Ein Tag wie jeder andere

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"Mia! Mia!" rufen die Mädchen glücklich und zerren an meinen Händen.

"Spielst du uns was vor?" fragen sie mich, kaum, das ich meine Tasche abgestellt habe, doch ehe ich etwas erwidern kann kommt Felix mir zu Hilfe.

"Hey, ihr Rabauken werde ich etwa nicht begrüßt!" beschwert er sich bei den Mädchen und schon haben sie mich vergessen und klammern sich stattdessen an seine Beine.

Er beugt sich zu ihnen hinunter und Kitzelt sie, was die Zwillinge dazu veranlasst, laut schreiend das Weite zu suchen.

Grinsend schaue ich ihn an. Auch er lächelt.

"Komm, wir bringen erst mal unsere Taschen hoch." er dreht sich um und geht in den Flur zurück, aus dem wir gekommen sind. Ich schnappe mir meinen Rucksack und laufe ihm nach.

Den Blick auf die Treppe gerichtet, erklimme ich hinter ihm die Stufen, bis ich höre, wie mir jemand entgegen kommt. Damit ich nicht mit demjenigen zusammen stoße hebe ich noch immer lächelnd den Blick.

Natürlich ist es Ian.

Als meine Augen die seinen Treffen bekomme ich sofort weiche Knie und stolpere prompt über die nächste Stufe.

"Nicht so stürmisch!" ruft er lächelnd aus und fängt mich auf.

Von den Stellen aus, an denen seine Hände mich berühren breitet sich sofort ein prickeln aus.

Von den Armen, bis hinunter in die Finger und auch hinauf in die Schultern. Von dort weiter über meinen Rücken bis in die Füße. In meinem Bauch spielt alles verrückt und mir schlägt das Herz bis zum Hals und am liebsten würde ich mich jetzt in seine Arme sinken lassen, doch stattdessen richte ich mich auf und löse mich von ihm, als ich wieder "sicher" auf meinen zwei Beinen stehe.

"Danke!" hauche ich, weil mir plötzlich die Stimme fehlt.

"Gern geschehen, Engelchen." Ian hebt seine Hand und streicht mir ein paar Haare aus der Stirn. Dabei hinterlassen seine Finger eine brennende Spur auf meiner Stirn.

Überwältigt von seinem Anblick und seinem Geruch bin ich für einen Moment völlig handlungsunfähig, doch dann bekomme ich mich wieder in den Griff.

Ich hatte ja schon befürchtet, dass es schwer werden könnte ihm hier aus dem Weg zu gehen, aber das es SO schwer werden würde, das hätte ich nicht gedacht.

Noch immer starre ich ihn mit großen Augen an und kann mich nicht vom Fleck bewegen. Auch Ian schaut mich an.

Wir sagen kein Wort. Gefangen im Blick des Anderen stehen wir einfach nur da und verzehren uns nacheinander.

Aber um die Mauer, die ich errichtet habe und die uns trennt zu überwinden, dazu bin ich nicht in der Lage.

"Mia. Kommst du?" Unterbricht Felix Stimme unseren Wortlosen Dialog.

"Bin schon unterwegs!" rufe ich ihm zu. Dann schaffe es endlich mich von Ians Anblick zu lösen. Aber mir entgeht der hoffnungsvolle Blick nicht, der in seine Augen tritt und das Lächeln, das seinen Mund umspielt.

Scheiße! Das ist genau das, was ich verhindern wollte. Er darf sich keine Hoffnung machen, nicht solange ich mir meiner Gefühle nicht sicher bin.

Oben angekommen, werfe ich noch einen Blick zurück über die Schulter und sehe, wie Ian das Haus verlässt.

Erleichter atme ich auf. Gefahr für einen Moment abgewendet. Jetzt kann ich mich fürs erste wieder anderen Dingen zu wenden. Felix zum Beispiel, der mich fragend ansieht.

"War was?"

"Ne, bin nur gestolpert." erkläre ich ihm. Scheinbar hat er nichts von der Begegnung zwischen seinem Bruder und mir mitbekommen.

✔All I want is... YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt