Der Kellner [2]

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-Tims Sicht-

,,Man, du dämliche Strähne! Bleib' verdammt nochmal liegen! Was ist daran so schwer?'', meckerte ich mich selbst im Spiegel an und verteilte etwas Gel auf meine Hände, um mir damit durch die Haare zu fahren.
Einer meiner Strähnen legte heute besonders viel Wert darauf, nicht das zutun, was ich wollte. Andauernd sprang sie in die Höhe, sodass es so aussah, als würde ich eine Antenne auf dem Kopf tragen.
,,Dann muss wohl die Cap her....'', gab ich mich seufzend geschlagen, als meine Haare einfach nicht wollten. Wenn ich mich weiterhin mit der Strähne beschäftigte, würde ich noch zu spät kommen und das ist das Letzte, was ich wollte.

,,Oha, was ist das denn? Müsste nicht eigentlich was anderes oben stehen?'', begrüßte mich Benni lachend, als ich ins Wohnzimmer getreten kam, um meine Cap von der Couch zu schnappen.
,,Sehr witzig, du Arsch.'', erwiderte ich ironisch, verdrehte einmal genervt die Augen und schlug die Hand von ihm weg, als Benni an der Strähne umherspielte und diese einmal leicht anpustete.
,,Ich wollte noch zum Späti. Brauchst du noch irgendwas vor dem Date? Kondome? Gleitgel?'', fragte mich Benni, als ich mir das Kleidungsstück über den Kopf gestreift hatte und wieder hatte ich nicht mehr als ein Augenverdrehen für ihn übrig.

Benni klopfte mir nur lachend auf die Schulter, bis er an mir vorbeiging, um in den Flur zu gehen, wo er sich Schuhe und Jacke anzog. Er schnappte sich sein Portmonnaie, fragte mich, ob ich wirklich nichts brauchte und verließ auf mein Kopfschütteln hin die Wohnung.
Als das Schloss in die Wohnungstür fiel, ließ ich mich seufzend auf dem Sofa nieder und sah mich um. Auf dem Wohnzimmertisch standen noch immer einige Flaschen Bier und die Tüte Chips, die Benni und ich gestern Abend bei einem Filmmarathon verdrückt hatten.
Ich mochte es wirklich gerne, hier bei ihm in Berlin zu sein, denn nur hier konnte ich dem stressigen Alltag entfliehen. Ich hatte auch nichts dagegen einzuwenden, ihn wieder öfters zu besuchen und mehr Zeit mit Benni zu verbringen.

Hier zu leben konnte ich mir allerdings nicht vorstellen, da mir das Großstadtleben viel zu hektisch ist. Ich liebte einfach mein kleines Haus, was völlig abgelegen von jeglicher Menschenseele in Mitten eines Walds lag.
Ich genoss es total, mich auf den Balkon setzen, den Vögeln beim Zwitschern oder den Blättern im Wind zu hören zu können. Dass ich mich draußen in den Garten setzen und etwas malen konnte, ohne von irgendwas gestört zu werden.
In der Natur sammelte ich so viel Inspiration und konnte über Stunden hinweg arbeiten, was ich bei Benni niemals könnte. Wenn ich mich hier auf den Balkon setzte, hörte ich viel zu viel nervige Nebengeräusche, die mich vom Eigentlichen ablenkten.

Ich schüttelte mit dem Kopf und sah auf die kleine Uhr, die sich auf dem Fernsehertisch befand und musste einmal schwer schlucken, als ich realisierte, wie spät wir es mittlerweile hatten. Nur noch eine halbe Stunde und ich würde ihn endlich wiedersehen!
Ich seufzte leise, fuhr mir nachdenklich über den frisch gestutzten Bart und konnte einfach nicht glauben, dass es schon eine Woche her ist, als wir uns das allererste Mal über den Weg gelaufen sind.
Vor einer Woche waren Benni und ich in einem Restaurant Essen gewesen. Eigentlich wollten wir über meine neue Ausstellung sprechen, doch dann hatte ich Lukas getroffen und all meine Gedanken hatte sich nur noch um ihn gedreht.

Noch am selben Tag, als Lukas mir beim Herausgehen noch auf die Schnelle seine Nummer in die Hand und einen Kuss auf die Wange gedrückt hatte, hatte ich ihm einige Stunden später geschrieben.
Aber selbstverständlich ist es ein regelrechter Kampf gewesen, mich dazu durchzuringen, denn ich hatte einfach viel zu viel Angst davor gehabt, einen Korb von Lukas zu kassieren oder, dass wir feststellen würden, dass es doch nicht zwischen uns passen würde.
Stundenlang saß ich vor meinem Handy und hatte mir den Kopf darüber zerbrochen, was ich ihm schreiben könnte. Ich wollte nicht wie der größte Vollidiot wirken, gleichzeitig aber auch nicht wie irgendein Macho oder ein Typ, der total verzweifelt ist und es dringend nötig hatte.

Kurzgeschichten / boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt