Der Gitarrenunterricht [3]

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-Tims Sicht-

Heute war mal wieder Montag und einerseits freut ich mich und anderseits auch eben nicht. Ich hoffte einfach nur sehr darauf, dass Lukas wenigstens heute endlich wieder beim Gitarrenunterricht sein würde, denn ich hielt es echt nicht mehr länger aus, ihn nicht sehen zu können.
Es wäre jetzt nämlich schon die dritte Woche in Folge, in der ich ihn nicht sehen würde und darauf hatte ich echt absolut keine weitere Lust mehr.
Ich wollte einfach nichts Sehnlicher, als dieses wunderschöne Kerlchen endlich wieder zu Gesicht zu bekommen.

Eigentlich war es doch schon ziemlich krass, dass mich ein Kerl, welchen ich eigentlich kaum kannte, so um den Verstand brachte und ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, indem er keine tragende, wichtige Rolle spielte.
Ich dachte, dass so etwas nur in irgendwelchen kitschigen Liebesfilmen existierte, doch tatsächlich konnte so etwas auch im realen Leben spielen, wie ich momentan gerade am eigenen Leibe erfuhr.
Es war doch gar nicht mal so schlecht, dass ich in ihn verliebt war, doch der Gedanke, dass Lukas nie auf mich stehen könnte, nagte einfach so verdammt extrem an mir.

Bevor ich noch vollkommen Selbstzweifel und Liebeskummer ertrank, schloss ich mein Fahrrad an, hievte den Gitarrenrucksack über meine Schultern und ging dann auch schon Richtung Aula.
Ich sollte einfach mal nicht so negativ denken, sondern mich ganz stark daran festkrallen, dass Lukas heute endlich wiederkommen würde. Zwar wäre ich dann noch viel enttäuschter, wenn Lukas doch nicht kommen würde, aber da ich nun wirklich keine Lust darauf hatte, vor den ganzen Fünfklässlern in Tränen auszubrechen, ließ ich es viel lieber bleiben.
Vielleicht würde Lukas ja heute wirklich endlich wiederkommen und dann wäre die Freude umso größer, weil ich fest daran geglaubt hatte, dass er es sehr wohl tun würde.
Ich sollte mir jetzt einfach nicht weiter so viele Gedanken darüber machen, ob Lukas nun kommen würde, oder eben nicht, sondern es einfach dem Schicksal und meinen Hoffnungen überlassen.

Wie sonst immer auch, lehnte ich mich gegen die Aula, spielte mit meinem Handy und beobachtete ab und zu mal die kleinen Kinder, die auf einer Eisfläche umherrutschten und ich insgeheim hoffte, dass irgendwer von ihnen ausrutschte.
Zwar war das nicht gerade die feine englische Art, welche man sowieso nicht großartig von mir erwarten konnte und kannte, aber vielleicht könnte mich wenigstens das etwas aufmuntern.
Na ja, obwohl Lukas meine Laune um das hundertfache heben könnte.

,,So sieht das also aus, nicht zur Schule kommen, aber am Gitarrenunterricht teilnehmen. Du scheinst ja ziemlich krank zu sein, werter Herr Wolbers.'', vernahm ich plötzlich eine ganz schrille Stimme neben mir und sah von meinem Handy auf, um in das leicht grimmige Gesicht meiner Klassenlehrerin zu blicken, mit welcher ich noch nie ein gutes Verhältnis hatte.
Schon als ich sie das erste Mal in meinem gesamten Leben je gesehen hatte, hatte ich sie sofort als irgendeine Hexe wahrgenommen und hatte an meinen Kumpel Paul direkt einen kleinen Brief verfasst, in dem ich näher erläutert hatte, wie dumm und hässlich diese Frau doch eigentlich war und was ich so zu Zeiten des Mittelalters und der Hexenjagd, so mit dieser als Hexe beschuldigten Frau, gerne getan hätte.
Zu meinem großen Glück, hatte sie diesen Brief dann auch noch zwischen ihre Klauen bekommen und genau deshalb hasste mich diese Frau schon seit meinem ersten Schultag an dieser Schule.
Aber im Endeffekt war es mir sowieso total egal, weil ich diese Frau irgendwann eh nie mehr wiedersehen würde und es mir dann auch relativ egal sein konnte, was sie eigentlich genau all die Jahre so von mir gehalten und in mir gesehen hatte. Sie kannte mich doch eh nicht.

,,Hm, hier lerne ich wenigstens etwas Anständiges, was ich für mein späteres Leben eventuell auch noch gut gebrauchen könnte.'', antwortete ich nur Schulter zuckend und zog die Augenbrauen einmal nach oben. Meine Klassenlehrerin sah mich nur mit einem ganz empörten Blick an und hob warnend ihren Zeigefinger in die Luft.
,,Tim Wolbers, wenn ich erst einmal mit deiner Mutter rede, dann...'', fing sie an mir zu drohen, doch ich lachte nur einmal kurz auf.
,,Dann was? Denken Sie ernsthaft, meine Mama gibt mir Hausarrest für mein Benehmen in der Schule?! Meine Mama weiß das Alles eh schon und diese lästigen Gespräche, werden an meinem Verhalten auch nichts ändern, das sollten Sie langsam mal kapieren und verstanden haben. Sorgen Sie doch endlich dafür, dass ich von der Schule fliege, darauf brennen Sie doch schon so verdammt lange.'', erwiderte ich bloß und verschränkte die Arme vor der Brust, um meine Desinteresse an dieser Konversation noch mehr Deutlichkeit zu verleihen.

Kurzgeschichten / boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt