Der Glühweinstand

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-Lukas' Sicht- 

Ich erhob mich von dem Sitz der U-Bahn, als meine Haltestelle angezeigt wurde und stellte mich an die Tür. Ich nahm meine Kopfhörer ab, hielt mich an der Stange fest und sah nochmal auf mein Handy, um die Uhrzeit zu checken.
Als die U-Bahn zum Stehen kam, drückte ich den Knopf, der sich an der Tür befand und stieg aus. Damit ich in der Masse nicht unterging, verließ ich mit zügigen Schritten die stickige U-Bahn-Station.
Ich vergrub meine Hände in den Jackentaschen und zog mir den Schal tiefer ins Gesicht. Der Winter und ich würden in den nächsten sieben Leben keine Freunde, oder überhaupt Bekannte werden.

Es gab kaum eine andere Jahreszeit, die ich noch weniger mochte. Ich hasste diese kalten Tage, dass es schon am frühen Nachmittag dunkel wurde und man sich ständig wie eine Sushirolle einpacken musste.
Außerdem demotivierte mich dieses matschige, kühle Wetter. Ich konnte mich zu kaum etwas aufraffen und wollte mich am liebsten so lange unter der Bettdecke verkriechen, bis es endlich wieder wärmer werden würde.
Ich bin nicht die Art von Mensch, die für solche niedrigen Temperaturen gemacht ist. Der Winter hatte irgendwo auch seine Vorteile. Zum Beispiel, dass man ungestört den ganzen Tag auf der Couch liegen und Serien gucken konnte, ohne dafür verurteilt zu werden. Das war's aber auch.

Ich seufzte leise, blieb an einer Ampel stehen und sah mich in der Gegend um. Vom Weitem konnte ich die hellen Lichter des Weihnachtsmarktes sehen, der vor einigen Tagen aufgebaut wurde.
Je näher ich diesem kam, desto lauter wurde die Musik, die aus Klassikern wie Last Christmas oder All I Want For Christmas Is You bestanden. Ich ging über die Straße und der Geruch von Mutzen stieg mir sofort in die Nase.
Automatisch trugen mich meine Beine zu dem Stand, wo dieser wunderschöne Duft herkam. Ich stellte mich an der Schlange an und musterte mit sabberndem Blick das Gebäck, was vor meinen Augen zubereitet wurde.

Eigentlich bin ich in die Innenstadt gefahren, um die ersten Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Ich hatte mir in den letzten Wochen sehr viele Gedanken darüber gemacht, was ich meinen Liebsten denn schenken wollte.
Auf einer riesigen Liste hatte ich alles zusammengetragen und mit den Läden versehen, in denen ich die Sachen hoffentlich finden würde. Ich hatte schon die ersten Bestellungen aufgegeben und konnte es kaum noch erwarten, alles zu verpacken.
Denn es gab nichts, was ich lieber mochte, als meine Lieblinge zu beschenken. Dieses Strahlen in ihren Augen zu sehen und eine herzliche Umarmung zu bekommen, wenn man einen Wunsch erfüllt hatte, löste in mir viele Glücksgefühle aus.

Obwohl wir gerademal Ende November hatten, hatte ich soweit alles zusammen. Schon immer bin ich ein Mensch gewesen, der sich frühzeitig um solche Dinge kümmerte, um sie rechtzeitig fertig zu haben.Ich hatte keine Lust auf diesen unnötigen Stress und wie ich die Leute kannte, würden diese sich auf den letzten Drücker auf alles stürzen, was sie noch kriegen konnten. Ich wollte mir das nicht antun und traf deswegen frühzeitige Vorkehrungen.Hinzu kommt auch noch, dass ich verdammt ungeduldig bin. Wenn ich mir eine Geschenkidee erstmal in den Kopf gesetzt hatte, wollte ich mich sofort auf den Weg machen, um dieses zu besorgen.

Ich schüttelte grinsend mit dem Kopf, checkte nochmal die Uhrzeit meines Handys, doch war mir ziemlich sicher, dass der kleine Abstecher auf den Weihnachtsmarkt meinen Zeitplan nicht durcheinander bringen würde.
Die Geschäfte hatten noch über zwei Stunden auf und durch meine gut durchdachte Liste, würde es eh nicht lange dauern. Ich seufzte zufrieden auf, gab meine Bestellung auf und wartete dann sehnsüchtig auf meine Mutzen.
Schon das ganze Jahr hatte ich mich darauf gefreut, dass der Weihnachtsmarkt genau deswegen endlich eröffnet wurde. Ich liebe dieses einfach Gebäck und ernährte mich im Dezember hauptsächlich davon.

An Silvester bemerkte ich dann immer die riesige Kugel, die ich dadurch verursacht hatte und nahm mir jedes Jahr aufs Neue vor, mich endlich in dem Fitnessstudio bei mir in der Nähe anzumelden.
Doch aus dem Vorsatz wurde meistens nichts, denn ich fand immer neue Ausreden, um nicht zum Sport zu müssen. Außerdem verschwand die kleine Kugel nach einigen Wochen von selbst und wer möchte schon fit sein?
Ich wollte schließlich kein Bodybuilder werden und Treppen hoch- und runterlaufen, der Bahn hinterherrennen, um sie noch pünktlich zu kriegen und der Weg zum Kühlschrank, sollten als Sport ausreichen.

Kurzgeschichten / boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt