komme, wenn ich es nicht versuche."

"Ich muss nicht Üben, Ian. Ich kann auch so heute Abend das Konzert geben. Für mich macht das keinen Unterschied. Ich werde eh nicht gefragt, ob ich will oder nicht. Wenn es nach mir ginge, würde ich da heute Abend nicht hingehen." verzweifelt schaue ich ihn an.

"Vielleicht sollte ich lieber mit dir und den Zwillingen ausreiten. Wenn ich Glück habe falle ich vom Pferd und breche mir den Arm oder so." ich schenke ihm ein kleines Lächeln, doch er sieht nicht Glücklich aus.

"Ich würde nicht zulassen, dass dir etwas passiert." sagt er ernst. "Weder heute, noch sonst irgendwann und auch heute Abend werde ich auf dich aufpassen. Und wenn es heißt, dass ich dich dazu zwingen muss zu üben, dann werde ich das tun."

"Ian!" ertönt es erneut aus dem Flur und er seufzt genervt auf.

"Ich muss jetzt los, Engelchen, sonst reißen mir die beiden noch den Kopf ab." Er gibt mir noch einen flüchtigen Kuss, dann ist er weg und ich stehe allein in meinem Zimmer.

"Na? Seid ihr fertig?" höhre ich seine dunkle Stimme, als er scheinbar auf die Zwillinge gestoßen ist.

"Ja und ich war erste oben." verkündet eines der Mädchen erfreut. Ihre Stimmen werden immer leiser, bis ich sie nicht mehr hören kann.

Seufzend lasse ich mich auf das Bett fallen.

Wie kann sich nur alles so schnell ändern? In meinem Kopf dreht sich alles.

Wenn ich gestern Nacht nicht gespielt hätte, hätte er mir dann heute auch angeboten auf dem Flügel zu spielen, oder nicht. Wären wir uns überhaupt so nah, wenn er mich nicht überrascht hätte? Und warum ist er überhaupt aufgewacht? Er hat doch tief und fest geschlafen, als ich nach ihm gesehen habe. Oder habe ich mich getäuscht und er hat gar nicht so fest geschlafen, während ich neben seinem Bett stand und ihn beobachtete.

Verwirrt schüttele ich den Kopf. Wie auch immer... ob er nun geschlafen hat, oder aufgewacht ist, oder nur so getan hat als ob er schlief. Er hat mich gehört und ist zu mir gekommen. Und was auch immer ich getan habe, ich kann nur hoffen, dass es das richtige war.

Das es richtig war, ihn nicht allein zu lassen, das es richtig war nicht auf ihn zu hören und ihm die Stirn zu bieten.

Vielleicht hatte ich ja sogar Glück, dass er mich nicht geschlagen hat. Ich fürchte, er war ziemlich dicht davor, als er mich gegen die Wand gestoßen hat und immer wieder mit der Hand dagegen schlug.

Bei dem Gedanken beginnt erneut mein Herz vor Aufregung zu pochen, doch er hat mir nichts getan, zumindest nicht körperlich, aber in meinem Inneren hat er mich dazu gebracht, den Mut zu finden bei ihm zu bleiben und ihn hinter die Mauer in mein innerstes zu lassen.

Ergeben seufze ich auf. Ich werde wohl zu keinem Sinnvollen Schluss kommen, ob ich ihm nun helfe, indem ich spiele, oder indem ich es lasse, aber es hat wenig Sinn hier herumzuliegen und gar nichts zu tun.

Ich sollte wirklich die Gelegenheit nutzen und üben gehen, solange er nicht da ist.

Als ich gerade das Zimmer verlassen will fällt mein Blick auf das Geschenk für Page. Kurzerhand nehme ich es mit nach unten.

Doch sie ist nirgends zu sehen. Auch Felix und Margarethe sind nicht mehr in der Küche.

Und so gehe ich einfach kurzerhand durchs Wohnzimmer hinüber in den Raum, wo der Flügel steht.

Ich schalte das Licht ein und stelle das Bild einfach unter den Lichtschalter an die Wand. Ich kann es Page auch später noch geben.

Unsicher schaue ich mich noch einmal um, aber dieses Mal habe ich ja die Erlaubnis hier zu sein, warum also fällt es mir so schwer?

Seufzend raffe ich mich zusammen, dann durchquere ich das Zimmer mit wenigen Schritten. Setzte mich auf den Hocker und streiche mit den Fingern sanft über die Tasten.

"Sie haben einen wundervollen Sohn." erkläre ich dem Instrument. "Es tut mir leid, dass sie ihn nicht kennenlernen können. So wie er jetzt ist. Dass sie ihn nicht haben aufwachsen sehen. Ich wünschte sie könnten mir helfen ihn zu verstehen und ihm zu helfen."

Traurig senke ich den Kopf und lehne ihn an das Klavier. Ich brauche einen Moment um mich zu fassen, doch dann beginne ich mit dem ersten Stück.

Mich hier in diesem Raum aufzuhalten und das Tagsüber finde ich ganzschön seltsam. Ich weiß, das jederzeit jemand das Zimmer betreten könnte und das macht mich unsicher.

Ich habe zwar die Erlaubnis hier zu sein, aber trotzdem lässt mich das Gefühl etwas verbotenes zu tun nicht los.

Und so schaffe ich es zum ersten mal nicht so richtig loszulassen. Mich in der Musik zu verlieren und einen klaren Kopf zu bekommen.

Trotzdem Spiele ich jedes Stück mehrere Male und selbst Ians Stück, das mir schon so ans Herz gewachsen ist, lasse ich die Luft um mich herum mit Gefühlen füllen.

Und dann passiert es plötzlich, als hätte seine Mutter hier die Hand im Spiel, das sich sein Lied wiedermal allein fortsetzt. Als würde seine Mutter meine Hand führen und für ihren Sohn einen Teil zu diesem Lied hinzufügen.

Ich spiele das Neue Stück wieder und immer wieder, solange, bis es sich in meinem Hirn eingebrannt hat. So, dass ich es nicht mehr vergessen kann.

Und irgendwie geht es mir dadurch besser. Ich bin zuversichtlich, dass ich mit dem was ich tue richtig liege, das mein Verhalten Ian gegenüber auch ihm letzten Endes helfen wird und er sich eines Tages an den Gedanken gewöhnen kann, dass er es wert ist geliebt zu werden.

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