•мinus I•

393 25 6
                                    

"Ich will dir etwas vorschlagen..."

Yoongi

Lustlos werfe ich einen dunklen Pullover gefolgt von einer locker geschnittenen Jeans auf mein breites Bett, welches eigentlich für zwei Personen gedacht ist. Ich schlafe immer alleine in ein solches, schon eine gewisse Zeit lang und am liebsten würde ich wieder auf meiner Couch zu Hause die Nächte verbringen. Die Einsamkeit, die ich hier erfahre sitzt schwer auf meinen Schultern und belastet mich Tag täglich.

Ein tiefes Seufzen entgleitet meinen rosigen Lippen und ich schließe meine trägen Augenlider, die schon wieder unter ihrem Gewicht zusammenfallen.
Die schlaflosen Nächte und anstrengenden Tagesabläufe werden mir immer mehr zum Verhängnis und die vielen Sorgen treiben mich in den Wahnsinn, überfordern meine grauen Zellen in jeder Hinsicht.

Eine Woche schon habe ich das Anwesen nicht mehr verlassen können, beziehungsweise dürfen. Ich fühle mich eingesperrt und beengt in dem Gemäuer. Es ist genug Platz da, doch habe ich ein dauerhaftes Gefühl der Klaustrophobie.
Nicht einmal den Fetzen Stoff, der mein Leib umhüllt verschafft mir das Empfinden von Freiheit, viel mehr makiert es mich als das was ich wohl für ihn bin- ein Angestellter auf Ewig.

Nichts ist hier familiär oder bekannt, ich fühle mich unerwünscht und gerade so geduldet. Nie durfte ich zurückkehren, mein Bruder und mein bester Freund denken sicher schon, dass ich das zeitliche gesegnet habe.
Beide sitzen wohl alleine in unserer gemeinsamen Wohnung.
Der Kleine, der sonst immer so ein positiver Mensch ist, zusammengekauert, weinend in meinem Zimmer, in Erinnerungen schwelgend und in Angst ertrinkend.
Bei dem Gedanken an meinen 3 Jahre jüngerer Bruder bildet sich ein dicker Kloß in meinem Hals, den ich notgedrungen versuche herunterzuschlucken um nicht an dem Sauerstoffmangel, den ich durchgehend empfinde, zu ersticken.

Ich richte den Kragen meines weißen Hemdes. Jenes ist von einer engen Weste umschlungen und offenbart meinen schlanken Körper, welcher immer mehr seines Gewichts verliert.
Ich esse hier kaum, es ist nichts genießbar.
Meine selbst zubereiteten Mahlzeiten schmecken fade und bescheren mir ein unangenehmes Gefühl der Übelkeit.

Jedes Mal, jederzeit einfach immer.
Unter dem dunklen, strengen Blick des Weißhaarigen breitet sich nur Unbehagen in mir aus, ich habe seit meiner Ankunft nicht ein Wort mit ihm gewechselt, jedenfalls nicht freiwillig. Jeden Tag aufs Neue versuche ich ihn zu ignorieren, so gut es eben geht. Bislang hat er nichts dazu gesagt, auch wenn ich mir zu hundert Prozent sicher bin, dass es ihm deutlich gegen den Strich geht. Erst vor kurzem hat er gezeigt, dass ihn meine steife Art auch unwohl fühlen lässt, aber wie könnte ich mich in seiner Anwesenheit auch gehen lassen?

Noch immer verstehe ich die Andeutung nicht, ich solle mich locker machen, wie Taehyung es ausgedrückt hat.
Doch trotz seiner Forderung fühle ich mich total eingeschränkt und vor allem unsicher in seiner Gegenwart, wie auch in dem kompletten Gebäude. Noch dazu imponiert mir der ganze Aufzug gar nicht, ich bin niemand der sich so fein heraus putzt, dies war ich noch nie. Ich würde jetzt viel eher in einer grauen Sweatpants und einem Tanktop sein als in den Klamotten, als wäre ich der Butler in dem Haus. Es fehlt noch das er mich in ein Maidkostüm steckt, dann würde ich komplett meine Geduld verlieren. Allerdings bin ich nicht lebensmüde.
Ich weis ganz genau, dass es Folgen tragen würde, die man nicht einfach weg machen könnte.

Ausgelassen stoße ich einen tiefen Lufthauch aus und schüttel meinen Kopf.
Es tut mir nicht gut so viel über das alles nachzudenken und wenn ich das ein wenig länger täte würde ich erneut wimmernd unter Tränen auf dem Boden liegen.
Ich hasse es meine Schwächen zuzugeben und vor allem zu offenbaren, das bin nicht ich. Jedoch werde ich hier immer mehr zu dem, was ich noch nie war und werden wollte. Sonst war ich immer stark und belastbar gewesen.
Was ist nur in einer Woche aus mir geworden, meinem Spitznamen 'Suga' werde ich sicher nicht mehr gerecht.

Ich war immer der, auf den man sich verlassen konnte und nicht so schnell klein bei geben würde, so wie es mein Kumpel immer gesagt hat. Unzählige Male hat er das mir und meinen Bruder erklärt, die Anspielung auf 'Shooting Guard' aus dem Sport Basketball.
Früher habe ich wirklich viel gespielt, aber aufgrund meines Zeitmanangements kam es immer zu kurz, bis ich aufhören musste.
Ich konnte nicht den ganzen Tag arbeiten und noch stundenlang spielen, dafür war ich zu träge, vielleicht auch ein wenig faul.
Doch der Kleine hat immer darauf bestanden, dass ich den Namen aufgrund meiner blassen Haut bekommen habe. Es komme aus dem Englischen für Zucker, also 'Sugar' und scheinbar auch wegen meinem wohl niedlichen Lächeln, aber für solche Späße war ich bedauerlicherweise noch nie zu haben. Dennoch passt diese Anspielung glaube ich jetzt schon viel eher zu mir, so sehr wie ich mich unterwerfe.

Wieder bin ich in meinen Gedanken versunken, doch kann ich mir das nicht leisten. Aus meiner Hosentasche krame ich einen kleinen ründlichen Gegenstand, der durch eine Kette an meine Hose gebunden ist. Ein geschickter Griff auf einen Knopf seitlich und schon springt eine kleine Tür auf, die mir die Sicht auf die Zeit offenbart. An die altmodische Taschenuhr habe ich mich bereits gewöhnt und irgendwie hatte sie auch was an sich.
Der vergoldete Gegenstand in meiner Hand war ein kleines Geschenk von Taehyung und irgendwie schätze ich ihn. So habe ich zwar alles verloren, aber wenigstens ist mir das Zeitgefühl geblieben.

Es war bereits 13 Uhr wie mir der Gegenstand zeigt. Ich muss mich beeilen wenn ich kein Ärger haben will. Das Essen muss noch angerichtet werden, der Tisch gedeckt und das Gebäude selber war auch noch total verdreckt, muss somit gesäubert werden. Alles Aufgaben die ich noch innerhalb einiger Stunden erfüllen muss, ganz ohne Hilfe.

Ein Schnauben entfleucht mir und ich klappe das Türchen wieder zu, um das Ding wieder in meiner Tasche zu verstecken. Warum müssen auch zum Putztag Gäste kommen. Schon öfter habe ich die Vermutung angestellt das er es aus reiner Provokation macht, vielleicht amüsiert es ihn ja wie ich auf dem kleinen, dünnen Faden balanciere, der mich geradeso vor einem Wutausbruch rettet.

Energisch öffne ich wieder meine Zimmertür um aus dem Raum zu stürmen, noch mehr Zeit durfte ich nicht verschwenden.

__________
Und somit beginnt die FF ein paar Tage früher. Wöchentlich wird sie ein Mal geupdated. Ihr könnt euch auf fast 50 weitere Kaps gefasst machen, es wird eine etwas längere Reise.

Cut of life~TaegiWhere stories live. Discover now