Schlimm

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Als ich die Augen wieder öffne, scheint die Welt ein wenig aus den Fugen geraten und es dauert einen Moment, bis mir bewusst wird wo ich bin und warum alles so seltsam aussieht.

Ich bin noch immer vor Ians Zimmertür, doch der Grund dafür, dass alles so anders aussieht, ist der, dass ich nicht mehr sitze sondern im Gang liege. Mit schmerzenden Gliedern richte ich mich auf und werfe einen Blick auf mein Handy.

Es ist schon zwei Uhr morgens. Und wenn Ian nicht einfach über mich hinweg gestiegen ist, dann ist er noch immer nicht in sein Zimmer zurückgekehrt.

Verwirrt stehe ich auf und versuche erneut die Tür zu öffnen, doch sie ist noch immer verschlossen.

Leise, um niemanden außer Ian zu wecken, klopfe ich zur Sicherheit noch mal an die Tür, aber wie zu erwarten war rührt sich nichts.

Bedrückt gebe ich die Suche für den Rest der Nacht auf. Was hat es auch für einen Sinn, die Nacht auf dem Boden vor seiner Tür zu verbringen, wenn er gar nicht da ist. Er wird wohl woanders schlafen.

Doch ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

Schläft er bei einem Jungen? Oder was mir viel plausibler erscheint bei einem Mädchen? Sicher ist er bei Emma. Das hätte ich wirklich nicht gedacht.

Den Tränen nahe, gehe ich die Treppe nach unten zu meinem Zimmer und ziehe mich leise aus, dann lege ich mich in mein Bett.

Doch obwohl ich ziemlich müde bin, kann ich nicht einschlafen. Stundenlang wälze ich mich hin und her, weil mich die Bilder in meinem Kopf nicht zur Ruhe kommen lassen.

Wie konnte ich nur glauben, dass er mir so einfach verzeiht? Verzeiht, das ich mich nicht zwischen ihm und Mike entscheiden konnte.

Und jetzt ist es scheinbar zu spät. Er will mich wohl tatsächlich lieber vergessen, als mit mir zusammen zu sein. Und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Auch die Nacht woanders zu verbringen.

Fast schon hatte ich es geahnt. Das meine Entscheidung mich von Mike zu trennen falsch war, aber ich liebe ihn nicht! Ich liebe Ian! Da wäre ich mit Mike niemals wirklich glücklich geworden. Aber jetzt habe ich niemanden mehr und es ist völlig egal, was Felix gesagt hat. Das Ian sich freuen würde mich zu sehen, wenn er doch versucht es nicht zu tun.

Verzweifelt schluchze ich leise auf, dabei versuche ich den Laut soweit es geht zu unterdrücken um June nicht zu wecken.

Doch als meine Schluchzer immer verzweifelter werden, vergrabe ich mein Gesicht im Kissen um die Geräusche zu ersticken.

Noch lange liege ich weinend wach und jeglicher Funken Hoffnung, den Felix gestern in mir entfacht hat, erlischt in einer nicht enden wollenden Tränenflut.

Und als endlich der Morgen heraufdämmert stehe ich leise auf um zu Duschen. Ich bin heute einfach nicht in der Lage zu laufen, dafür fühle ich mich viel zu kraftlos und erschöpft.

Nach der Dusche geht es mir noch immer nicht besser und auch der Blick in den Spiegel bestätigt nur meinen Verdacht.

Ich seh scheiße aus!

Meine dunklen Augenringe verstecke ich unter einer dicken Schicht Make Up und auch die geröteten Augen versuche ich mit viel Farbe zu vertuschen. Als ich dann auch noch Rouge auf die Wangen aufgetragen habe sehe fast wieder lebendig aus, doch ich erkenne mich kaum wieder.

Mein Äußeres strahlt aber meine Augen haben jeden Glanz verloren. Und so wie meine Augen aussehen, so fühle ich mich auch. Erschöpft, müde, kraftlos und vor allem leblos. Tot.

Jeder Schritt kostet mich eine Menge Kraft als hätte mir jemand Blei an Arme und Beine gebunden. Jetzt müsste ich nur noch von einer Brücke springen und ich würde in den tiefen Wellen versinken.

✔All I want is... YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt