Die Nachhilfe [2]

780 34 2
                                    

-Tims Sicht-

Heute war Mittwoch und ich war die letzten Tage nicht in der Schule gewesen. Einerseits, weil ich ein wenig erkältet bin und anderseits, weil ich, wie immer, keine wirkliche Lust für die Schule auftreiben konnte.
Ein Glück kaufte mir meine Mama meine, nicht mehr allzu schlimme, Erkältung ab und ließ mich sogar hoffentlich noch für den Rest der Woche Zuhause bleiben, obwohl sie so lange ziemlich skeptisch wurde und heute Morgen sogar eine kleine Andeutung darauf gemacht hatte, dass sie mich morgen höchstwahrscheinlich wieder zur Schule schicken würde.
Aber ich konnte nicht zur Schule gehen, weil ich Zeit brauchte, sehr viel Zeit. Ich brauchte einfach noch viel mehr Zeit, um darüber nachzudenken, was das eigentlich zwischen mir und Lukas war, beziehungsweise, wieso ich mich neuerdings so anders in seiner Gegenwart fühlte.
Ich hatte die letzten Tage nämlich nichts anderes gemacht, außer darüber nachzudenken, was mein Körper mir mit diesen ganzen Gefühlen, welche nun einmal nur in Lukas' Gegenwart hatte, sagen wollte. Für mich gab es da leider nur eine pauschale Erklärung, die ich überhaupt nicht akzeptieren und wahrhaben wollte.

Ich konnte mir beim besten Willen überhaupt nicht vorstellen, dass ich mich ernsthaft in Lukas verliebt haben sollte, zumal' er ein Junge ist und ich doch eigentlich vollkommen hetero bin.
Aber konnte man sich vielleicht doch in das gleiche Geschlecht verlieben, obwohl man ganz andere Personen vom gleichen Geschlecht so gar nicht attraktiv fand?
Diese Frage stellte ich mir in den letzten Tagen echt verdammt oft und ich wusste nie so recht, ob das denn einfach so ging, dass irgendwer vom gleichen Geschlecht einfach so in dein Leben tritt und deine Sexualität einfach mal wendete.

Merken Homosexuelle es nicht eigentlich schon früh genug, dass sie auf das gleiche Geschlecht oder auf beides stehen? Gibt es dafür nicht irgendwelche Anzeichen oder wie finden diese das sonst heraus?
Ich hatte davon absolut echt keine Ahnung, weil ich mit so etwas wie Homosexualität noch nie persönlichen Bezug hatte.
Klar, man sah hier und da mal jemanden. Aber ich habe zum Beispiel noch nie persönlich mit einem Schwulen oder einer Lesbe geredet, um herauszufinden, wie diese das bemerkt hatten, dass sie auf das gleiche Geschlecht stehen.

Ich seufzte nur und ließ mich zurück in meine weiche Kissen fallen, um an meine weiße Decke zu starren.
Ich verstand einfach rein gar nichts mehr und wollte nur noch eine Person haben, mit der ich mich über dieses ganze Thema unterhalten und mir vielleicht sagen konnte, was denn nur mit mir los sei und ob ich mich wirklich in Lukas verliebt haben könnte, so wie ich es vermutete.
Aber wen sollte ich da denn bitteschön schon fragen?

Meine Freunde? Nein, das wollte ich auf gar keinen Fall tun, zumal' diese bestimmt, ebenso wie ich, keine Ahnung von diesem Thema hatten und sie bestimmt nur irgendwelche blöde Kommentare von sich geben würden.
Mit Lukas selbst? Nein, das wollte ich so überhaupt nicht tun, weil Lukas einerseits nicht angewidert von mir sein sollte und ich anderseits noch nicht einmal selbst wusste, was das eigentlich alles zu bedeuten hatte.
Mit meinen Geschwistern vielleicht? Das konnte ich jawohl direkt in die Tonne kloppen, weil diese alle noch viel zu jung für so etwas waren und doch noch gar nicht so richtig wussten, was Homosexualität oder allgemein Liebe ist.
Mit meiner Mama? Das könnte ich zwar durchaus tun, aber das wollte ich auf gar keinen Fall machen, weil mir dieses Thema schon ein wenig unangenehm war und ich absolut nicht wusste, was sie eigentlich davon halten würde, wenn ihr Sohn bisexuell oder gar schwul wäre.

Ich zog einmal vollkommen frustriert die Bettdecke über meinen Kopf und stöhnte nur genervt auf.
So langsam wusste ich echt nicht mehr weiter und ich wollte einfach nur noch wissen, was mein Körper mir mit diesen ganzen Gefühlen eigentlich deuten wollte.
Ich hatte diese Gefühle noch nie zuvor bei irgendjemanden gespürt, noch nicht einmal bei einem Mädchen und das verwirrte mich noch viel mehr, als wie es, es eigentlich eh schon tat.
Gab es denn wirklich überhaupt gar keine Person da draußen, welche mir helfen konnte?

Kurzgeschichten / boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt